Machtwechsel im Rathaus:„Ich würde es nicht viel anders machen als Stefan Kolbe“

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Bei einer Pressekonferenz stellt sich Christian Bieberle (links) vor, er möchte Stefan Kolbe als Bürgermeister nachfolgen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Christian Bieberle will Bürgermeister in Karlsfeld werden. Denn der amtierende CSU-Gemeindechef wird bei der Kommunalwahl 2026 nicht mehr antreten. Die SPD sieht das als Chance für sich.

Von Anna Schwarz, Karlsfeld

Die Monate, die Stefan Kolbe (CSU) noch als Bürgermeister im Karlsfelder Rathaus sitzen wird, sind gezählt: Am Montag gab der 59-Jährige bei einer Pressekonferenz bekannt, dass er bei der Kommunalwahl 2026 nicht mehr für das Amt kandidieren wird. Dafür entschieden habe er sich aus gesundheitlichen und familiären Gründen. Eine kleine Rolle habe auch die schwierige finanzielle Lage der Gemeinde gespielt, sagte Kolbe. Er ist nun seit 16 Jahren im Amt. Ihm möchte in eineinhalb Jahren Christian Bieberle nachfolgen, der 50-jährige Gemeinderat sagte im Nebenzimmer des Gasthauses „Zur Eiche“: „Ich will Karlsfeld weiter voranbringen.“

Über dem Tisch, an dem sich CSU-Mitglieder aus dem Karlsfelder Gemeinderat und Ortsverband versammelt haben, hängt ein Porträt von CSU-Schwergewicht Franz Josef Strauß. Kolbe trägt an diesem Nachmittag Trachtenjanker und trinkt Kamillentee, er wirkt gut gelaunt und entspannt. Seine Entscheidung sei wohlüberlegt, schon seit der Jahreswende habe er sich Gedanken über seinen Rückzug gemacht, sagte er. Im April informierte er den Ortsverband darüber.

Daraufhin wurden gleich mehrere Männer aus der Partei als potenzielle Nachfolger vorgeschlagen, neben Bieberle auch der zweite Bürgermeister Stefan Handl, die Gemeinderäte Bernd Wanka und Stefan Theil sowie der Ortsvorsitzende Wolfgang Winkler. Doch die meisten von ihnen seien etwa beruflich sehr eingebunden und hätten keine Zeit für das Bürgermeisteramt, erklärte Winkler: „Wir halten Christian Bieberle für den geeignetsten Kandidaten.“ Anfang des Jahres soll er auf der Jahreshauptversammlung der CSU Karlsfeld als Spitzenkandidat bestätigt werden.

„Mit 61 Jahren bin ich noch jung genug, um etwas Neues anzufangen.“

Kolbe wiederum ließ offen, was er nach seiner Ära im Rathaus genau vorhat. Er plane, 2026 nach mehr als 44 Berufsjahren in den Ruhestand zu gehen, aber sagte auch: „Mit 61 Jahren bin ich noch jung genug, um etwas Neues anzufangen.“ Zuvor wolle er sich neu orientieren und sich später eventuell ehrenamtlich in der Gemeinde engagieren. Ob er sein Mandat im Kreistag beibehalten wird, wisse er derzeit noch nicht, dort ist er mit Stephanie Burgmaier CSU-Fraktionssprecher.

Bis zu seinem Rückzug ist ohnehin noch einiges in der Gemeinde zu tun, so Kolbe. Zwei Haushalte seien noch zu beschließen, darüber hinaus wolle er die Planungen des Gewerbegebiets an der Schleißheimer Straße „ins Laufen“ bringen und bei der Bebauung des Anna-Quartiers an der Münchner Straße vorankommen. Was die Bebauung der Brachfläche auf dem ehemaligen Bayernwerkgelände in Karlsfeld-West angeht, sei er eher „skeptischer“. Dort sind die Fronten seit Jahren verhärtet, der Investor will auf dem Gelände nahe dem Bahnhof Wohnungen bauen, aber die Gemeinde pocht darauf, dass dort Gewerbe entsteht.

Er sei lösungsorientiert und könne gut auf Menschen zugehen, so Bieberle

Auch Christian Bieberle, gekleidet im CSU-blauen Hemd und mit Jackett, habe dafür keine schnelle Lösung parat, wie er zugibt: „Auch ich würde als Bürgermeister versuchen, dass der Gesprächsfaden zum Investor nicht abreißt.“ Er lebt seit seiner Geburt in Karlsfeld, ist Vater von zwei erwachsenen Kindern, Bauingenieur und derzeit Geschäftsführer des St. Vinzentius Zentralvereins, der Träger von sozialen Einrichtungen ist. Seit 2014 ist Bieberle Mitglied der CSU, seit 2018 sitzt er im Gemeinderat, ist dort Baureferent und stellvertretender Fraktionssprecher. Als potenzieller Nachfolger des amtierenden Bürgermeisters „würde ich es nicht viel anders machen als Stefan Kolbe“, sagte Bieberle, berufsbedingt liege sein Fokus aber stark auf Bauthemen.

Wenn man ihn nach seinen Zielen als möglicher Bürgermeister von Karlsfeld fragt, muss er am Telefon kurz durchschnaufen. Bieberle sagt, dass er den Freizeitwert und das kulturelle Angebot in der Gemeinde weiter ausbauen möchte, dazu gehöre für ihn etwa, die örtlichen Vereine zu unterstützen und das sanierungsbedürftige Bürgerhaus zu erhalten. Denn in den kommenden Jahren steht dort eine Generalsanierung für mindestens zwölf Millionen Euro an. Zudem sei ihm als Bauingenieur der Bereich Ortsentwicklung und -gestaltung wichtig, er würde sich wünschen, dass der Gemeinderat in Zukunft Leitlinien für die Ortsgestaltung entwickelt, mit Blick auf die Frage „Passt dieses Bauvorhaben zu dem Karlsfeld, das wir künftig haben wollen?“

Ein wichtiges Thema sei für ihn auch die Entwicklung von Gewerbegebieten, um wieder mehr Steuereinnahmen für die Gemeinde zu generieren. Auf die Frage, wie er sich selbst mit drei Wörtern beschreiben würde, nennt Bieberle ein paar mehr: „pragmatisch, lösungsorientiert, und ich kann gut auf Menschen zugehen“.

„Man muss auch nicht Bürgermeister sein, bis man 70 ist.“

Den SPD-Gemeinderat Franz Trinkl (SPD) habe Bieberles Kandidatur überrascht, erzählt er: „Weil ich ihn eher als ruhigen Menschen erlebt habe.“ In Gemeinderatsdiskussionen habe sich Bieberle bisher wenig emotional gezeigt, bleibe ruhig und sachlich, so Trinkl: „Er ist ein Fachmann, hat Sachkompetenz in der Baubranche.“

Dass Stefan Kolbe nicht mehr antreten wird, habe Trinkl Anfang der Woche ebenfalls überrascht – trotz einer kleinen Vorahnung: „Ich hatte schon ein bisschen damit gerechnet, dass es einen anderen Kandidaten geben könnte“, sagt er. „Man muss auch nicht Bürgermeister sein, bis man 70 ist.“ Außerdem sei der Job als Gemeindechef kein leichter, man müsse meist viel Kritik einstecken und bekomme nur wenig Lob, so Trinkl.

Karlsfeld war lange eine SPD-Hochburg. Doch 2008 durfte SPD-Bürgermeister Fritz Nustede aus Altersgründen nicht mehr antreten, und Stefan Kolbe eroberte erstmals das Karlsfelder Rathaus – mit deutlichem Vorsprung auf seine Mitbewerber. Könnten sich nun die Machtverhältnisse wieder umkehren, da der bisherige Bürgermeister nicht mehr antritt?

Die SPD-Ortsvorsitzende Venera Sansone sieht das zumindest als Chance, denn: „Der amtierende Bürgermeister hat meist einen Vertrauensvorschuss. Wenn er sich bisher gut angestellt hat, wird er meist wiedergewählt.“ Mit Kolbes Rückzug würden die Karten aber neu gemischt. Damit starten alle Karlsfelder Bürgermeister-Kandidaten bei der nächsten Wahl „gleichberechtigt“, so Sansone, also ohne Vertrauensvorschuss.

Wen die SPD Karlsfeld nominiert, sei aber noch nicht klar, es liefen zwar schon Vorbereitungen für den Wahlkampf und interne Gespräche: „Aber so weit sind wir noch nicht.“ 2020 trat Bernhard Goodwin als Bürgermeisterkandidat an, doch nachdem er es nicht in den Chefsessel geschafft hatte, gab er seine Sitze im Kreistag und Gemeinderat auf. Voraussichtlich Anfang 2025 wird sich zeigen, wen die Karlsfelder Parteien noch ins Rennen schicken.

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