Der Schock über die Schließung des Hallenbads vor zwei Jahren steckt vielen Karlsfeldern noch tief in den Knochen. Und doch droht möglicherweise schon bald der Verlust einer weiteren Einrichtung, ohne die das Leben in der Gemeinde kaum vorstellbar ist: Das Bürgerhaus, kultureller und gesellschaftlicher Mittelpunkt des Ortes, ist sanierungsbedürftig. Doch woher das Geld dafür kommen soll, steht in den Sternen. Das wurde am Donnerstagabend in der jüngsten Gemeinderatssitzung deutlich, als erstmals öffentlich über den aktuellen baulichen und technischen Zustand des Gebäudes debattiert wurde.
Ein Antrag der Grünen-Fraktion vom Sommer vergangenen Jahres war Anlass dafür, dass die Gemeindeverwaltung das Bürgerhaus genauestens unter die Lupe nahm. „Wir sind es den Bürger*innen bei einer freiwilligen Leistung in dieser Höhe schuldig, eine transparente und umfassende Entscheidungsgrundlage zu erarbeiten, die alle Tatsachen, Herausforderungen und Alternativmöglichkeiten umfasst, anstatt das Bürgerhaus in kleinen Schritten nach und nach auf Grundlage eines Nutzungskonzepts aus den 1980er Jahren zu sanieren und dabei wichtige aktuelle Bedürfnisse und Entwicklungen unbeachtet zu lassen.“ So hatten die Grünen ihr Anliegen formuliert. Fraglich für sie war etwa, ob sich eine zeitgemäße Nutzung im bisherigen Gebäude realisieren lässt, ob Karlsfeld ein so großes Veranstaltungszentrum überhaupt braucht und ob sich die Gemeinde eine Sanierung oder einen Umbau „als freiwillige Leistung realistisch tatsächlich leisten“ kann.
Sandra Radtke vom Hauptamt der Gemeinde und der im Rathaus für das Gebäudemanagement zuständige Marco Mühlenhoff präsentierten den Gemeinderäten in ausführlichen Berichten die Ergebnisse ihrer Untersuchungen. Radtke räumte gleich zu Beginn ein, dass das Mobiliar des Bürgerhauses „nicht mehr zeitgemäß“ ist. Zudem gebe es zu wenig Lagerflächen für die Tische und Stühle, sodass teilweise Fluchtwege blockiert würden. Der Festsaal wurde vom 1. November 2023 bis 31. Oktober 2024 153 Mal gebucht, was circa 50 Prozent aller möglichen Termine ausmacht. „An Wochenenden ist der Saal jedoch regelmäßig ausgebucht“, betonte Radtke. Der Festsaal wurde indes nur 17 Mal von mehr als 500 Besuchern genutzt, am häufigsten blieb er unter 200 Gästen (64 Mal). Mehr als die Hälfte der Saal-Nutzungen entfallen auf Karlsfelder Vereine, die bei den Mieten begünstigt werden. Die Gesamteinnahmen in diesem Zeitraum beliefen sich laut Radtke somit auf 446 000 Euro. Demgegenüber stehen Ausgaben von 1 180 000 Euro. Das macht ein Minus von mehr als 730 000 Euro. „Das Defizit der vergangenen Jahre setzte sich auch im letzten Jahr fort und wird unter den aktuellen Rahmenbedingungen voraussichtlich auch in Zukunft bestehen bleiben“, so ihr Fazit.

Verbandsgrundschule:Lernen mit Durchblick
Schon seit Herbst vergangenen Jahres läuft der Schulbetrieb in dem transparenten Neubau, am Dienstag ist die Verbandsgrundschule nun auch ganz offiziell eingeweiht worden. Entstanden ist sie als Gemeinschaftsprojekt der Gemeinde Karlsfeld und der Landeshauptstadt München.
Noch düsterer ist das Bild, das Marco Mühlenhoff zeichnet. Im laufenden Betrieb sei jährlich mit etwa 350 000 Euro für Energie und Reinigung zu rechnen - ohne jegliche Sanierungsinvestition. Die kontinuierliche Instandhaltung des Gebäudes habe dafür gesorgt, dass der Gesamtzustand befriedigend sei, sagte er. In den Jahren bis 2033 seien allerdings jährlich mit 250 000 Euro an Investitionen zu rechnen, um den laufenden Betrieb fortführen zu können. Doch die wirklich hohen Kosten entfallen auf die notwendigen Großsanierungen. Seit Eröffnung 1981 wurden, so Mühlenhoff, bis auf eine statische Ertüchtigung der Dachkonstruktion sowie der Erneuerung einer von acht Lüftungsanlagen keine nennenswerten Investitionen in den Lebenszyklus der Immobilie getätigt.
Es ist also bei den grundlegenden und notwendigen Sanierungen mit enormen Beträgen zu rechnen. Für die dringend erforderliche Erneuerung der Lüftungsanlagen fallen mehr als 1,2 Millionen Euro an. Sowohl das Metalldach über Foyer und Konferenzräumen als auch das Ziegeldach über dem Festsaal müssen dringend saniert werden, da sie unter anderem undicht sind. Die Kosten dafür belaufen sich Mühlenhoff zufolge auf fast 2,6 Millionen Euro. Und damit nicht genug: Auch im Außenbereich des Bürgerhauses gibt es einige zu tun. So müssen Parkplatz- und Verkehrsflächen sowie die Beleuchtung erneuert werden. Der für die Gaststätte erforderliche Fettabscheider entspricht ebenso nicht mehr den heutigen Anforderungen wie das Abwasserkanalsystem, das unbedingt grundüberholt werden muss. Alles in allem schätzt Mühlenhoff die Kosten für die Außenanlagen auf zwei Millionen Euro. Für die Gesamtsanierung würden so mehr als elf Millionen Euro fällig.
„Wir sind der festen Überzeugung, dass wir in Karlsfeld ein Veranstaltungsgebäude brauchen“
„Wir sind der festen Überzeugung, dass wir in Karlsfeld ein Veranstaltungsgebäude brauchen.“ Mit diesem Satz eröffnete Christian Bieberle (CSU) die Diskussion. Es sei noch keine Entscheidung gefallen, welche Optionen infrage kämen. „Aber“, so betonte er, „wir wollen keine plötzliche Schließung erleben wie beim Hallenbad.“ Es sei notwendig, so Bieberle, sich über die nächsten Schritte Gedanken zu machen: „Bei einer Sanierung das Haus dann zu schließen ohne Alternative, können wir uns nicht erlauben.“
Cornelia Haberstumpf-Göres (Grüne) sah durch die beiden Vorträge der Verwaltungsmitarbeiter „viele Fragen beantwortet“, die sie im Vorjahr in ihrem Antrag gestellt hatte. Sie stellte noch einmal nachdrücklich fest, „dass das Bürgerhaus eine zentrale Einrichtung für unsere Gemeinde ist“, sprach aber auch von immensen Kosten, „die nicht mehr vorstellbar sind“. Man sei etwas besser dran als beim Hallenbad-Schock, denn beim Bürgerhaus habe man nach ihrer Ansicht drei bis fünf Jahre Zeit zu überlegen, „wie es weitergehen kann“. Ziel müsse ein lebendiges Haus für Begegnung sein, das eventuell auch durch ein alternatives Konzept mit kleineren Räumen möglich sei. Dann könne man auf die Vereine zugehen und „fragen, was sich der Karlsfelder von so einem Haus wünscht“.
Sanieren oder etwas Neues bauen, das ist die Frage
„Das war ein hartes Stück, das Sie uns vorgesetzt haben“, erklärte SPD-Fraktionschef Franz Trinkl den beiden Berichterstattern. „Wir wollen und brauchen so eine Stätte, aber keinen Saal für 1000 Leute“, sagte er und nannte als Aufgabe, das Thema aktiv mit Bürgern, Nutzern und Vereinen zu besprechen. Zwei Fragen stellen sich für Trinkl: „Sanieren oder etwas Neues bauen?“ Und: „Wo kommt das Geld her?“
Nun meldete sich Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) mit dem Beschlussvorschlag, dass der Gemeinderat ihn und die Verwaltung beauftragen solle, mit den Vereinen Gespräche zu beginnen, was sie sich erwarten. Allerdings befürchtete er, dass dabei ein echtes Wunschkonzert herauskommen könne. Adrian Heim (Bündnis für Karlsfeld), in dessen Augen das Bürgerhaus sanierungsbedürftig, aber auch sanierungsfähig ist, sollten die Gemeinderäte nur maximal ein Jahr überlegen und dann Entscheidungen treffen. Auf die Frage von Michael Fritsch (Grüne), ob denn eine Kreditaufnahme für die elf Millionen Euro überhaupt funktionieren könne, musste Kämmerer Alfred Giesinger einige Probleme einräumen: Zunächst müssten nämlich Pflichtaufgaben wie die Sanierung der Mittelschule, der Neubau einer Kindertagesstätte und eines zweiten Feuerwehr-Standorts erfüllt werden. Der Schuldendienst für das Bürgerhaus läge schließlich bei gut einer halben Million Euro jährlich.
Unmittelbar vor der Abstimmung fragte Haberstumpf-Göres noch einmal ausdrücklich nach einer Frist für die Gespräche mit den Vereinen. Kolbe sagte zu, diese bis zu den Sommerferien durchzuführen, sodass im Herbst über das weitere Vorgehen beraten werden könne. Einstimmig wurde sein Beschlussvorschlag verabschiedet.