Karlsfeld:Auf der Suche nach dem Kompromiss

Lesezeit: 2 min

Warum weder Karlsfelder Befürworter noch Gegner eines Gewerbegebiets auf einen Bürgerentscheid drängen

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Es ist nicht leicht, im Gezerre um den Grünzug zwischen Dachau und Karlsfeld den Überblick zu behalten. Die Gemeinde Karlsfeld will an der Grenze zur Stadt Dachau ein Gewerbegebiet errichten, eine Allianz aus Naturschützern und Bürgern will den Flächenfraß im Moos stoppen und zwar ohne Wenn und Aber. Im vergangenen Jahr schien ein tragfähiger Kompromiss gefunden: Das Gewerbegebiet soll kommen, aber flankiert von einem Landschaftsschutzgebiet, das die übrigen Naturflächen dauerhaft vor Verbauung schützen würde. Doch viele Gewerbegebietsgegner blieben skeptisch. Jüngst legte der Bund Naturschutz (BN) mit einem Plan für ein noch größeres Landschaftsschutzgebiet nach. Sozusagen die Kompromisspackung in XXL.

Was der BN-Kreisvorsitzende Roderich Zauscher sagte, klang allerdings ganz und gar nicht nach Kuschelkurs. Mit den verantwortlichen Kommunalpolitikern in Dachau und Karlsfeld ging er hart ins Gericht; die gönnten ihren eigenen Bürgern "die Luft zum Schnaufen" nicht, weil sie mit der fortwährenden Verbauung des Mooses ein wichtiges Frischluftentstehungsgebiet zerstörten. Dem Karlsfelder SPD-Vorsitzenden Franz Trinkl blieb selbst fast die Luft weg, als er von Zauschers Verbalattacken in der Zeitung las. Als Kommunalpolitiker sei er ja einiges gewohnt, sagt Trinkl, aber diese Äußerung empfinde er als "ehrabschneidend".

Irritiert zeigt er sich auch über die Aussage Zauschers, es sei Ziel der Kommunen, Dachau und Karlsfeld zusammenwachsen zu lassen. "Das ist eine Verschwörungstheorie", sagt Trinkl. "So einen Plan gibt es nicht!" Trinkl ist seit 1989 in der Kommunalpolitik aktiv und hat nach eigenen Angaben am jetzigen und dem vorherigen Flächennutzungsplan mitgearbeitet, mit mehreren Bürgermeistern und Landräten. Was Zauscher betreibe, sei "Panikmache". Die SPD arbeite gerne mit dem Bund Naturschutz zusammen, verfolge in vielen Bereichen die gleichen Ziele. "Allerdings macht es uns der BN nicht leicht, wenn er Kommunalpolitiker stets als Vaterlandsverräter anprangert", sagt Trinkl. Am Montag will sich die SPD-Fraktion in einer Sitzung auch inhaltlich mit den Plänen des BN auseinandersetzen.

Bernd Wanka, Sprecher der CSU-Fraktion, hatte schon beim Neujahrsempfang seiner Partei signalisiert, dass die CSU grundsätzlich bereit sei, den Forderungen der Naturschützer entgegenzukommen. Er warnte aber davor, auf Maximalforderungen zu beharren und damit den Weg zu einer Kompromisslösung zu verbauen. 2010 hatte die Gemeinde ein Ratsbegehren zur Ausweisung des Gewerbegebiets deutlich verloren; allerdings war der Zuschnitt der Fläche damals erheblich größer. Wie eine Abstimmung heute ausgehen würde, kann daher keiner verlässlich sagen. Die Gemeinderatsmehrheit glaubt, die öffentliche Meinung habe sich gedreht, die Naturschützer behaupten das Gegenteil. Die Nagelprobe wäre für beide Seiten riskant.

© SZ vom 30.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: