Kandidat für den Tassilo 2018:Die Dachauer Kreativschmiede

Kandidat für den Tassilo 2018: Malen wie Picasso: In der Dachauer Kreativschmiede können Kinder nach Herzenslust malen. Ganz ohne Vorgaben.

Malen wie Picasso: In der Dachauer Kreativschmiede können Kinder nach Herzenslust malen. Ganz ohne Vorgaben.

(Foto: Echo/oh)

Der Verein Echo hat einen Ort geschaffen, an dem Kinder ganz nach Belieben ausprobieren, experimentieren und gestalten können. Den Pädagogen geht es darum, auf spielerische Art kulturelle Vielfalt und Inklusion zu ermöglichen.

Von Thomas Altvater, Dachau

Es gibt wenige Dinge, mit denen Kinder hier nichts anfangen können. In einem Regal stehen grüne Tonskulpturen neben Marionetten mit Armen aus Plastikgabeln und Köpfen aus Styroporkugeln. Auf einer großen Werkbank liegen verschiedene Pinsel und Ölkreiden. An den bunt bemalten Wänden hängen ebenso bunte, aus Kinderhand stammende Bilder. Lediglich die Kaffeemaschine auf einem Stapel voller Malutensilien will hier nicht so recht ins Bild passen. Nahezu jeden Freitagnachmittag verwandelt sich der kleine Raum in dem - nur durch ein Holzschild - abgetrennten Bereich der Stadtbücherei Dachau-Süd zu einer eigenen, lebendigen Welt. Mit der Dachauer Kreativschmiede, kurz DAKS, hat der Münchner Verein Echo e.V. einen Ort geschaffen, an dem Kinder ausprobieren, experimentieren und gestalten können. Und das vollkommen kostenlos.

Pfuschen, Kneten, Ausprobieren

Wenn Karl-Michael Brand beginnt, über die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen zu sprechen, wiederholt er eines immer und immer wieder: "Wir reden nicht nur darüber, wir machen auch etwas." Die zwei Grundwerte des Echo e.V., kulturelle Bildung und Inklusion, will Brand den Kindern spielerisch und vor allem künstlerisch vermitteln. "Ergebnisorientiert", wie Brand sagt. Ganz ohne vorgegebene Regeln und Grenzen sollen die Kinder "Pfuschen, Kneten, Ausprobieren", so steht es im Programmheft des Vereins.

Dabei konzentriert sich das Programm keineswegs nur auf künstlerische Projekte. Lesenächte seien besonders beliebt, sagt Brand, oder auch die sogenannte Abenteuer-Lesewerkstatt. Gemeinsam lesen die Kinder dort verschiedene Geschichten und experimentieren hinterher, was ihnen an der Werkbank dazu einfällt.

"Wir haben nach wie vor kein Grundbudget"

Tassilo Kandidat

Karl-Michael Brand, Geschäftsführer.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Die Zirkusschule "Krullemuck" ist von Anfang an ein Bestandteil des Programms. Jeden Donnerstag üben Kinder und Jugendliche die Kunst des Jonglierens, der Artistik oder Clownerie. Bis zu 18 Veranstaltungen bietet der Verein im DAKS in jedem Jahr an. Und muss für jedes Projekt einen eigenen Förderantrag stellen. "Wir haben nach wie vor kein Grundbudget", erklärt Brand.

Dennoch hat der Verein Echo mit dem DAKS vor nunmehr fünf Jahren ein eigenes Zuhause in Dachau gefunden. "Die Stadtbücherei ist mit der Idee auf uns zugekommen", sagt Brand. Mit der Unterstützung der Dachauer Sparkasse sowie des Landratsamts konnte der kleine Raum hinter all den Bücherregalen nach den Wünschen des Vereins umgestaltet werden. Schnell lässt sich eine Leinwand für Filmabende, eine Bühne für Theateraufführungen oder eine Werkzeugwand aufbauen. Vielfältigkeit ist eines der Hauptmerkmale der Arbeit im DAKS. Zwischen sieben und 15, manchmal sogar bis zu 30 Kinder besuchen die Workshops des Vereins.

Den Verein hinter all den Projekten gibt es seit mittlerweile 28 Jahren, gegründet wurde er von ein paar wenigen Münchner Studenten. "Das mit der Gründung des Echo e.V. war schon ein bisschen schräg", erinnert sich der heutige Geschäftsführer, Karl-Michael Brand. "Wir wollten als Pädagogen und Erzieher später einmal nicht Taxifahren, sondern unseren Arbeitsplatz selbst schaffen." Nach einem ersten erfolgreichen Förderantrag in München tourten die Studenten mit einem Spielebus samt Kinderzirkus durch die Landeshauptstadt. Wenige Jahre später arbeitete der Verein dann für das Franziskuswerk in Schönbrunn, es entstanden erste Kontakte nach Dachau. Im Jahr 2000 eröffnete der Verein Echo schließlich eine Regionalstelle in Dachau. Mittlerweile sind ungefähr 120 Mitarbeiter für den Verein tätig. In Dachau helfen bis zu 15 Ehrenamtliche, die Projekte umzusetzen.

Jahrelang organisierte der Verein zudem auch in Dachau das beliebte Amperitiv-Zeltfestival. Weil dies für den Verein jedoch mit den zur Verfügung stehenden Mitteln und wenig Personal nicht mehr zu stemmen ist, wird Echo von diesem Jahr an kleinere Veranstaltungen anbieten. Sommerspielaktionen etwa, bei denen man sich "Orte zurückerobern kann, die für Kinder früher einmal selbstverständlich waren". Dennoch hat sich in den vergangenen Jahren einiges verändert. "Unsere Arbeit ist plötzlich politisch geworden", sagt Brand. Noch vor wenigen Jahren beschäftigten sich inklusive Angebote vor allem mit Menschen mit Behinderung. Der Begriff der Inklusion müsse nun aber neu gedacht werden, so Brand. "Gerade auch im Kontext mit der kulturellen Vielfalt und der steigenden sozialen Ungerechtigkeit müssen wir die Gesellschaft so verändern, dass keiner mehr ausgeschlossen wird", appelliert er. Die Erfahrungen, welche die unterschiedlichsten Kinder im DAKS zusammen machen, sind dabei besonders wertvoll.

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