Süddeutsche Zeitung

Kampfhundeattacke in Karlsfeld:Rottweiler außer Kontrolle

Aggressiver Hund versetzt Anwohner eines Wohnblocks in Angst und Schrecken. Gemeinde verordnet Maulkorb

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Die Bewohner des achtstöckigen Wohnblocks an der Lessingstraße in Karlsfeld sind in Aufruhr: Zweimal schon hat ein Rottweiler zugebissen. Zwei Frauen mussten im Krankenhaus genäht werden. Die Polizei ermittelt wegen fahrlässiger Körperverletzung. Die Gemeinde hat inzwischen Leinenzwang und Maulkorbpflicht verordnet. Außerdem muss der 26-jährige Halter ein Gutachten über das Wesen des Hundes vorlegen. Das Veterinäramt ist unterrichtet. Unterdessen fragen sich die Nachbarn: Warum ist der Hund überhaupt noch da? Rottweiler gelten schließlich gemeinhin als Kampfhunde. "So einfach ist es nicht, das Tier wegzunehmen", erklärt Francesco Cataldo, Geschäftsleiter der Gemeinde Karlsfeld. "Man muss zunächst einmal das mildeste Mittel wählen und das ist Leinenzwang und Maulkorb. Erst wenn das nichts bringt, kann man weitere Maßnahmen anordnen."

Die beiden Bisse sind schon etwas her: Laut Polizei hat sich der erste Vorfall am 28. Juni ereignet, eine 55-jährige Nachbarin wurde von dem Rottweiler ins Bein gebissen. Die Frau erstattete Anzeige und teilte der Gemeinde mit, was passiert ist. Der Leinenerlass wurde aber erst am Freitag, 26. Juli, angeordnet. In der Zwischenzeit hatte der Rottweiler aber noch einmal zugeschnappt. Diesmal verletzte er eine 72-Jährige am Handgelenk. Die Tat ereignete sich auf der Wiese vor dem Hallenbad.

Warum hat es so lange gedauert, bis der Bescheid beim Hundehalter ankam? "Das hat personelle Gründe und verwaltungsorganisatorische", erklärt Cataldo. Es habe erst ermittelt werden müssen, wer der Hundehalter ist, und die Polizei habe erst der Sache nachgehen müssen. Damit es schneller geht, habe der polizeiliche Hundeführer und ein Mitarbeiter des Ordnungsamts den Bescheid persönlich übergeben.

Laut Dachauer Nachrichten soll der Rottweiler im September 2018 sogar schon einmal zugebissen haben. Doch das konnte weder die Polizei noch die Gemeinde bestätigen. Es gibt wohl auch Nachbarn, die den Hund in dieser Woche schon gesehen haben wollen, wie er zwar einen Maulkorb trug, jedoch lose um den Hals baumelnd. "Davon weiß ich offiziell nichts", erklärt Cataldo sichtlich unter Druck. "Ein Verstoß gegen den Bescheid hätte ein Zwangsgeld zwischen 500 und 1000 Euro zur Folge." Wer so etwas beobachte, solle sich im Rathaus unter Telefon 08131/990 melden, so Cataldo. Am besten mit einem Beweisfoto. Man wolle die Sache "mit aller Schärfe weiterverfolgen". Das sogenannte Negativgutachten sei bereits widerrufen. Dieses muss ein Halter vorlegen, der einen Listen- oder Kampfhund hat. Darin wird bestätigt, dass der Rottweiler ein gutes Wesen habe. Für die Vorlage eines neuen Gutachtens hat der 26-jährige Halter nun zwei Wochen Zeit, so Cataldo.

"Er ist keine blutrünstige Bestie", verteidigt der 26-jährige Karlsfelder vor laufenden Fernsehkameras sein Tier. Seine fünfjährige Tochter liebe den Rottweiler über alles, deshalb werde er sich für ihn einsetzen. Er entschuldigte sich bei einer Geschädigten. Die Vorfälle haben inzwischen bayernweit Aufsehen erregt.

Auch der Hausverwalter des Wohnblocks, Anton Kribitznek, ist alarmiert. Man dürfe überhaupt keine Hunde in dem Haus halten, erklärt er. Als er am 28. Juni von der Geschädigten erfahren habe, dass der 26-Jährige einen Rottweiler hat - und das wohl auch schon länger, habe er sofort eine Abmahnung verschickt und ihm eine Frist gesetzt, in der er sich von dem Hund trennen sollte. "Diese ist vor drei Tagen abgelaufen", sagt Kribitznek. Nun habe er mit Hilfe seines Anwalts eine Unterlassungsklage angestrengt, um die Mieter zu schützen, sowie aus wichtigem Grund fristlos gekündigt. Auch die Räumungsklage werde er mit Nachdruck betreiben, sagt er. "Dass Hunde gehalten werden, kommt immer wieder mal vor, aber ein Rottweiler, der eine Körperverletzung verursacht, das ist das erste Mal."

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SZ vom 02.08.2019
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