Kabarettist Markus Langer:Stolpern im Wortgeröll

Kabarettist Markus Langer: "Im Prinzip geht's immer darum, wer die nächste Runde zahlt." Markus Langer bei seinem Auftritt im voll besetzten Thomas-Haus.

"Im Prinzip geht's immer darum, wer die nächste Runde zahlt." Markus Langer bei seinem Auftritt im voll besetzten Thomas-Haus.

(Foto: Toni Heigl)

Markus Langer strickt urkomische Geschichten aus dem Kampf einfacher Leute mit der Sprache und den Widrigkeiten des Alltags

Von Renate Zauscher, Dachau

"Spaßvogel(n)" nennt Markus Langer das, was er auf der Bühne macht. Ein entsprechender Ruf eilt ihm voraus: Er hat ihn sich unter anderem mit Sketches im Internet erworben und gilt vielen in der Tat als veritabler, sehr lustiger Spaßvogel.

Bei seinem Auftritt im Dachauer Thoma-Haus trägt Markus Langer ein T-Shirt mit der Aufschrift "I derf des". Drei Worte, in denen bereits ein Gutteil dessen enthalten ist, was Langers Programm ausmacht. Er darf derb sein, darf Witze machen, die gern unter der Gürtellinie angesiedelt sind, er darf den Prolo geben - und das Publikum liebt ihn dafür. Kaum ein Satz, der bei Langers Dachauer Auftritt nicht mit stürmischem Gelächter aufgenommen würde.

Warum das so ist? Vielleicht weil Markus Langer sich in seiner Bühnenshow als Durchschnittsmann präsentiert, in dem man sich selber, zumindest aber den ein oder anderen Kollegen oder Nachbarn, gut wiedererkennen kann. Langer, in München aufgewachsen, spricht - zumindest auf der Bühne - ein kraftvoll-derbes Bairisch und er hat kein Problem mit dem Vokabular der Saufbrüder, mit denen sich seine Bühnenfigur umgibt. Der Mann in schlichtem Alltagsgewand, der dort vorne steht, bringt keinen Satz zu Ende, stolpert in Wortgeröll herum, wiederholt sich, setzt neu an: eine Sprache, die klarstellt, in welchem sozio-kulturellen Kontext sich Langers Bühnen-Ich bewegt.

Im ersten Teil des Abends erzählt Langer von einer Verkettung widriger Umstände, die mit sechs bis acht Halben pro Mann beim Kartenspielen beginnt und tags drauf, nach eine paar weiteren Weißbieren schon in der Früh, mit Führerscheinentzug und fürchterlichem Ärger zu Hause endet. Dabei spielt eine in die Jahre gekommene und deshalb zu enge Badehose im Tiger-Look eine zentrale Rolle: Langer nimmt kein Blatt vor den Mund, um zu schildern, in welch peinliche Situationen das führt. Derb, ja, aber so richtig ordinär dann auch wieder nicht: Auf Bairisch klingt vieles ein wenig anders als auf Hochdeutsch.

Nach der Pause geht es dann um Männer und Frauen und die Probleme, die sie so miteinander haben. Um Kommunikationsprobleme etwa oder auch solche, die sich aus der Sauferei der Männer ergeben. "Im Prinzip", sagt der Bühnen-Langer einmal, "geht's immer darum, wer die nächste Runde zahlt". Und bei den Frauen kommt diese Lebenshaltung natürlich nicht immer gut an: Sie bedrängen die Männer mit Ratgeberlektüre und steten Vorwürfen, warum das mit der gesünderen Lebensführung nicht klappt. Zuletzt gibt Langer übrigens zu: Die eigene Frau sei eigentlich eine ganz nette und liebe und keineswegs so wie die Uschi von seinem Alter Ego auf der Bühne.

Schließlich tritt im zweiten Programmteil auch noch die Figur des Bumsinger Sepp auf, der zuvor nur indirekt, als einer der Bier-Brüder, vorkommt. Schnell ein Käppi auf den Kopf, Brille ins Gesicht, Flasche in die Hand und die Körperhaltung eines unter Restalkohol leicht schwankenden Menschen: Schon steht eine gänzlich andere Person auf der Bühne.

Während der ersten zehn Minuten von Markus Langers Show könnte man meinen, da spielt einer sich selbst. Dann wird schnell klar: Wer sich so überzeugend in die Lebenswirklichkeit eines einfachen, mit der Sprache und den Widrigkeiten des Alltags kämpfenden Menschen einfühlen und diese wiedergeben kann, der muss eine ganze Reihe von Fähigkeiten mitbringen. Ein gutes Ohr für Prolo-Sprech gehört dazu, schauspielerisches Talent natürlich sowieso und ein ausgeprägter Sinn für Situationskomik. Und er muss ein sicheres Gespür dafür haben, wie sich Geschichten gut erzählen lassen und wann eine Pointe zündet.

Dass Markus Langer über dieses Gespür verfügt, zeigt der Abend im ausverkauften Thoma-Haus. Das Publikum, im Alter zwischen jugendlich aber nicht mehr ganz jung bis hin zum Best-Ager, viele selbst mit einer Bierflasche in der Hand, reagiert immer wieder mit geradezu explosionsartigen Lachsalven - und das manchmal schon, bevor Langer überhaupt seine nächste Pointe anbringen kann. Je derb-direkter die Späße von Langer alias dem Bumsinger Sepp, desto stürmischer der Beifall, desto schriller die Lacher gerade auch der weiblichen Zuschauer. Schließlich klatschen alle mit, als Markus Langer das wohlverdiente Feierabend-Bier noch auf der Bühne in die Hand nimmt und sein selbst getextetes Lied darüber singt. Zuletzt noch ein Selfie mit dem Mann als Beweis, dass man ihn live miterlebt hat: ein Abend, der beim Publikum keine Wünsche offen lässt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: