Junger Spitzensportler:Es geht ihm nicht schnell genug

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Taekwondo von Donnerstag bis Sonntag. Wegen der Vorbereitung auf große Turniere sind die Wochenenden von Nikos Karamangiolis komplett mit Kampfsport gefüllt. Der 16-Jährige ist bei der Jugend-WM Zweiter geworden - für die Zukunft hat er große Pläne.

Julia Richthammer

Der Titel hört sich beeindruckend an: Jugend-Vize-Weltmeister. Schon allein deshalb müsste Nikos Karamangiolis mit stolzgeschwellter Brust umherlaufen. Doch dafür war der Titel gar nicht nötig, Nikos hat auch so ein breites Kreuz. Das braucht er auch bei seinem Sport Taekwondo.

Vier Wochen vor der Jugend-Weltmeisterschaft waren für Nikos Karamangiolis die Wochenenden von Donnerstag bis Sonntag nur mit Taekwondo gefüllt. Durch den Gewinn der Silbermedaille bleibt der 16-Jährige ehrgeizig. (Foto: Toni Heigl)

Die koreanische Kampfsportart erfordert Dynamik, Schnelligkeit und Athletik. Beim sogenannten Vollkontakt-Wettkampf gibt es Punkte, wenn der Gegner am Kopf oder Rumpf getroffen wird, der Großteil der Schläge wird mit den Füßen ausgeführt. Nikos hat 2002 mit Taekwondo angefangen.

"Ich bin da familiär vorbelastet, bin mit dem Sport aufgewachsen", sagt er. Schon sein Vater Saki war erfolgreich, auch die Mutter war Taekwondoin. Klar, dass da auch der Sohn den Sport zumindest einmal ausprobiert, im Heimatverein des Vaters, dem TSV 1865 Dachau.

Nikos ist beim Taekwondo geblieben, und er war sehr schnell sehr erfolgreich: 2004 wurde er zum ersten Mal Bayerischer Meister, bis 2011 folgten vier weitere Titel in Bayern. Im Januar des vergangenen Jahres gewann der 16-Jährige mit den griechischen Wurzeln dann sogar die Deutsche Jugendmeisterschaft. Bei den wichtigen internationalen Turnieren in Hamburg, Paris und Trelleborg machte er danach mit seinen Leistungen auch den Bundestrainer Marco Scheiterbauer auf sich aufmerksam.

Ende des Jahres wurde Nikos nach seiner Einbürgerung Teil der Deutschen Nationalmannschaft. Kurz nach den German Open Anfang März, bei denen er im Finale in den letzten fünf Sekunden unglücklich dem Iraner Erfaniandaneshvar Pouria unterlag, erfuhr Nikos vom Verbandstrainer Scheiterbauer, dass er auch bei den Jugendweltmeisterschaften in Ägypten dabei sein würde.

Bis ins Finale ließ sich der 16-Jährige von keinem Gegner aufhalten. Dort wartete ein alter Bekannter auf ihn: der Iraner Pouria. Erneut musste sich Nikos geschlagen geben, diesmal jedoch nicht so knapp wie bei den German Open.

Trotzdem schmerzt die Niederlage bei der WM den Dachauer mehr. "Ich war sehr enttäuscht. Nach dem Kampf habe ich realisiert, dass ich hätte gewinnen können". Doch die Silbermedaille bei einer WM ist schließlich kein allzu schlechtes Trostpflaster und eine Entschädigung für den großen Aufwand noch dazu. Auf den weist Vater Saki besonders hin: "Das letzte halbe Jahr war sehr intensiv für Nikos, er hatte kaum ein Wochenende frei".

Training, Lehrgänge, Wettkämpfe - und das alles neben der Schule. Nikos geht in die 10. Klasse der Wirtschaftsschule Pasing. Gut, dass er nicht nur ein talentierter Taekwondoin ist, sondern dass auch seine schulischen Leistungen stimmen. Ansonsten würde er nicht von seiner Schule freigestellt werden, um seinen Sport so intensiv und erfolgreich zu betreiben.

Vier Wochen vor der Weltmeisterschaft war jedes Wochenende von Donnerstag bis Sonntag nur mit Taekwondo gefüllt. "Das ging mir schon auf die Nerven, aber am Ende hat es sich ja gelohnt", sagt Nikos. Viel Zeit für Freunde bleibt so auch nicht übrig. Aber die hatten viel Verständnis für ihren talentierten Freund, haben ihn unterstützt und sich sehr mit ihm gefreut.

Als nächstes stehen mit den Austrian Open und den Bavarian Open weitere A-Klasse-Turniere an. Nikos' Eltern und sein Heimtrainer wollen, dass er diese Turniere noch im Jugendbereich bestreitet und danach langsam bei den Erwachsenen einsteigt.

Geht es nach Nikos und dem Bundestrainer, sieht seine Zukunft aber anders aus. Er möchte am liebsten sofort zu den Erwachsenen wechseln, um sich möglichst schnell an den höheren Druck zu gewöhnen, der dort herrscht. "Jetzt langsam bei den Senioren anzufangen macht mehr Sinn, als nächstes Jahr ins kalte Wasser geschmissen zu werden", findet der 16-Jährige.

Dass er wahrscheinlich bei den Erwachsenen nicht sofort Erfolge feiern wird, ist ihm bewusst. Bei den Senioren wird er nicht nur gegen 18-Jährige antreten, sondern seine Gegner können auch deutlich älter, sehr viel erfahrener und auch körperlich überlegen sein. Deshalb würden seine Eltern es lieber sehen, wenn er so lange wie möglich im Jugendbereich bleibt und sich langsam auf den Sprung zu den Senioren vorbereitet. Aber Nikos sagt deutlich: "Lieber zu früh, als zu spät".

So klar die Vorstellungen für seine sportliche Zukunft sind, so unklar ist sich Nikos über seine Ziele außerhalb des sportlichen Bereichs. Bis zur mittleren Reife hat er noch zwei Jahre an der Schule vor sich. Danach will er an die Fachoberschule und sein Abitur machen. Und dann?

"Weiter habe ich noch nicht gedacht. Ich finde aber, das ist gut so. Mit 16 muss man noch nicht sein ganzes Leben durchgeplant haben". Möglichkeiten hat Nikos ja genug: Studium, Ausbildung, das Hobby in der Sportfördergruppe der Bundeswehr zum Beruf machen - und die Frage nach Senioren- oder Juniorenbereich ist ja auch noch nicht geklärt.

© SZ vom 11.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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