Junge Flüchtlinge:Einstieg in die Arbeitswelt

Den Berufsschulen kommt bei der Vorbereitung jugendlicher Flüchtlinge auf das Berufsleben eine wichtige Rolle zu.

Kontakte zu Unternehmen knüpfen, von Workshops und Beratung profitieren, oder sich einen Überblick über Ausbildungsmöglichkeiten verschaffen - all diese Möglichkeiten bietet die Jobmesse, die am Samstag, 23. April, von 9 bis 16 Uhr in den Hallen des ASV Dachau stattfindet. Jugendliche aller Schularten nutzen diesen Berufsinformationstag. Diesmal werden auch einige Schüler aus den Berufsintegrationsklassen der Berufsschule Dachau dabei sein, junge Flüchtlinge wie der Afghane Hamid. In der staatlichen Berufsschule Dachau sitzen 19 junge Männer aus verschiedenen Ländern Afrikas und Asiens im Klassenzimmer. Sie besuchen seit Februar eine der vier Berufsintegrationsvorklassen, die es dort mittlerweile gibt. Der Unterricht besteht überwiegend aus Deutsch, Mathematik und EDV. Aber die Jugendlichen lernen auch viel über die Kultur und das Zusammenleben in Deutschland. Gerade steht das Fach "Lebenskunde" auf dem Stundenplan. Studienrätin Annika Sengpiel geht die Begriffe "Ordnung" und "ordentlich" durch. Beim Thema "Ordnung" zeigt Sengpiel einen Leitz-Ordner, in dem die Schüler Unterrichtsmaterial hinter der passenden Registerkarte einordnen sollen. Die Schüler müssen dabei immer wieder schildern, was sie gerade tun und weshalb. Sie sollen so viel Deutsch sprechen wie möglich. Und das klappt schon recht gut. "Sprache ist wichtig", sagt Hamid. "Nur wenn ich gut Deutsch kann, finde ich Arbeit." Hamid ist 18 Jahre alt und stammt aus Afghanistan. Eine Schule hat er nie besucht. Im Iran, wohin er mit seinem Vater zunächst geflohen war, dürfen Afghanen keine Schulen besuchen. In Deutschland ist Hamid dafür umso eifriger. Er will Kfz-Mechaniker werden. "Im Iran habe ich mit meinem Vater schon Autos und Nähmaschinen repariert", nennt er stolz seine Vorqualifikationen. Er spricht schon erstaunlich gut. Mit seinem Berufsziel wird auch Hamid am 23. April die Jobmesse besuchen, um erste Kontakte zu knüpfen. Vor ihm stehen noch fast zwei Jahre Berufsintegration an der Berufsschule, bevor er eine Lehrstelle antreten kann. "Viele möchten einen Beruf erlernen, den sie sowohl hier in Deutschland als auch nach der Rückkehr in ihr Heimatland ausüben können", weiß Lehrerin Annika Sengpiel. Der Leiter der Berufsschule Dachau, Oberstudiendirektor Johannes Sommerer, gehört dem Arbeitskreis Schule-Wirtschaft Dachau an, der die Jobmesse jedes Jahr veranstaltet. "Unsere Lehrkräfte investieren viel Arbeitszeit in die jugendlichen Flüchtlinge, aber der Erfolg gibt uns Recht", sagt er. Probleme mit dem Miteinander der Geschlechter und Religionen habe es an der Berufsschule Dachau bislang nicht gegeben. "Wir haben von Anfang an erklärt, dass es dafür gegenseitigen Respekt braucht." An der Schule gibt es nun schon im dritten Jahr Integrationsklassen. Die ersten 18 Flüchtlinge schlossen ihre Schulzeit im Juli 2015 ab. Beachtliche 13 hatten da bereits den Berufseinstieg geschafft. Die kreativen Lernprojekte an der Berufsschule fließen auch in die Arbeit der Lehrplankommission ein, die für Berufsintegrationsklassen die Lehrpläne erstellt. So soll sichergestellt werden, dass in ganz Bayern von einem vergleichbaren Lernniveau ausgegangen werden kann. "Die Berufsschulen sind äußerst erfolgreich mit dieser Arbeit. Nirgends in Deutschland werden jugendliche Flüchtlinge so gut und intensiv auf das berufliche Leben vorbereitet wie bei uns in Bayern", sagt Sommerer.

Erst nach zwei Jahren geht es in eine reguläre Klasse

Die Flüchtlinge besuchen üblicherweise ein Jahr lang eine Berufsintegrationsvorklasse und danach eine Berufsintegrationsklasse. Das zweite Jahr besteht zu 40 Prozent aus Praktika, zu 60 Prozent aus Unterricht. Aktuell gibt es an der Berufsschule Dachau sechs Berufsintegrationsvorklassen und zwei Berufsintegrationsklassen. In letzteren arbeiten die Lehrkräfte eng mit externen Mitarbeitern des Kooperationspartners der beruflichen Fortbildungszentren der bayerischen Wirtschaft zusammen. Die staatliche Berufsschule Dachau ist eine von 21 Berufsschulen in Bayern, die Teil des Modellversuchs "Perspektive Beruf für Asylbewerber und Flüchtlinge" der Stiftung Bildungspakt Bayern sind.

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