Jugendklimakonferenz in Dachau:Zeit für frischen Wind

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Die erste Dachauer Jugendklimakonferenz bietet jungen Menschen an diesem Samstag eine Plattform, auf der sie ihre Forderungen an die Kommunalpolitik artikulieren können. Landrat und OB zeigen sich gesprächsbereit

Von David Holzapfel, Dachau

Unlängst hat sich die große Koalition auf ein Klimapaket geeinigt. Das Programm soll sicherstellen, dass die Bundesrepublik die angestrebten Klimaziele bis 2030 auch erreicht. Kritiker halten die Maßnahmen im Kampf gegen die Erderwärmung nicht für ausreichend. Was aber kann auf kommunaler Ebene für den Klimaschutz getan werden? Konkrete Forderungen, wie etwa die der Fridays for Future-Bewegung Dachau, bestehen schon länger. Eine erste Dachauer Jugendklimakonferenz, die am Samstag in der Dachauer Mittelschule stattfindet, soll jungen Menschen jetzt eine Plattform geben, um sich aktiv in den kommunalen Klimaschutz einbringen zu können. Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) und Landrat Stefan Löwl (CSU) signalisieren große Gesprächsbereitschaft.

"Wir wollen gezielt mit jungen Menschen Ideen entwickeln, was auf kommunaler Ebene getan werden kann."

Die erste Dachauer Jugendklimakonferenz soll frischen Wind bringen in den kommunalen Klimaschutz. "Wir wollen gezielt mit jungen Menschen Ideen entwickeln, was auf kommunaler Ebene getan werden kann", sagt Hartmann. Er hat die Konferenz gemeinsam mit der Stadtjugendpflege initiiert. Neben einem Vortrag von "Plant for the Planet" und verschiedenen Workshops soll die Veranstaltung junge Menschen im Alter von zwölf bis 25 Jahren zusammenbringen, heißt es in einer Pressemitteilung. "Uns geht es auch darum, die lokalen Gruppierungen zu vernetzen", sagt Hartmann. Zero Waste Dachau, Fridays for Future Dachau - die Mitglieder sollen auf der Konferenz Kontakte knüpfen und gemeinsame Ideen entwickeln können. Denn ein echter Wandel in der Klimapolitik, so der Oberbürgermeister, könne nur vollzogen werden, wenn die Gesellschaft - also jeder - mitziehe.

Städte spielen beim Klimaschutz eine zentrale Rolle. "Ein Großteil der Emissionen kommt aus Städten, etwa 70 Prozent", sagt Jürgen Kropp, Leiter des Bereichs Urbane Transformation am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Besonders großen Anteil hätten Verkehr, die Industrie sowie das Heizen und Kühlen von Gebäuden. Kropp sagt: "Die Bewältigung der Klimaproblematik muss in den Städten erfolgen". Denn schreitet der Klimawandel weiter ungebremst voran, werden es vor allem Städte wie Dachau sein, die besonders betroffen sind. Bis Ende des Jahrhunderts könnte die Durchschnittstemperatur in Städten um vier Grad steigen, die Zahl der Hitzetage sich verzehnfachen, erklärt Klimaexperte Kropp. "Schon heute gibt es in der Stadt doppelt so viele Hitzetage wie im Umland."

Auch in Dachau gehen Kinder und Jugendliche der Fridays-for-Future-Bewegung für den Klimaschutz auf die Straße. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Jugendklimakonferenz könnte auch dazu beitragen, einen klimapolitischen Konsens zwischen der Kommune und jungen Aktivisten wie etwa Fridays for Future zu schaffen und Schnittmengen der Forderungen der Jugend und den Realbedingungen der lokalen Politik auszuloten. Denn Löwl und Hartmann betonen unisono, dass einige der auf Bundesebene diskutierten Maßnahmen für den Klimaschutz auf kommunaler Ebene schwer bis gar nicht umsetzbar seien. "Ein generelles Flugverbot zu diskutieren, bringt den Kommunen zum Beispiel wenig", sagt Hartmann. Auch bei anderen Themen, wie etwa dem Bahnverkehr, seien den Kommunen mitunter die Hände gebunden.

Gleichwohl würden Stadt und Landkreis viele Maßnahmen zum Klimaschutz bereits umsetzen, wie Löwl und Hartmann betonen. Der Landrat sagt: "Wir kümmern uns ausgiebig um den Umweltschutz." So etwa durch den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Zum Jahresfahrplanwechsel weitet der Landkreis das Fahrangebot mit Bussen massiv aus. Neue Ringbuslinien sollen S-Bahn-Äste sowie große Gewerbe- und Wohngebiete verbinden. Jonathan Westermeier (Die Linke), Sprecher von Fridays for Future Dachau, begrüßt diese Maßnahme, fordert aber in einem weiteren Schritt, "den ÖPNV ab 2025 ganz kostenlos" anzubieten.

Schon lange vor der Dachauer Jugendklimakonferenz hatte der Dachauer Ableger der Fridays-for-Future-Bewegung seine Forderungen für den kommunalen Klimaschutz formuliert. Die Aktivisten fordern etwa neben einem Ausbau des ÖPNV eine "starke Förderung erneuerbarer Energien", wie Westermeier sagt. "Gerade im Bereich der Wind- und Photovoltaik-Energie hat der Landkreis großen Nachholbedarf." Florian Hartmann will dem nur bedingt zustimmen: "Auf den meisten Dächern öffentlicher Gebäude haben wir bereits Solaranlagen." Weitere Forderungen der jungen Klimaschützer sind unter anderem eine autofreie Zone, zum Beispiel in der Altstadt, keinen weiteren Ausbau der Straßeninfrastruktur oder die Vermeidung von Lichtverschmutzung.

Schon jetzt ist klar: Es wird viel zu diskutieren geben auf der Klimakonferenz an diesem Samstag. Mit einem eigenen Infostand und Workshops will Fridays for Future auf der Konferenz ihre Standpunkte vertreten. Auch Stefan Löwl betont die Wichtigkeit eines fruchtbaren Austausches. Mit Blick auf die bundesweite Klimadebatte sagt er: "Der Klimaschutz ist wichtig, aber auch unsere Demokratie." Diskussionen sollten gerne radikal, aber "auf dem Boden unserer demokratischen Grundordnung" geführt werden. Projekte an Schulen, Info-Veranstaltungen mit Experten - an die Jugend gewandt sagt Löwl: "Ich bin bereit für einen Austausch. Sagt uns, was wir tun sollen."

© SZ vom 16.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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