Jugend musiziert:Ackern bis zum großen Auftritt

Fünf junge Musikerinnen des Karlsfelder Vivaldi-Orchesters sind in den Bundeswettbewerb von Jugend musiziert eingezogen.

Von Anna-Sophia Lang, Karlsfeld

Als die Nachricht kam, brach Jubel aus. Gerade noch waren sie vor der Jury beim Landeswettbewerb gestanden, unsicher, wie gut sie abgeschnitten hatten. Und jetzt: Weiterleitung zum Bundeswettbewerb von Jugend musiziert. Ein riesiger Erfolg für Sandra Sedlmair, Ramona Wimmer, Mirella Hill, Corinna Aigner und Ines Kellner. Die fünf Zupfmusikerinnen aus Karlsfeld haben geschafft, was über viele Jahre hinweg bis auf den Ausnahmeschlagzeuger Christian Benning niemand aus dem Landkreis geschafft hat.

Jugend musiziert: Corinna Aigner mit Ines Keller an der Gitarre.

Corinna Aigner mit Ines Keller an der Gitarre.

(Foto: Toni Heigl)

Sicher, dass sie so weit kommen würden, waren sie beim Landeswettbewerb nicht. Beim Aufwärmen passierten ein paar Fehler, die Mädchen waren nervös, die Hände zittrig. "Aber wenn man erst mal spielt, vergisst man alles", sagt Sandra. Jetzt sitzt sie im Probenraum des Vivaldi-Orchesters in der Karlsfelder Mittelschule, die Mandoline auf dem Schoß, es ist die letzte Probe des Quintetts vor dem großen Auftritt. Hier, beim Zupforchester von Monika Fuchs-Warmhold, sind sie groß geworden. Seit zehn Jahren spielt Sandra Mandoline, Ramona seit sieben, Mirella hat zehn Jahre Erfahrung an der Mandola, Corinna spielt sogar seit elf Jahren Gitarre, Ines seit fünf Jahren Bassgitarre. Fuchs-Warmhold hat unzählige junge Musiker unterrichtet, seit 47 Jahren ist sie Lehrerin. Der Einzug in den Bundeswettbewerb ist auch ihr Erfolg.

Jugend musiziert: Die Mühen haben sich gelohnt: Sandra Sedlmair, Ramona Wimmer und Mirella Hill (von links) an der Mandola.

Die Mühen haben sich gelohnt: Sandra Sedlmair, Ramona Wimmer und Mirella Hill (von links) an der Mandola.

(Foto: Toni Heigl)

Leicht war der Weg dahin nicht. Erst im November entschlossen sie sich zur Teilnahme. Da blieb nicht viel Zeit bis zum Regionalwettbewerb im Januar. Zwar kannten sie sich aus dem Orchester und hatten teilweise schon in Ensembles zusammen gespielt. Die Fünfer-Konstellation aber war neu. Einmal in der Woche probten sie, zusätzlich zum Unterricht und zur Orchesterprobe, gegen Ende auch noch am Wochenende.

Nebenher lernte Sandra für ihr Abitur, Corinna stand für ihre Ausbildung jeden Morgen um fünf Uhr auf, die anderen gingen zur Schule, Ramona bereitete sich noch dazu auf einen Solo-Wettbewerb vor. Weil die Zeit so knapp war, erarbeiteten sie keine neue Literatur, sondern spielten Werke, die sie schon aus dem Orchester kannten: zwei Stücke aus der Abendmusik von Kurt Schwaen, eine Aria von Girolamo Frescobaldi - und mit Francesco Civitareales "Il ritorno in Patria" aus der "Legende von Ulisses" ein zeitgenössisches Stück, das ihnen besonders viel abverlangte.

Jugend musiziert: Monika Fuchs-Warmhold, Leiterin des Zupforchesters, hat die fünf jungen Musikerinnen unterrichtet. Der Einzug in den Bundeswettbewerb ist auch ihr Erfolg.

Monika Fuchs-Warmhold, Leiterin des Zupforchesters, hat die fünf jungen Musikerinnen unterrichtet. Der Einzug in den Bundeswettbewerb ist auch ihr Erfolg.

(Foto: Toni Heigl)

Das Pensum für die Mädchen war trotzdem groß. So groß, dass irgendwann ein Durchhänger kam und mit ihm die Frage, ob man wirklich weitermachen soll. Das gemeinsame Ziel, das gemeinsame Musizieren hielt sie zusammen. Und die Feststellung, dass man trotz aller Schwierigkeiten besser wird. "Alle haben sich entwickelt", sagt Fuchs-Warmhold. Das gesamte Orchester profitiere später davon, glaubt sie. Der Erfolg der Mädchen wirkt sich aber auch auf die Stimmung aus, motiviert, bringt neuen Schwung. "Man ist schon stolz", sagt Mirella, "und wenn es dann noch gut läuft, ist es umso toller." Wichtig ist ihnen aber auch die gemeinsame Erfahrung des Wettbewerbs von Runde zu Runde. Am Abend vor dem Landeswettbewerb Ende März in Regensburg saßen sie zusammen auf den Betten in ihrem Hotelzimmer und spielten so enthusiastisch, dass ein anderer Hotelgast an der Tür klopfte und sie bat, leiser zu spielen. Sie müsse sich auf eine Aufnahmeprüfung vorbereiten, sagte die junge Frau, aber sie müsse schon sagen, schön klinge die Musik ja. Es war wohl ein gutes Omen. 24 Stunden später war klar: Es geht zum Bundeswettbewerb nach Kassel. Als der Anruf kam, waren die Mädchen bereits zum Probenwochenende mit dem ganzen Orchester weitergefahren. "Wir konnten kaum glauben, dass wir es wirklich geschafft haben", sagt Fuchs-Warmhold. Brav brachte das Quintett den Probentag zu Ende, am Abend wurde gefeiert.

Pfingstmontag, um 10 Uhr in der Früh, waren die Mädchen an der Reihe. Sie haben sich vor allem eines vorgenommen: Spaß zu haben. Direkt vor dem Auftritt spielten sie die Stücke wie jedes Mal noch einmal an. Dann tief durchatmen, die Welt rundherum ausblenden, und los. Bis Dienstagabend müssen sie auf das Ergebnis warten. Wichtiger als ein erster Platz ist Fuchs-Warmhold aber etwas anderes. Andere Ensembles hören, sich Inspiration holen, miteinander ins Gespräch kommen. Aber vor allem: Den Weg bis dahin gemeinsam gehen, zusammenwachsen, sich gemeinsam entwickeln. "Es läuft nicht immer so, wie man es erwartet", hat sie ihren Musikerinnen bei der letzten Probe gesagt und noch ein paar Anmerkungen gegeben. Crescendi noch größer machen, sich bei Soli trauen, herauszustechen, ruhige Sätze langsam ausklingen lassen. Und sie hat ihren Musikerinnen Mut zugesprochen. "Wichtig sind nicht die Fehler. Wichtig ist die Musik, die ihr transportiert."

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