Jubiläumskonzert im Dachauer Schloss:Tradition seit 1890

Der Dachauer Zitherklub gibt sein 60. Schlosskonzert im Renaissancesaal. Dort wo früher der Adel sich verlustierte, wird heute Volksmusik zelebriert. Die Krönung ist wie immer der "Gföller Marsch", die Hymne der Musikanten

Von Lina Brückner, Dachau

Lange war sie verpönt. Doch der Vater von Kaiserin Sisi, Herzog Max Joseph von Bayern, war ein Fan von ihr. Seine Leidenschaft für die als "Bauern- und Lumpeninstrument" verschmähte Zither machte sie in bürgerlichen Kreisen salonfähig. Im 19. Jahrhundert stieg die Zither deshalb sogar zum bayerischen Nationalinstrument auf. Siegfried Heigl erinnert sich gerne daran. Der Vorsitzende des Dachauer Zitherklubs ist begeistert von dem Saiteninstrument, obwohl er es selber gar nicht spielt. Aber er hat sich die Aufgabe gesetzt, die Tradition der Volksmusik zu bewahren und an folgende Generationen weiterzugeben. Immerhin gibt es den Klub schon seit 1890. "Dass man den Club mit k schreibt, ist aus der Historie bedingt", sagt Heigl stolz. Dieses Jahr feiern die Musikanten übrigens ein besonderes Jubiläum: Zum 60. Mal findet am Samstag, 9. November, im Renaissancesaal des Dachauer Schlosses ein Volksmusikabend statt. Das erste Konzert beginnt um 15 Uhr auf, das zweite um 19 Uhr. Das Ensemble besteht nicht nur aus Zithern, sondern auch aus sechs Gitarren, einer Harfe, einem Kontrabass und drei Hackbrettern. Im Rahmen des Jubiläumskonzerts treten zudem drei Gastgruppen im Schlosssaal auf.

Die Zither, ein in der modernen Welt eher unbekanntes Instrument, hat ihre Vorläufer bereits in der Antike. Aus dem Monochord, dem sogenannten Scheitholz, das schon im alten Griechenland bekannt war, entwickelten sich bis heute verschiedene Arten des Saiteninstruments. Die Mitglieder des Dachauer Zitherklubs spielen auf der Alpenländischen Zither. Auf den fünf äußeren Saiten - sie ähneln denen der Gitarre - wird mit dem Zitherring die Melodie gezupft. Die Melodiehand muss zusätzlich einige der chromatisch gestimmten Resonanzsaiten spielen; damit ist die Kombination von Melodie und Begleitung noch etwas komplizierter als beim Klavier. "Eine gut gespielte Zither ist eben etwas ganz besonderes", findet Heigl. Deswegen sei es "wichtig, dass wieder mehr Leute dieses Instrument erlernen".

57. Volksmusikabend

Mit zwei Konzerten, einem am Nachmittag und einem am Abend, wird der Dachauer Zitherklub sein Jubiläum feiern.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Ende des 19. Jahrhunderts, als der Verein gegründet wurde, gab es noch keine Nachwuchssorgen. Damals war das Zitherspiel hoch populär. Der Herzog, seinerzeit auch bekannt als "Zithermaxl", sorgte für einen echten Hype, indem er durch das Land reiste und sein Instrument präsentierte.

In den Anfangsjahren lag der Fokus des Zitherklubs auf Konzert- und Salonmusik, dagegen beschränkt sich das Repertoire heute auf reine Volksmusik. Heigl ist überzeugt von dieser Entwicklung. "Volksmusik ist eine Szene. Man kennt die Regeln und ist drin". Was er damit meint: Durch die einfache Kadenzharmonik und die ähnlichen Akkordfolgen müsse man sich nur über Tonart und Taktart im Klaren sein, um ein beliebiges Stück begleiten zu können. Heigl ist sich sicher, dass die Volksmusik auch in Zukunft erhalten bleibe. "Bei aller Internationalität brauchen die Menschen trotzdem einen Bezug zur Heimat", sagt er. Und auch der bairische Dialekt werde auf diese Weise gepflegt. Das ist dem Vorsitzenden ebenfalls wichtig.

Höhen und Tiefen hat der Zitherklub dennoch in den vergangenen 129 Jahren durchgemacht. Immerhin erlebte er fünf verschiedene deutsche Staaten. Auch wenn sich der Verein nie rein politisch positioniert habe, so Heigl, habe er tendenziell immer bauern- und arbeiterbetont gewirkt. Ende Juni 1939 wurde der Zitherklub nicht mehr zu Musiksendungen eingeladen und die Arbeit zu Kriegsbeginn gänzlich eingestellt. Erst von 1949 an musizierten die Mitglieder wieder miteinander, zehn Jahre später erhielt der Klub den Status als eingetragener und gemeinnütziger Verein. Dass er sich so lange gehalten hat, führt Siegfried Heigl auf das gemeinsame Interesse der Mitglieder, die "relativ harmonische Stimmung" und das Vereinsleben zurück. Auch ihn hat das Gemeinschaftserlebnis in den Bann geschlagen. Der damalige Dirigent Heinrich Neumaier habe ihn bei einer musikalischen Schulveranstaltung angesprochen, ob er nicht Lust hätte, gemeinsam zu musizieren. "Mit 19 habe ich natürlich an alles andere als an Volksmusik gedacht", lacht Heigl. Er nahm sich vor, vorbeizuschauen und dann zu sagen: "Danke, ich gehe wieder!" Doch am Ende entschied er sich für die Volksmusik und gegen Tanz- und klassische Musik. Seit 1973 ist er nun schon Mitglied. Davon hat er sich 32 Jahre lang im Vereinsvorstand engagiert; seit zwei Jahren ist er Vorsitzender, davor war er lange Stellvertreter. Seine Motivation: "Ich will, dass es weitergeht".

Jubiläumskonzert im Dachauer Schloss: Schon am 14. November 1959 und auch vor drei Jahren gab es zwei Konzerte im Dachauer Zitherklub. Siegfried Heigls Motivation ist schließlich, dass es weitergeht mit dem Klub.

Schon am 14. November 1959 und auch vor drei Jahren gab es zwei Konzerte im Dachauer Zitherklub. Siegfried Heigls Motivation ist schließlich, dass es weitergeht mit dem Klub.

(Foto: Privat)

Das Repertoire des Zitherklubs ist in großen Teilen auf Kiem Pauli zurückzuführen, der für seine "Sammlung oberbayrischer Volkslieder" durch das ganze Land reiste und zusammen mit dem Münchner Musikwissenschaftler Kurt Huber Bauernlieder mit dem Phonographen aufzeichnete. Um eine hohe Qualität der Auftritte zu erreichen, arrangiere Dirigent Heinz Neumaier die überlieferten Werke speziell für das Ensemble und komponiere auch eigene Stücke, erklärt Siegfried Heigl. Ein Beispiel für ein Stück, das sich gehalten hat, ist der "Gföller Marsch", die "Hymne vom Zitherklub", wie Heigl es nennt.

Der Marsch werde seit 1959 immer wieder als Zugabe gespielt. So auch bei den Konzerten im Renaissancesaal des Dachauer Schlosses, die für Heigl den Höhepunkt aller Auftritte darstellen. Er beschreibt den Schlosssaal als "Heimat" des Zitherklubs und empfindet es entgegen des ersten Eindrucks als sehr passend, dass die Volksmusikkonzerte im Renaissancesaal stattfinden. Heigl erklärt: "Früher war nur der Adel im Schloss, heute kann das ganze Volk die Konzerte besuchen."

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