Jobmesse:Fuß fassen

Auf der Dachauer Jobmesse informieren sich auch 200 junge Flüchtlinge über einen Ausbildungsplatz

Von Petra Neumaier, Dachau

Beim Bäcker werden rote Rosen aus Marzipan modelliert, auf der Bühne Freiwillige frisiert und im Mint-Campus Roboter per Armbewegung durch den Saal gelenkt: 55 Unternehmen, Innungen und Kammern aus dem Landkreis Dachau und München haben am Samstag mehr als 100 Berufe bei der "Job 2016" (Jugend-Orientierung-Berufswahl) in der Kreisstadt vorgestellt. Rund 4500 Besucher wurden auch in diesem Jahr in der Mehrzweckhalle des ASV Dachaus gezählt. Darunter erstmals etwa 200 jugendliche und junge erwachsene Flüchtlinge aus den Integrationsklassen der Berufsschule Dachau.

Das Konzept der alljährlichen und ehrenamtlich vom Arbeitskreis (AK) Schule und Wirtschaft organisierten Messe ist gut durchdacht. Von Orientierungsworkshops, wofür man "eigentlich brennt" bis hin zur Bewerbung - von Ausbildungsstellen und Schulen bis hin zu Auslandsaufenthalten wurden alle relevanten Themen der oft verwirrenden Berufsfindungsphase abgedeckt.

Frühzeitig Gedanken machen

"Bei der Vielzahl an Möglichkeiten ist es heute enorm wichtig, dass sich Jugendliche frühzeitig Gedanken über ihren weiteren Werdegang machen", erklärt die neue AK-Vorsitzende für den Bereich Schule, Agnes Brunner. Als Leiterin des Schulamtes weiß sie von einer hohen Zahl von Berufsschul-Abbrechern. Neben der Messe setzt sie deshalb darauf, dass sich die Schulen bereits von der siebten Klasse an mit dem Thema "Beruf" beschäftigen.

Lena, 15, und Alexandra, 15, sind zwar schon ein Jahr weiter, wissen aber auch noch nicht genau, was sie einmal werden wollen. "Vielleicht mal Anwalt", sagt Alexandra, "erst einmal die FOS", sagt Lena. Nächstes Jahr stehen die Bewerbungen an, trotzdem wollten sie sich jetzt schon umschauen. Nicht, weil die Eltern sie geschickt hätten, "den Druck machen wir uns schon selbst", gibt Lena zu.

"Mindestens drei Praktika" , empfiehlt der Experte

JOB Messe 2016

Eine ernste Botschaft an alle Besucher der Messe.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Tatsächlich werden stets bis zu 80 Prozent der Messebesucher von den Eltern geschickt oder begleitet, schätzt Hermann Krenn, seit 2002 Vorsitzender für den Bereich Wirtschaft. Wie auch das junge Mädchen, das etwas verloren neben dem Vater steht. Angeregt unterhält er sich mit der Repräsentantin der Metzgerinnung und ist ganz begeistert von einem Praktikum - während die Tochter verstohlen zum gegenüberliegenden Stand eines Geldinstituts blickt.

"Mindestens drei Praktika", kann Hermann Krenn nur empfehlen. "Hier baut man nicht nur Kontakte auf. Viele Jugendliche werden auch motiviert, ihre Schule ordentlich zu beenden." Besonders stolz ist der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Dachau auf das jüngste Angebot des Arbeitskreises: dem "Bildungsnavi Dachau". "So kann die Messe mit nach Hause genommen werden", sagt Krenn. Mit der sehr aufwendig programmierten erneut überarbeiteten und unter anderem von seinen eigenen Söhnen getesteten App, können Jugendliche bequem auf dem I-Phone oder Smartphone aktuelle Ausbildungsmöglichkeiten im Landkreis und Videos über die Berufe anschauen. Sogar Bewerbungsanschreiben finden sie hier.

Auch die Aussteller geben auf der Messe ihr Bestes, um die Besucher von ihrem Beruf zu überzeugen. Weil sie keine Standgebühr zahlen müssen, können sie mehr Geld in die Präsentation und das Personal investieren. So locken sie nicht nur mit Gummibärchen und Kugelschreibern, sondern mit praktischen Vorführungen und vor allem persönlichen und sehr herzlichen Gesprächen.

Die Polizei ist nicht nur etwas für Männer

Trauben von Mädchen und jungen Frauen zieht zum Beispiel der Stand der Polizei Bayern an. Zwei hübsche und zierliche Polizistinnen machen vor, dass der Beruf nicht nur etwas für harte Männer ist. Tatsächlich wächst die Frauenquote bei der Bayerischen Polizei an - auf 30 bis 40 Prozent, schätzt Einstellungsberater Reiner Dunkel. "Grundsätzlich können wir gut mithalten", bestätigt gleich Azubi Michaela Eisenhofer. "Wenn auch manche Angst vor der Waffe haben", ergänzt Verena Rittel. Sechs Jahre hatte die Frau als Steuerfachangestellte gearbeitet, bevor sie zur Polizei wechselte. "Das habe ich nicht bereut."

Dicht umlagert ist auch die Ausbildungsplatzbörse. In Kooperation mit der Agentur für Arbeit können sich hier die Jugendlichen über die noch rund 300 freien Ausbildungsstellen im Landkreis Dachau informieren. Auch Maurice (16), zückt sein Smartphone, um das eine oder andere Angebot abzufotografieren. Zwar hat der Realschüler aus Markt Indersdorf einen Platz in der Fachoberschule, viel lieber möchte er aber eine Ausbildung zum Lagerlogistiker machen. Mehrere Bewerbungen hat er bereits laufen. "Aber es schadet ja nicht, wenn ich noch weitere abschicke", sagt er motiviert.

Auf der Suche nach einer Ausbildung sind auch Zakaria, 19, aus Somalia und Sheriff, 22, aus Sierra Leone. Die beiden hochgewachsenen Männer sind seit einem Jahr in Deutschland und besuchen seit sechs Monaten die Berufsschule Dachau. Ganz genau schauen sie sich die Angebote an, stellen Fragen und sammeln Informationsmaterial. Für beide steht aber schon fest: sie wollen in die Krankenpflege gehen. Sheriff macht in den Pfingstferien sogar schon ein Praktikum in der Sozialpflege. "Denn ich will eine Arbeit mit Herz für Menschen", sagt er.

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