"Jazz in allen Gassen":Friedlich feiern

Das Dachauer Musikfestival "Jazz in allen Gassen" mit 12 000 Besuchern aus der ganzen Region besticht durch seine heitere Atmosphäre, seinen Familiencharakter und besonders durch die Freude über den lauen Abend.

Von László Dobos

Jazz in allen Gassen

Jazz in allen Gassen Zuschauerrekord beim 9. Dachauer Musikfestival „Jazz in allen Gassen“. Foto: Jørgensen

(Foto: Jørgensen)

- Das 9. Dachauer Musikfestival "Jazz in allen Gassen" hat sich zum größten Ereignis seiner Art im Münchner Norden entwickelt und einen neuen Besucherrekord aufgestellt. Mehr als 12 000 Besucher sind am Freitagabend gekommen, um sieben Bands auf sieben teils idyllischen Plätzen der Dachauer Innenstadt zu erleben. "Das ist Zuschauerrekord", sagte der Dachauer Kulturamtsleiter und Hauptorganisator Tobias Schneider. Viele Bürger, die Organisatoren und die Polizei lobten die friedliche Atmosphäre jenseits von bairischer Folklore und den bei solchen Anlässen sonst üblichen alkoholischen Exzessen. Lediglich einen kleinen Parkunfall in der Ludwig-Thoma-Straße hatte die Polizei für die Nacht zu vermelden. "Die Sanitäter mussten ein paar Pflaster verteilen, sonst hatten sie nichts zu tun", so Schneider weiter. Er beobachtet zudem ein ganz neue Entwicklung hin zum Familienfest auch mit kleineren Kindern.

Ein Gartentisch mit schummerigen Teelichtern, ein paar Flaschen Mineralwasser, Knabbereien und Saft, drei entspannte Erwachsene, die vorbeigehende Bekannte grüßen und acht Mädchen vom Vorschulalter bis zur Teenagerin, die herumalbern und die brave Hündin Bellinda. Diese Szene ist nicht bei einem Grillfest in einem privaten Garten zu beobachten, sondern mitten auf der Gottesackerstraße beim Altstadtfest "Jazz in allen Gassen". "Dieser Abend ist anders, das Leben ist auf der Straße, ein bisschen wie in Südamerika. Es ist Leben in der Altstadt, besonders durch die Musik", sagt Anton Pluijms aus Unterbachern begeistert. Über diesen Trend freut sich Kulturamtsleiter Tobias Schneider, der von einer ständig wachsenden Anerkennung für dieses Festival berichtet: "Nicht nur die Besucher, auch die Bands merken sich Jazz in allen Gassen vor und wollen explizit hier spielen." Das Dachauer Festival hat sich für ihn "als überregionale Marke" etabliert, Bands und Besucher kommen von weit außerhalb von Dachau.

"Es ist sehr unterhaltsam hier, ich komme jedes Jahr. Die Boogie Connection ist für mich die große Konstante, auf die ich mich freue", sagte beispielsweise Dieter Grund aus München. Er hörte sich zunächst The Hi-Fly Orchestra auf dem Schrannenplatz an. Diese spielen sehr groovy, der Bass ist satt und die Musik sprüht vor Spielfreude. Auch für den Einzelhandel ist dies ein besonderer Abend, denn sie dürfen bis Mitternacht geöffnet bleiben. Es herrscht Jahrmarktsatmosphäre. Vor einem Ein-Euro-Geschäft lächelt ein meterhoher Bär den Schrannenplatz an, das Geschäft mit Seifenblasen, Partyhüten und Scherzartikeln brummt. "Es sollte jeden Monat ein solches Festival geben, dann könnten wir besser überleben", fasst Bozena Bachmatiuk-Stupka, Inhaberin einer Boutique, den Standpunkt der Geschäfte zusammen.

Das gute Wetter hat bei dem Festival Tradition. "Komischerweise ist zu Jazz in allen Gassen immer gutes Wetter", sagt Denise Malecki aus Dachau. Der Kontrast zum Wetter der letzten Tage könnte nicht deutlicher sein. "Nach den ergiebigen Regenfällen der letzten Tage waren die Besucher geradezu gierig darauf, endlich an der frischen Luft ein Festival zu feiern", so Kulturamtsleiter Schneider: "Dies dürfte zum Besucherrekord beigetragen haben."

Von den Bands hat Äl Jawala aus Freiburg am meisten begeistert. Mit feurigen Balkan-Beats brachten sie das junge Publikum am Rathausplatz zum Tanzen. Die Lokalmatadore der Amper Stompers hatten am Pfarrplatz ein älteres, gesetztes, aber sehr heiteres Publikum vor sich.

Die Besucher zeigten sich vom Festival insgesamt hingerissen, wenn auch das beschränkte Angebot an Speisen bemängelt wurde. "Ohne Autos ist die Altstadt geschmeidig", fasste Besucherin Denise Malecki zusammen. "Ich gehe zwar auf keine Konzerte, aber hier ist auch gute Stimmung", sagte Daniela Stellner, die am Prosecco-Stand arbeitete. "Es ist hier sehr schön, voll, lebendig. Die Atmosphäre stimmt. Ich komme wegen des Flairs, die Bands sind mir gar nicht so wichtig. Es ist auch sehr gut organisiert, egal ob es um Müll oder Toiletten geht", sagte Fabian Diepold. Vollurinierte Hauseingänge, Pöbeleien und Müllberge würde er schnell registrieren - er wohnt in der Altstadt.

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