Jazz e.V. Dachau:Neigung zum langen Atem

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Das neue Programm des Jazz e.V. zum Frühjahr präsentiert stilistisch unterschiedliche Ensembles.

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Allmählich zerfließen die konzeptionellen Grenzen zwischen dem Frühjahrsprogramm des Jazz e.V. in Dachau und dem internationalen Herbst. Ursprünglich sollten die ersten Monate des Jahres den Entdeckungen vorbehalten sein, während im letzten Jahresviertel die Großen des Jazz auftreten. Nun, dass Tony Malaby jetzt schon im Februar aufspielt, dass auch der Gitarrist Scott Dubois wieder in Dachau präsent ist und mit ihm der deutsche Saxofonist Gerhard Ullmann dürfte die Freunde der Freien Musik, wie sie der Dachauer Kulturverein traditionell präsentiert, sicher erfreuen. Dazu wird das St. Øhl-Trio aus München zu hören sein und schließlich noch Tim Berne mit seiner Formation Snakeoil aus den USA.

Tony Malaby

Vor ungefähr drei Jahren begeisterte Tony Malaby in Dachau. Damals trat er mit seinem Trio auf, das sich auf eine Musik der Verhaltenheit und der Reduktion konzentrierte. Damals endete das Konzert mit einem Moll-Akkord des Bassisten William Parker, und es begann mit einem Ton von Tony Malaby, der das Rätsel seines wunderbar warmen Timbres barg. Der Saxofonist hauchte in sein Instrument. Es ist sein Atem-Ton, Malabys Blues. Mindestens so ungewöhnlich, und doch von einer speziellen Harmonie beseelt, dürfte das Konzert am Samstag, 7. Februar, in der Kulturschranne werden. Denn Malaby kommt mit einer in der Besetzung sehr ungewöhnlichen Formation. Er bringt den Tubaspieler Dan Peck und den Cellisten Christopher Hoffmann mit; dazu den Schlagzeuger John Hollenbeck. Der Titel des Ensembles ist gleichzeitig Programm: "Tubacello".

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(Foto: Toni Heigl)

Das Frühjahrsprogramm des Jazz e.V. ist ein Stelldichein in Dachau bekannter Musiker aus Europa und den USA. Wie eben der Saxofonist Tom Malaby...

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(Foto: Toni Heigl)

...oder der Gitarrist Scott DuBois, der gemeinsam mit dem deutschen Saxofonisten Gebhard Ullmann auftritt.

Soleil Bantu

Das Percussion-Ensemble Soleil Bantu ist ein Grenzgänger zwischen Jazz und Folklore und bezeichnet seinen Ansatz als "afrikanische Weltmusik". Im Mittelpunkt steht am Freitag, 26. Februar, der Rhythmus. Kürzlich, auf einem Konzert in Gauting bei München hörte sich das so an: "Die Intro war ein Statement. Gleich mit drei Baumstämmen, den Schlitztrommeln Krin, ließ die Formation Soleil Bantu wissen, wo die Wurzeln der Musik liegen. Der Frontmann und Kopf des Ensembles, Biboul Darouiche, stammt aus Kamerun und ist mit Herz und Seele in der Bantu-Tradition geerdet. Und dieser intensive Trommelgroove ging durch Mark und Bein, hielt einen gefangen, auch wenn man mit der Zeit seine Präsenz gar nicht mehr bewusst wahrnahm."

Scott DuBois

Mit dem Begriff Klangbild ließ sich treffend beschreiben, was das Scott DuBois Quartet vor ungefähr drei Jahren in der Kulturschranne inszenierte. Es waren Bilder von Landschaften, die vor dem geistigen Auge des Zuhörers entstehen - von Weite und von Raum. Deswegen hieß die damals vorgestellte CD des Quartetts "Landscape Scripture" und zeigte auf dem Cover ein Gemälde von Claude Monet, aus dessen Bilderzyklus Haystacks (Heuhaufen). Scott Dubois ist am Samstag, 5. März, nun schon zum dritten Mal in Dachau zu hören. Über seine neue CD "Winter Light" urteilte der Bayerische Rundfunk: "Es ist Musik, in der bei aller Ruhe der zum Teil beschaulichen Bild-Vorgaben viel passiert. Und wie man hineingetragen wird in eine packend schöne Klanglandschaft, so tragen einen die letzten wieder sanft hinaus."

St. Øhl-Trio

Der erste Auftritt des St. Øhl-Trios reicht in eine Zeit zurück, als der Jazz e.V. noch auf der Bubu-Bühne im ehemaligen Café Teufelhart beheimatet war. Jetzt kommt es am Samstag, 9. April, wieder nach Dachau; allerdings in die Kulturschranne. Für die SZ ist dessen Musik "High-Energy-Free-Jazz" wie man sie lange nicht gehört hat. Dabei stehen mit Flo Haas am Tenorsaxofon und Querflöte, Stephan Lanius am Kontrabass und Günter Hillenmeyer am Schlagzeug nur drei Musiker auf der Bühne, die das Ziel verfolgen, kreative Hochspannungsmusik in Perfektion zu erzeugen. Energie als Credo. Mit den Worten der Musiker: "Es gibt keine falschen Töne - nur faule Ohren."

Tim Berne Snakeoil

Das Urteil der wohl wichtigsten deutschen Jazzzeitung über Tim Berne und der Ban Snakeoil, des Jazz-Podiums ist euphorisch: Demnach hat sich Snakeoil mit dem zweiten ECM-Album "Shadow Man" selbst übertroffen: "In ihren bisher vier gemeinsamen Jahren haben Berne und seine Band, die aus den New Yorker Spitzenmusikern Matt Mitchell (Piano und Wurlitzer), Oscar Noriega (Klarinetten) und Ches Smith (Percussion) besteht, ein an Telepathie grenzendes Spielverständnis entwickelt." Die Telepathen schließen am Samstag, 5. Mai, das Frühjahresprogramm ab.

Frühjahrsreihe des Jazz e.V. in der Kulturschranne: Tubacello, Samstag, 7. Februar. Soleil Bantu, Freitag, 26. Februar. Scott- Dubois-Quintett, Samstag, 5. März. St.Øhl-Trio, Samstag, 9. April. Tim Berne Snakeoil, Samstag, 7. Mai. Sämtliche Konzerte beginnen um 20 Uhr. Karten und Reservierungen unter www.jazzev.de.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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