Jahresrückblick Dachau:Von Nullnummern und einem ewigen Biermonopol

In Dachau gab es 2010 Ärger mit der Uefa, dem Innenministerium und der Spatenbrauerei. Auch wenn die großen Skandale ausblieben, langweilig war es nie. Ein Rückblick in Bildern.

M. Staudinger

13 Bilder

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Quelle: DAH

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Dachau ist keine Kleinstadt wie jede andere: 2010 gab es Ärger mit der Uefa, dem bayerischen Innenministerium und der Spatenbrauerei. Auch wenn die großen Skandale ausblieben, langweilig war es in Dachau gewiss nicht. Ein Rückblick.

Die SPD auf Schrumpfkurs

Für die Sozialdemokraten im Dachauer Stadtrat begann das neue Jahr miserabel: Sie verloren Ende Januar ein Fraktionsmitglied. Petra Böhm wechselte zur FDP. In der SPD fühle sie sich einfach nicht mehr länger wohl, sagte sie. Die Liberalen jubelten. Sie haben seitdem zwei Stadtratsmitglieder und damit einen Sitz in den Ausschüssen. Jetzt können sie richtig mitmischen.

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Vom Vorzeigeprojekt zur Nullnummer

Die Stadtmarketing Dachau galt bayernweit als Vorzeigeprojekt: Ihre Organisation als Genossenschaft sei wegweisend, sie sollte die Werbegemeinschaften in Dachau endlich vereinen, der Citymanager wieder Schwung in die Altstadt bringen. Doch die Organisation um Chefin Josefa Westermann scheiterte. Die erste Citymanagerin Sonja Lencik verabschiedete sich im Streit, von der zweiten Sandra Pilz (Foto) hörte man nur wenig. Nach nur zwei Jahren ging das Geld aus, die Genossenschaft löste sich im Frühjahr auf.

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Prominenz in Dachau

Er ist der erste Bundespräsident gewesen, der die KZ-Gedenkstätte in Dachau besuchte: Horst Köhler hielt am 2. Mai eine Rede zum 65. Jahrestag der Befreiung. Die Sicherheitsvorkehrungen waren enorm. Sogar die Alte Römerstraße wurde gesperrt. Wenige Wochen später, am 31. Mai, trat Köhler vollkommen überraschend zurück. Seinen Nachfolger Christian Wulff zieht es auch nach Dachau. Er will 2012 kommen.

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Ein Alleingang, der keiner war

Im Mai war die Aufregung groß: Der Familien- und Sozialausschuss des Stadtrats beschloss, die drei Dachauer Hauptschulen in Mittelschulen umzuwandeln - ohne Absprache mit den anderen Gemeinden im Landkreis. "Das ist Kirchturmpolitik", schimpfte Bürgermeisterobmann Konrad Wagner aus Altomünster. Der Ärger legte sich aber relativ schnell, der Alleingang Dachaus ist dann doch keiner gewesen. Für alle Hauptschulen wurde eine Lösung gefunden, der befürchtete Schülertourismus blieb aus.

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Man trägt Schwarz-Rot-Gold

Auch wenn die Fußball-Weltmeisterschaft 2010 nicht in Deutschland, sondern in Südafrika stattfand: Die Dachauer feierten. Bei allen Spielen der deutschen Nationalmannschaft gab es erstmals ein Public Viewing vor dem Rathausplatz, der Stadtrat ließ für das Fanfest extra die Straße sperren. Nach jedem Sieg glich die Münchner Straße einem Fahnenmeer, Autokorsos quälten sich über den Altstadtberg. Und das, obwohl es zum Titel wieder nicht gereicht hat. Dann eben 2014 in Brasilien. Den Feiern steht nichts im Wege - höchstens die Zeitverschiebung.

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Der große Durchbruch bleibt aus

Bemerkenswert waren die Aktivitäten der Bürgerinitiative "Kontra Kohlestrom Dachau" schon: Sie kämpfte gegen die Beteiligung der Stadtwerke Dachau an den Kohlekraftwerksprojekten in Lünen und Krefeld. Es kommt nicht oft vor, dass Bürger gegen etwas protestieren, das gar nicht vor ihrer eigenen Haustüre ist, und sogar einen Bürgerentscheid durchsetzen. Der war auch erfolgreich: Eine Mehrheit der Wähler sprach sich gegen Kohlestrom aus. Gebracht hat der Entscheid allerdings wenig. Die Beteiligung an Krefeld, die gekippt worden ist, war ohnehin nie fest beschlossen, und aus den Verträgen in Lünen können die Stadtwerke voraussichtlich erst 2032 aussteigen.

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Quelle: Toni Heigl

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Das Biermonopol am Volksfest soll fallen

Im Grunde genommen ist diese Diskussion nicht neu. Ganz im Gegenteil, im Stadtrat wird sie jedes Jahr vor dem in ganz Bayern bekannten Volksfest geführt. Warum eigentlich, so fragte ÜB-Fraktionschef Peter Denk, liefert immer nur Spaten das Festbier und nicht die Brauereien aus dem Landkreis? Die Antwort ist für Stadtverwaltung und Stadtratsmehrheit klar: Weil nur eine Großbrauerei wie Spaten den unschlagbar günstigen Preis von 4,90 Euro bieten kann. Und die kleinen Zelte sind ohnehin nicht an Spaten gebunden - verkaufen das Bier aber trotzdem. "Weil es halt so gut schmeckt", sagte CSU-Stadtrat und Spatenbier-Fan Manfred Sers. Bewährtes gibt man halt so einfach nicht auf, auch 2010 nicht.

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Quelle: DAH

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Da wurde wohl eine Kleinigkeit vergessen

Ein bisschen peinlich ist das schon: Da bauen Stadt und Landkreis ein riesiges Schulzentrum im Stadtteil Augustenfeld - eine Berufsschule, eine Grundschule, die Montessori-Schule und die neue Realschule. Bis auf letztere stehen auch schon alle Gebäude. Und dann fällt auf, dass es eigentlich gar keinen Platz für die Schulbusse gibt. Aufwendige neue Pläne mussten her, der Standort der noch zu bauenden Turnhalle wurde in Frage gestellt. Doch Freiflächen lassen sich eben nicht herzaubern. Egal, jetzt stoppen die Busse halt in Buchten an der vielbefahrenen Theodor-Heuss-Straße. Die Sicherheitsbedenken bleiben.

Dachau City 95 fanclub fc bayern

Quelle: privat

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Dachau - für die Uefa eine Beleidigung

Damit hatte der europäische Fußballverband sicher nicht gerechnet. Im Champions-League-Finale 2010 verbot die Uefa Bayern-Fans, ein Banner mit der Aufschrift "Dachau" im Stadion aufzuhängen. Ein solches Transparent stelle ein Sicherheitsrisiko dar, weil es beleidigend auf andere wirken könnte. Der Städtename Dachau könne als Nazi-Symbol verstanden werden, argumentierte der Verband. Fans und Politiker aus Dachau protestierten. Der Deutsche Fußballbund (DFB) schaltete sich ein - die Uefa entschuldigte sich kurz vor Weihnachten. Von sofort an sind Banner mit dem Schriftzug "Dachau" wieder erlaubt.

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Quelle: Foto: Joergensen

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Vielversprechender Start

Die Schranne in der Dachauer Altstadt wurde von vielen nur noch als Millionengrab beschimpft. Der Stadtrat ließ die einstige Kirchenschule für viel Geld zu einer Markthalle mit Gastronomie umbauen, das Konzept scheiterte. Seit November versucht die Stadt es nun mit einer neuen Strategie: Die Künstlervereinigung Dachau (KVD) ist mit ihrer Galerie ins Erdgeschoss eingezogen. Oben gibt es eine Kleinkunstbühne, die von Kulturamtsleiter Tobias Schneider koordiniert wird. Singer-Songwriter-Konzerte, Poetry Slams, Lesungen wie "Der Fönig" von Karen Breece und Stephan Auer (Foto), Aufführungen vom Hoftheater Bergkirchen und Konzerte des Jazz e.V. kommen beim Publikum ebenso an wie das gastronomische Angebot von Wirt Michael Maurer, der auf regionale Küche setzt. Das Programm für Januar und Februar steht bereits. Ein Highlight: Die beiden Dachauer Bands Lupin und Trio Cord treten am 29. Januar auf. Ein Blick in den städtischen Veranstaltungskalender lohnt sich auch 2011.

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Quelle: DAH

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Dann soll der Bürger eben in München einkaufen

Von einem Skandal will Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) nicht sprechen, und schon erst recht nicht von Mauschelei oder Hinhaltetaktik. Komisch war es trotzdem. Drei Jahre lang verhandelte er immer mal wieder mit dem Dachauer Unternehmer Franz Xaver Romig über den Umzug des Obi-Baumarkts und die gleichzeitige Ansiedlung eines Media-Marktes. Dann wurde die Sache öffentlich, und prompt im Bauausschuss abgelehnt. Der Elektrofachmarkt soll in die Innenstadt, so die herrschende Meinung. Bloß hat Media-Markt bereits mitgeteilt, dass das Unternehmen das keinesfalls tun wird. So wird der Dachauer eben auch 2011 nach München fahren müssen, wenn er Auswahl beim Kauf eines neuen Fernsehers haben will. Macht vielleicht auch nichts, schließlich kauft man so etwas auch nicht jeden Tag.

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Quelle: Toni Heigl

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Das Innenministerium redet mit

Für eine Entscheidung im Bauausschuss gab es massive Kritik: Ein Bauträger wollte auf seinem Grundstück in der Hermann-Stockmann-Straße größer bauen als ursprünglich geplant - die Mehrheit des Gremiums stimmte diesem Ansinnen zu. Damit war das Areal plötzlich viel mehr wert. Der Vorbesitzer, der gemeinnützige Kinderschutzverein, sah sich betrogen, weil er das Grundstück 2004 zu einem geringeren Preis verkauft hatte. Durch die nachträgliche Baurechtsmehrung entgeht ihm nach eigenen Angaben ein Betrag in sechsstelliger Höhe. Die SPD sah in dem Beschluss des Bauausschusses eine Fehlentscheidung und schaltete das Innenministerium ein. Das wiederum prüfte die Genehmigung in allen Einzelheiten - mit dem Ergebnis, dass sie rechtmäßig war. Es kommt trotzdem nicht oft vor, dass Landesbehörden derart direkt in der Dachauer Kommunalpolitik mitreden.

Staatskanzlei weist Rechnungshof-Kritik an Umfragen zurück

Quelle: dpa

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Schwarze Querdenker

CSU-Fraktionschef Christian Stangl hat sicherlich keinen leichten Job: Er muss die Meinungen von 17 Fraktionsmitgliedern und dem Oberbürgermeister koordinieren. Die Fraktionstreffen finden immer montags statt - und dauern oft bis spät in die Nacht. In den meisten Fällen lohnt es sich für Stangl, die CSU stimmt ja ohnehin immer geschlossen ab. Immer? Nein, 2010 fanden sich grobe Abweichler in den eigenen Reihen. In der Mittelschulfrage war man sich uneins, und auch darüber, ob die Friedenstraße neben der Feuerwehr der richtige Standort für eine Kinderkrippe ist. Es gab CSUler, die einen Media-Markt in der Innenstadt haben wollten und andere, die ihn im Gewerbegebiet sahen. Beim Zuschuss für die Integrative Stadtentwicklung stimmten OB und Stadträtin Christine Unzeitig gar mit den anderen Fraktionen und verhalfen so der "Opposition" zu einer Mehrheit. Stangl kann das gelassen sehen - schwarze Querdenker sorgen immerhin für Abwechslung im Stadtrat, hoffentlich auch 2011.

© sueddeutsche.de/tob
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