Jahreshauptversammlung:Am Puls der Zeit

Jahreshauptversammlung: Rudi Scherer sieht die ehrenamtliche Führung eines großen Sportvereins schon am Arbeitsaufwand scheitern.

Rudi Scherer sieht die ehrenamtliche Führung eines großen Sportvereins schon am Arbeitsaufwand scheitern.

(Foto: Toni Heigl)

Der ASV will seine Strukturen ändern und dem größten Sportverein der Stadt eine hauptamtliche Führung ermöglichen. "Ehrenamtlich wird das unmöglich", sagt der Vorsitzende Rudi Scherer

Von Christine Heumann, Dachau

Dachaus größter Sportverein muss in absehbarer Zeit Lösungen präsentieren, die ihn in eine sichere und der Zeit angepasste Zukunft führen. Eine der Kernfragen stellte Vereinsvorsitzender Rudi Scherer auf der Jahreshauptversammlung des Klubs: "Kann ein Großverein mit mehr als 4000 Mitgliedern, 600 Kursteilnehmern, einem Haushaltsvolumen von zwei Millionen Euro pro Jahr, sechs Angestellten in der Verwaltung, vier im Sportbetrieb, 400 Trainern und Übungsleitern noch ehrenamtlich geleitet werden?" Er lieferte auch die Antwort: "Eine ehrenamtliche Führung wird immer schwieriger bis unmöglich." Sie scheitere schon am Arbeitsaufwand, der für die Vorstandsmitglieder wöchentlich mindestens 20 Stunden betrage, ebenso wie an Haftungsfragen und wachsender Bürokratie.

In der Konsequenz sei, so Scherer, eine Struktur- und Satzungsänderung der einzig vernünftige Weg. Demnach soll eine Delegiertenversammlung einen Aufsichtsrat wählen. Der wiederum bestellt den Vorstand, der die Geschäfte auch hauptamtlich führen kann. Dazwischen fungiert ein Vereinsrat in beratender Funktion. Der ASV folgt damit einer Option, die der Freiburger Kreis, eine unabhängige Arbeitsgemeinschaft größerer deutscher Sportvereine, erarbeitet hat.

Im ehrenamtlich tätigen Aufsichtsrat könnten die jetzigen Vorstandsmitglieder sitzen, die den Verein strategisch steuern und den hauptamtlichen Vorstand, der aus der jetzt schon fest angestellten Geschäftsführung bestehen könnte, kontrollieren. Somit handeln die bisher schon Verantwortlichen lediglich in neuen Rollen. In Rollen, das zeigen nicht nur die Erfahrungen des Freiburger Kreises, die den Anforderungen der Praxis weitaus besser gerecht werden.

"Schon heute übernehmen in unserem Verein hauptamtliche Angestellte immer mehr Führungsarbeiten", sagt Rudi Scherer. Als ein Beispiel führt er die Sparte Gymnastik und Gesundheitssport an, deren Abteilungsleitung aus zwei ehrenamtlichen und drei hauptamtlichen Kräften besteht. "Nur mit Ehrenamtlichen wäre hier der Sportbetrieb mit 2000 Mitgliedern und 50 Trainern nicht zu stemmen." Faktisch, so Scherer, stelle der ASV mit einer angepassten Satzung und einer neuen Struktur die aktuellen Vorgehensweisen und bestehende Praxis nur auf eine rechtlich sichere Basis. Das Modell mit ehrenamtlichem Aufsichtsgremium und hauptamtlichem Vorstand ist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zulässig. Es wird laut Freiburger Kreis von Vereinen unterschiedlicher Größe erfolgreich praktiziert.

Den zweiten Schwerpunkt widmete Scherer den Planungen für den Ersatzbau der Georg-Scherer-Halle. Der Verein habe der Stadt Dachau eine Betriebs- und Nutzungsbeschreibung zur neuen Sporthalle mit allen Erweiterungsräumen und erste Vorschläge über Finanzierungsmöglichkeiten vorgelegt. Dabei müsse die Darlehensaufnahme des ASV so limitiert werden, dass er handlungsfähig bleibe. Die Stadt wiederum hat in ihrem Etat 2017 insgesamt 340 000 Euro Planungskosten eingestellt. "Mit den vom Stadtrat genehmigten Zuschüssen sind wir in der Lage, alle Vorarbeiten bis hin zur Entwurfsplanung eines Architekten zu finanzieren", sagte Scherer.

Kopfzerbrechen bereitet dem Vorsitzenden die Standortfrage. Aktuell vorgesehener Platz des Neubaukomplexes ist das Gelände der heutigen ASV-Tennisanlage. Sollte es bei diesem Standort bleiben, benötigt die Tennisabteilung eine neue Heimat. "Dann muss eine zukunftsfähige und gute Lösung für 380 Tennisspieler gefunden werden", sagte Scherer. Und diese Lösung sieht er im Moment nicht.

Aktuell werde noch immer eine Verlegung der ASV-Plätze auf die Streuobstwiese südlich der Anlage der Tennisfreunde geprüft. "Dieses Gelände ist im Flächennutzungsplan vor 40 Jahren als künftiges Sportgelände ausgewiesen worden", erinnerte Scherer. Inzwischen gibt es dort aber die als "wertvoll und erhaltenswert" angesehene Streuobstwiese und einen Wertstoffhof. "Alle an einem Umzug beteiligten Institutionen, also die Stadt, der Landkreis Dachau, die Tennisfreunde, die Freunde der Streuobstwiese und natürlich auch der ASV bemühen sich um eine Lösung, haben aber jeweils eigene Vorstellungen", so der ASV-Vorsitzende. Die Kompromisse, die notwendig seien, um allen Bedenkenträgern entgegenzukommen, führten dazu, dass ein Resultat schwer vorstellbar sei. Scherer sagte: "Von einer Ideallösung für unsere Tennisabteilung entfernen wir uns aktuell mehr denn je."

Es sei an der Zeit, dass alle Beteiligten umdenken. Mit ihm werde es keine Notlösungen geben, die von vorneherein zum Scheitern verurteilt sind. Zudem sei der Vorstand des ASV Dachau jedem Mitglied gleichermaßen verpflichtet - auch den Tennisspielern. Der SZ sagte Scherer, er werde noch einmal alle Standortfragen überprüfen lassen, für den Hallenneubau und die Tennisanlage. Der Vorstand um Rudi Scherer wurde von der Mitgliederversammlung einstimmig im Amt bestätigt.

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