Interview:"Stubenmusi gegen die Idiotisierung"

Interview: Seit mehr als drei Jahrzehnten begeistern die "Wellküren" ihr Publikum mit bayerischer Stubenmusik, Dreigesang und Kabarett. Nebenberuflich sind die drei Schwestern Burgi, Bärbi und Moni (von links) Hausfrauen, Mütter und Großmütter, wie sie sagen.

Seit mehr als drei Jahrzehnten begeistern die "Wellküren" ihr Publikum mit bayerischer Stubenmusik, Dreigesang und Kabarett. Nebenberuflich sind die drei Schwestern Burgi, Bärbi und Moni (von links) Hausfrauen, Mütter und Großmütter, wie sie sagen.

(Foto: Toni Heigl)

Moni Well über das aktuelle Programm der "Wellküren", das Aufwachsen in einer hochmusikalischen Großfamilie und darüber, ob die Gruppe auf der Bühne politischer geworden ist

Von Benjamin Emonts

Moni Well wirkt jung geblieben - frisch und munter erzählt sie drauf los. Und es gibt ja auch viel zu berichten. Die 57-Jährige tourt mit ihren Schwestern Burgi und Bärbi seit mittlerweile 32 Jahren als "Wellküren" durch den deutschsprachigen Raum. Ihre Kombination aus bayerischer Stubenmusik und Kabarett kommt nach all den Jahren immer noch gut an. Pro Jahr seien es um die 80 bis 90 Auftritte, erzählt Well, das sei zwar anstrengend, aber immer noch spaßig. Zum Landkreis Dachau haben sie eine besondere Beziehung. Die Weilachmühle in Thalhausen bei Altomünster ist mit dem Namen Well eng verbunden. Eines der Well-Geschwister war hier lange Wirt. Am Samstag sind sie auf der Geretrsieder Kulturbühne "Hinterhalt" zu Gast.

SZ: Frau Well, der hiesige Landkreis versinkt gerade im Schnee. Haben Sie schon einen Hubschrauber oder ein Schneemobil für Samstagabend gechartert?

Moni Well: Na, um Gottes Willen, ökologisch wäre das nicht vertretbar. Wir haben einen Sharan, einen Diesel (lacht). Der ist auf alle Fälle ein Panzer, damit kommt man überall durch.

Es ist aus heutiger Sicht kaum vorstellbar: Sie sind als jüngstes von insgesamt 15 Geschwistern aufgewachsen. Wie lief das damals ab in ihrem Elternhaus?

Das ist natürlich toll, mit so vielen Geschwistern aufzuwachsen. Man entwickelt ein super Sozialverhalten, nicht umsonst sind einige meiner Geschwister und ich in sozialen Berufen tätig gewesen. Das birgt Vorteile, aber natürlich auch Entbehrungen. Nachteil als Jüngste war, dass ich immer die Klamotten von den anderen anziehen musste. Die haben dann teilweise schon ziemlich ramponiert ausgeschaut, wenn sie bei mir angekommen sind. In der heutigen Zeit wäre das alles gar nicht mehr möglich, allein schon von den Räumlichkeiten her. Unser Vater war damals Lehrer und es gab Lehrerwohnungen. Er hat sich beruflich immer dorthin orientiert, wo es die größte Wohnung gab. So sind wir irgendwann in Oberschweinbach in der Gemeinde Günzlhofen gelandet. Die Schulräume waren genau über unserer Wohnung, der Schulweg war deshalb ziemlich kurz.

Welche Rolle hat das Musizieren im Familienkreis gespielt?

Die Musik war das Mittel meiner Eltern, alle zu verbinden und die Familie zusammenzuhalten. Ich weiß noch, dass ich mit zwei oder drei Jahren schon auf der Bühne gestanden bin. Man ist da einfach mit reingewachsen.

Seitdem ist viel Zeit vergangen, "Abendlandler" ist bereits Ihr 14. Programm. Was steckt hinter dem Namen?

Der Name ist angelehnt an das Älterwerden und daran, dass der Begriff von der rechten Szene besetzt wird. Das wollen wir nicht zulassen. Wir sehen uns sozusagen als die Retterinnen des Abendlandes. Ein paar feste Anker braucht man einfach.

Sie spielen damit auf die fremdenfeindliche rechtspopulistische Organisation Pegida an, die sich gegen die angebliche Islamisierung des Abendlandes einsetzt. Die Antwort darauf in Ihrem Programm ist nun die "Stugida"-Bewegung...

Richtig. Stubenmusik gegen die Idiotisierung des Abendlandes. Wir wollen die rechte Bewegung damit ein bisschen ins Lächerliche ziehen und einen Gegenpol setzen. Man darf denen nicht so eine Wichtigkeit geben. Je mehr man über die spricht, desto schlimmer wird es. Das ist eine Episode, und die geht auch wieder vorbei.

Söder und Trump bekommen auch ihr Fett weg...

Ach die... die kommen nur kurz vor. Mehr haben sie auch gar nicht verdient.

Man hört, die Wellküren seien generell politischer auf der Bühne geworden.

Das wird in letzter Zeit öfter behauptet, aber ich bin mir da nicht sicher. In der heutigen kurzlebigen Zeit ist es auch schwer, über Politik zu singen. Bis ein Lied im Dreigesang richtig sitzt, dauert das ein halbes Jahr - und dann ist das Thema schon lang wieder rum. Das war früher noch anders. Da hatte man noch langlebigere Feindbilder wie den Strauß oder Wackersdorf. Heute behandeln wir aktuelle Themen dann eher im Wortkabarett. Aber das macht das ganze Programm auch abwechslungsreicher.

Die Liedthemen sind eher zeitlos. Im Stück "Mei Oida, der schaut auf mi" singen Sie ein Loblied auf die Ehemänner. Ziemlich ungewöhnlich, dass der Ehemann im Kabarett so gut wegkommt...

Das Lied ist eine Persiflage auf Nina Simones "My Baby just cares for me". Wir haben es geschrieben, um dem Wellküren-Klischee entgegenzuwirken, wir seien drei männerfressende Emanzen, die nichts anderes als den Geschlechterkampf im Sinn haben. Ich zum Beispiel lebe seit über 30 Jahren glücklich, aber kritisch mit meinem Mann zusammen.

Berti Well, eines der 15 Well-Geschwister, war viele Jahre Wirt in der Weilachmühle. Außerdem sind aus den Reihen der Geschwister sowohl die Brüder der Biermösl Blosn als auch die Formation der Wellküren immer wieder auf der Kleinkunstbühne der Mühle zu Gast. Der nächste Auftritt der Wellküren im Landkreis Dachau findet am Samstag, 1. Juni, in Schwabhausen im Gasthof zur Post statt.

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