Integration:"Wir können eine Brücke bauen"

Madeleine Schenk vom Dachauer Forum hat Migranten aus dem Landkreis zu Kulturdolmetschern ausgebildet

Interview von Susanne Schröder-Bergen, Dachau

Brücken bauen zwischen der Herkunftskultur und der deutschen Kultur, damit Integration gut gelingen kann. Das soll den Kulturdolmetschern gelingen, die vom Dachauer Forum in einem mehrere Monate dauernden Kurs ausgebildet wurden. Entwickelt wurde das Projekt von der Stiftung Bildungszentrum Freising und der Caritas Dachau, gefördert haben es die Katholische Erwachsenenbildung München und die Erzdiözese München und Freising. Das Caritas-Zentrum Dachau koordiniert die Einsätze der Kulturdolmetscher. Die SZ hat sich das Projekt von Koordinatorin Madeleine Schenk vom Dachauer Forum genauer erklären lassen.

Was lernt man im Qualifizierungskurs für Kulturdolmetscher?

Madeleine Schenk: Mit unserem Kurs wollen wir Migrantinnen und Migranten dazu ausbilden, dass sie anderen das Ankommen in Deutschland erleichtern können. Dabei steht bei uns aber nicht die Sprache im Mittelpunkt, sondern das "Übersetzen" zwischen Kulturen. Die Inhalte haben wir im Verein Dachauer Forum neu für uns erschlossen, als die vielen Flüchtlinge zu uns gekommen sind. Der erste Qualifizierungskurs startete im November 2016, der zweite begann am 28. April.

Erste zertifizierte Kulturdolmetscher in Dachau

Im Landratsamt erhalten die Kulturdolmetscher ihre Zertifikate. Sie sollen anderen Migranten helfen, sich in Deutschland zurecht zu finden.

(Foto: Robert Kiderle)

Wer arbeitet bei diesem Programm zusammen?

Wir haben als Kursleiterin Meliha Satir-Kainz für uns gewinnen können, die als Sozialpädagogin und systemische Familientherapeutin interkulturelle Fortbildungen anbietet. Der Kurs wurde zusammen mit dem Kardinal-Döpfner-Haus in Freising konzipiert.

Wie ist der Kurs aufgebaut?

Der Kurs besteht aus 28 Theorieeinheiten und einem Praxisprojekt, das in weiteren drei Sitzungen ausgewertet und reflektiert wird. Thematisch geht es in den Sitzungen um Themen wie Gesundheit, Religion oder Kultur.

Aus welchen Ländern kommen die Teilnehmer?

Im derzeitigen Kurs gibt es vier Teilnehmer aus Syrien, zwei aus Togo, einen aus Sierra Leone, eine Person aus Afghanistan und eine aus der Türkei. Wir haben auf einen ausgeglichenen Anteil an Frauen und Männer geachtet und werden das auch in den kommenden Kursen so machen.

Können Sie uns an einem Beispiel erklären, was die Kulturdolmetscher tun?

Eine schon seit 20 Jahren in Deutschland lebende Teilnehmerin aus Afghanistan hat einer afghanischen Familie, die im Zuge des Familiennachzugs nach Deutschland gekommen ist, im Rahmen des Praxisprojekts geholfen. Die Familie, die aus einer höheren sozialen Schicht stammt, benötigte am Anfang Hilfe im Alltag in Deutschland. Es ist sehr hilfreich, wenn sich jemand, der sowohl die eigene Kultur und Sprache als auch die des neuen Landes kennt, um einen kümmern kann. Die Kulturdolmetscherin traf sich dreimal mit der Familie, zeigte ihnen dabei die Stadtbücherei und sprach über das deutsche Schulsystem und Ernährung. Dies waren alles Themen, die auch in unserem Qualifizierungskurs besprochen wurden.

Integration: Madeleine Schenk arbeitet beim Bildungsverein Dachauer Forum als Projektkoordinatorin. Für ihre Kulturdolmetscher-Kurse gibt es bereits Wartelisten, so groß ist das Interesse.

Madeleine Schenk arbeitet beim Bildungsverein Dachauer Forum als Projektkoordinatorin. Für ihre Kulturdolmetscher-Kurse gibt es bereits Wartelisten, so groß ist das Interesse.

(Foto: privat)

Wie groß ist das Interesse an dem Kurs?

Es gibt eine große Nachfrage. Da wir jeweils nur zehn Personen in die Kurse aufnehmen, gibt es für die Kurse Wartelisten.

Wie geht es nach Abschluss des Kurses weiter? Wie werden die Kulturdolmetscher anschließend tätig und betreut?

Die Caritas Dachau begleitet die Kulturdolmetscher nachdem der Kurs beendet wurde. Bereits jetzt werden die Kursteilnehmer eingesetzt, da es sehr viel Arbeit gibt. Wir haben aber noch keine Erfahrungsberichte.

Wer finanziert den Kurs?

Die Finanzierung geschieht über die Erzdiözese München und Freising aus dem Fond Bildung und Flüchtlinge.

Welche Aspekte liegen Ihnen bei dem Programm besonders am Herzen?

Mir ist es wichtig, dass die Migranten eine Brücke zwischen Kulturen bauen können. Die zweite Kultur der Teilnehmer wird als Ressource und Stärke gesehen. Ziel ist, dass mit dieser Qualifikation anderen die Ankunft in Deutschland erleichtert werden kann. Häufig können kleine kulturelle Missverständnisse schnell aus der Welt geschafft werden. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, das Selbstbewusstsein der Teilnehmer zu stärken, nach dem Prinzip Empowerment. Mit ihrer Stärke können sie anderen helfen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: