Indersdorfer Kirchenstiftung:Geheime Fresken unter dem Altar

An Pfingsten wird die Orgel der Indersdorfer Klosterkirche in einer Reinheit erklingen, wie man sie lange nicht mehr gehört hat. Bezahlt hat die Sanierung die Kirchenstiftung. Den Spendern könnte das Modell ganz neue, exklusive Einsichten bescheren

Von Jacqueline Lang, Markt Indersdorf

Von Orgelmusik in der Pfarrkirche Kloster Indersdorf war bereits Anfang des 15. Jahrhunderts das erste Mal die Rede. Seitdem sind viele Jahre ins Land gegangen, und natürlich ist die Orgel von damals nicht mehr dieselbe wie jene, die man heute sehen kann, wenn man mal das Glück hat, die Treppe zur Empore hinaufsteigen zu dürfen. Zumindest das Gehäuse stammt noch aus dem Jahre 1762, als unter Probst Gelasius Morhardt die Kirche im Stil des Rokoko umgestaltet wurde. Seit 1988 wurde die Orgel weder gestimmt noch gereinigt - bis jetzt. Seit Februar dieses Jahres wird das imposante Aerofon endlich auf den neuesten Stand der Technik gebracht, die Pfeifenstöcke werden gereinigt und der Blasebalg erneuert, damit das Orgelspiel spätestens ab Pfingsten endlich "mehr Dampf" hat, wie Andreas Hillreiner es formuliert.

Indersdorfer Kirchenstiftung: Die im Stil des Rokoko ausgeschmückte Barockkirche Mariä Himmelfahrt war bis 1783 Stiftskirche der Augustiner-Chorherren.

Die im Stil des Rokoko ausgeschmückte Barockkirche Mariä Himmelfahrt war bis 1783 Stiftskirche der Augustiner-Chorherren.

(Foto: Toni Heigl)

Hillreiner ist ehrenamtlicher Kirchenpfleger der Filialkirchenstiftung Mariä Himmelfahrt in Indersdorf und weiß daher bestens Bescheid über alles, was sich rund um das Kloster und in den umliegenden Kirchen tut. Vor allem weiß er, was es kostet, diese geschichtsträchtigen Orte instand zu halten: Allein die Kosten für die Orgelsanierung belaufen sich laut Hillreiner auf rund 35 000 Euro. Geld, das die Kirchenstiftung alleine aufbringen muss; die Erzdiözese beteiligt sich nicht an den Kosten. "Die Diözese zieht sich immer weiter zurück", beklagt Hillreiner. Er könne das einerseits verstehen, immerhin gingen auch die Einnahmen durch die Kirchensteuer zurück. Andererseits sei es aber doch auch wichtig, die vielen kirchlichen Kleinode im Landkreis zu erhalten.

Indersdorfer Kirchenstiftung: Das Gehäuse der Orgel ist historisch.

Das Gehäuse der Orgel ist historisch.

(Foto: Toni Heigl)

Schon jetzt könnten Dorfkirchen wie Sankt Ottilia im Ortsteil Straßbach nur notdürftig gegen den Verfall abgesichert werden. Zwischenzeitlich stand auch zu befürchten, dass die Sanierung der Orgel abermals finanziell nicht zu stemmen sein würde. Und das, obwohl bereits um die Jahrtausendwende klar war, dass etwas getan werden muss. Gut zwei Jahrzehnte später war kein weiterer Aufschub mehr möglich. Andernorts, etwa im Falle der Marktkirche Sankt Bartholomäus, bedürfte es zwar auch umfassender Bauarbeiten, weil aber auch hier das Geld fehlt, werden wohl vorerst nur die Wetterseite und der Kirchenturm geweißelt werden können, sagt Hillreiner. Die Kirchenstiftung muss mit dem Geld, das ihr zur Verfügung steht, gut haushalten. Die Erzdiözese gewährt in vielen Fällen nur noch Bauunterhaltszuschüsse, die bei weitem nicht ausreichen.

Indersdorfer Kirchenstiftung: Ein Detail, das bislang kaum jemand zu Gesicht bekommen hat, ist das gotische Motiv in der Rosenkranz-Kapelle.

Ein Detail, das bislang kaum jemand zu Gesicht bekommen hat, ist das gotische Motiv in der Rosenkranz-Kapelle.

(Foto: Toni Heigl)

Hillreiner, der seit dem 1. Januar 2020 im Amt ist, möchte deshalb die Bürgerinnen und Bürger wieder vermehrt für die Kirchen begeistern, sie stärker einbeziehen in geplante Projekte und so - das ist seine Hoffnung - private Spender finden, die Renovierung wie jene der Pfarrkirche Kloster Indersdorf auch dann noch möglich machen, wenn das Geld aus München und Freising noch spärlicher fließt als jetzt schon. Eine Möglichkeit sieht Andreas Hillreiner darin, den Kirchenbesuchern auch Orte zugänglich zu machen, von denen gemeinhin angenommen wird, sie wären nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. "Man kann ja nicht sagen, gebt uns Geld, aber rein dürft ihr nicht", sagt Hillreiner.

Indersdorfer Kirchenstiftung: Kirchenpfleger Andreas Hillreiner.

Kirchenpfleger Andreas Hillreiner.

(Foto: Toni Heigl)

Die Empore, auf der die Orgel steht, könnte so ein Ort zum Entdecken werden. Denn wer hat schon einmal das Kirchenschiff von oben gesehen, wenn das Licht durch die Fenster bricht? Wer hat die detailreichen Fresken des Malers Matthäus Günther schon einmal aus nächster Nähe betrachten können oder gar die Sterbeszene vom Heiligen Augustinus, dem Ordensgründer der Augustiner Chorherren, die von unten gar nicht zu sehen ist? Wer weiß, dass in der Rosenkranzkapelle unterhalb des Altars ein geheimes Fresko den Tod Marias zeigt, das noch aus der Zeit der Gotik stammt und hinter einer Holzverkleidung versteckt ist, weil es nicht mehr zum restlichen Stil der Kirche passt? Und wer hat sich schon einmal in die Sakristei getraut, in der zahlreiche Holzschränke stehen, die mit vergoldeten Bekrönungen verziert sind? Letztere werden derzeit ebenfalls restauriert, und auch jenes Vorhaben ist lange überfällig. Um genau zu sein seit Ende der 1970er-Jahre, als die Kirche letztmalig komplett renoviert wurde. Damals wurde das Projekt auf später verschoben, und fast hätte die Sakristei auch dieses Mal das Nachsehen gehabt. Glücklicherweise habe sich aber das Staatliche Bauamt für die Restaurierung der hölzernen Schränke und Kommoden eingesetzt, die den runden Raum zieren und noch Originale aus dem 18. Jahrhundert sind, berichtet Hillreiner. Zudem wurden die feuchten Stellen an den Wänden hinter den Schränken ausgebessert und das Fresko an der Decke entstaubt, sodass die Farben wieder ein wenig heller leuchten. Im Herbst sollen auch diese Arbeiten abgeschlossen sein, für deren Kosten in diesem Fall nicht die Stiftung aufkommen muss.

Übrigens: Wer genau hinsieht, kann an der Decke unweit des Heiligen Augustinus einen kleinen weißen Fleck entdecken. Auch dazu weiß Hillreiner eine lustige Geschichte, die wohl den wenigsten Indersdorfern bekannt sein dürfte: In den 1980er-Jahren fand in der Sakristei eine kleine Feier statt, irgendwann wollte laut Hillreiner jemand eine Sektflasche öffnen. Dabei sei der Korken an die Decke geflogen und habe den kleinen weißen Fleck hinterlassen.

Wer nun denkt, die Zeiten in denen in der Kirche gefeiert wurde, seien doch längst vorbei, der irrt. Coronabedingt musste die von langer Hand geplante 900-Jahr-Feier des Indersdorfer Klosters im vergangenen Jahr zwar abgesagt werden, doch hätte das Jubiläum stattgefunden, dann hätte man, so Hillreiner, zum Weißwurstfrühstück in der Pfarrkirche geladen. Denn, so sieht der neue Kirchenpfleger das: Die Kirche muss sich öffnen und die Menschen dort abholen, wo sie sind. Nur dann kommen sie auch in die Kirche, um während der Messe dem Orgelspiel zu lauschen.

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