Neueröffnung:"Das Café ist unser kleiner Beitrag für den Umweltschutz"

Repair Cafe

In Markt Indersdorf hat ein Repair Café eröffnet.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Die Fachleute des neuen Reparatur Cafés in Markt Indersdorf wollen etwas gegen die Ressourcenverschwendung der Wegwerfgesellschaft tun.

Von David Holzapfel, Markt Indersdorf

Martin Schimpf kratzt sich am Kopf. Vor ihm auf dem Tisch ausgebreitet, liegen die Einzelteile eines defekten Haarföhns. "Dann schauen wir mal, wo es hängt", sagt der Elektriker und beginnt, die Bauteile eingehend unter die Lupe zu nehmen. Er schraubt, lötet und klebt. Wenig später schließlich läuft der Föhn wieder. Schimpf nickt zufrieden und erntet Schulterklopfen von den Schaulustigen um ihn herum.

Im Gewölbe des Augustiner-Chorherrnmuseums in Markt Indersdorf wurde jetzt ein ganz besonderes Café eröffnet. Sechs Handwerker, die bis auf eine Ausnahme alle bereits im Rentenalter sind, haben hier beschlossen, dem Massenkonsum den Kampf anzusagen. Das Konzept ist simpel: Wer ein defektes Elektrogerät oder Möbelstück hat, kann in das "Reparatur Café" kommen und sich bei der Reparatur fachkundig anleiten lassen. Getreu dem Motto "Hilfe zur Selbsthilfe".

Das Repair Café ist ein kleiner Beitrag zum Umweltschutz

Der Ideengeber für das Projekt ist der 78 Jahre alte Kfz-Meister Josef Westermair. "Das Café ist unser kleiner Beitrag für den Umweltschutz", sagt er. Anstatt kaputte Drucker, Steckdosenleisten und anderes Gerät einfach auf den Müll zu werfen, und damit die jährliche Abfallmenge noch mehr zu vergrößern, soll hier gerettet werden, was noch zu retten ist. Positiver Nebeneffekt: Kaffee und kleine Naschereien sind inklusive.

Die Idee eines "Reparatur Cafés" ist nicht unbedingt neu. Ob in Dachau, Petershausen oder Hilgertshausen-Tandern: In vielen Landkreisgemeinden gibt es bereits Initiativen, die ein Zeichen für mehr Umweltschutz setzen und Müll vermeiden wollen. Nun eben auch in der Marktgemeinde Indersdorf. "Als ich Bürgermeister Franz Obesser von meiner Idee erzählt habe, war er sofort begeistert", sagt Westermair. Auch der Leiter des Indersdorfer Heimatvereins, Anton Wagatha, zeigte sich so angetan von dem Projekt, dass er den Besprechungsraum im Heimatverein als Werkstatt zur Verfügung stellte. Von 14 bis 16 Uhr wird hier nun jeden letzten Samstag im Monat gewerkelt und instandgesetzt.

Repair Cafe

Großer Andrang herrschte schon bei der Eröffnung des Reparatur Cafés im Augustiner-Chorherren-Museum am Samstag in Indersdorf.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Auch bei der Indersdorfer Bevölkerung findet das Angebot durchaus Anklang. "Das ist ein wichtiges Signal für mehr Umweltschutz", sagt eine junge Indersdorferin, die zur Eröffnung des Cafés gekommen ist. Das Gewölbe ist voller Menschen, einige tragen Wasserkocher, CD-Spieler und andere Gerätschaften unter dem Arm herein. Es riecht nach heißem Metall und Filterkaffee. In der Mitte des Raumes sitzen die sechs Handwerker um einen großen Tisch. Um sie verstreut liegen Ersatzteile, Lötkolben und Werkzeugkästen. Die Besucher merken sofort: Hier sind Profis am Werk.

Zum Stammpersonal des Cafés gehören neben Westermair auch der Schreiner Hans Rumler, der Maschinenschlosser Hans Mayr, der Mechaniker Willi Harrer, der Elektriker Georg Weimer und, als einziger noch berufstätiger Kollege, der Elektriker Martin Schimpf. Sie alle arbeiten ehrenamtlich in dem Reparatur Café. Gemeinsam kommen die Männer auf mehrere hundert Jahre Berufserfahrung. Und die sind auch von Nöten: Denn das Innenleben moderner Elektrogeräte wird immer komplexer - für den Laien, und das sind die allermeisten Konsumenten - ist es nicht mehr durchschaubar.

Das Repair Café soll mehr sein als ein Dienstleister

Das führt auch dazu, dass die Neuanschaffung eines Elektrogeräts meist kostengünstiger ist als eine Reparatur, wie eine Studie der Stiftung Warentest belegt. Josef Westermair sieht darin einen der Hauptgründe dafür, dass meist neu gekauft statt repariert wird. Was den Geldbeutel entlaste, sei für die Umwelt mitunter aber eine Katastrophe, sagt der Rentner. Eine im Jahr 2016 vom Bundesumweltamt veröffentlichte Studie zeigt noch einen weiteren Trend auf: Elektrogeräte werden immer kürzer genutzt. Besonders der Anteil von Haushaltsgroßgeräten, die bereits in den ersten fünf Jahren kaputt gehen, nahm deutlich zu. Viele Verbraucher kaufen außerdem frühzeitig ein neues Gerät, obwohl das alte noch voll funktionstüchtig ist. Die Herstellung dieser Produkte verbraucht Ressourcen. Schadstoffe und Treibhausgase belasten die Umwelt. Das Indersdorfer Reparatur Café versteht sich, wie die anderen Reparatur Cafés im Landkreis auch als Antithese zur sogenannten Wegwerfgesellschaft. Mit ihrem Angebot wollen sie den Menschen eine Möglichkeit geben, sich aktiv und anschaulich für mehr Nachhaltigkeit einzusetzen, wie Westermair betont.

Repair Cafe

Kann man den noch reparieren? Willi Harrer untersucht den Elektrogrill von Ella Hofstetter.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Das Café soll jedoch mehr sein als ein Dienstleister. Der soziale Aspekt steht ebenso im Fokus wie die Reparaturen. Dass das geglückt ist, wird bei der Eröffnung des Cafés am Samstagmittag schnell spürbar: Gemeinsam wird getüftelt, gefachsimpelt und gefeiert - ein defekter Küchenmixer wurde soeben wieder in Gang gebracht.

In diesem Jahr wird das Reparatur Café an folgenden Tagen seine Pforten öffnen: Samstag, 27. Juli, Samstag, 28. September, Samstag, 26. Oktober, und Samstag 30. November. Die Reparatur an sich ist kostenlos, eine Spende für entstehende Kosten, etwa durch anfallende Ersatzteile, wird aber erbeten. Für nähere Informationen ist Josef Westermair telefonisch unter 08136/441 erreichbar.

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