Markt Indersdorf:Fallstricke der Bürokratie

Gasthaus Doll

Im Gasthaus Doll in der Gemeinde Markt Indersdorf haben schon viele gefeiert und es sich gutgehen lassen.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Das "Gasthaus Doll" in Indersdorf ist eine Institution - ein Teil seiner Ausbaupläne aber ist bisher am Baurecht gescheitert.

Von Jacqueline Lang, Markt Indersdorf

Das Gasthaus Doll in Ried ist eine Institution und das weit über die Gemeinde Markt Indersdorf hinaus, es ist einer der wenigen Orte, an denen man noch mit vielen Menschen feiern kann. Entsprechend kompliziert gestaltete sich die Debatte über die Frage, ob die Gemeinde die Betreiber dabei unterstützen will, das Grundstück zu überplanen, sprich eine andere Art der Nutzung dort möglich zu machen. Schon seit einigen Jahren planen die Inhaber, das noch bestehende ehemalige Gaststättengebäude abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen, der dann an gleicher Stelle um eine Pension erweitert werden soll. Doch auch wenn das Gasthaus im gemeindlichen Außenbereich liegt und damit als Sondergebiet zählt, birgt dieses Verfahren einige Tücken und wäre für die Gemeinde zwar nicht mit einem finanziellen aber doch mit einem hohen zeitlichen Aufwand für die Verwaltung verbunden. Außerdem fürchten einige Gemeinderäte, einen Präzedenzfall zu schaffen.

Die Idee ist grundsätzlich nicht neu: Bereits im Jahr 2017 stellte die Familie Doll einen Antrag auf Vorbescheid, der von der Unteren Bauaufsichtsbehörde auch genehmigt wurde. Daraufhin wurde ein entsprechender Bauantrag vorbereitet und im Laufe des Jahres 2019 beim Markt Indersdorf eingereicht. Es bestehe, so heißt es in der Sitzungsvorlage, an dieser Stelle demnach Baurecht für die bisher beantragte Errichtung eines Gästehauses "auf Grundlage der erteilten Baugenehmigung". Es gibt jedoch noch einen weiteren Bauantrag aus dem Jahre 2020, der den Anbau von Lagerräumen und die Erweiterung der Anrichte-Küche zum Saal der Gastwirtschaft vorsieht. Eine Entscheidung in diesem Verfahren steht noch aus, weil Unterlagen zum vorbeugenden Brandschutz noch nachgereicht werden müssen. Grundsätzlich steht einer Genehmigung beider Antrage aber nichts im Weg - eigentlich.

Denn Johann Doll als Eigentümer des Anwesens und gleichzeitig Inhaber der bestehenden Gastronomie hat zwischenzeitlich mehrfach bei der Verwaltung des Marktes vorgesprochen und mitgeteilt, dass das zugestandene Baurecht nicht als ausreichend erachtet wird, "um die geplante Pension langfristig und vor allem wirtschaftlich tragbar auszurichten". Laut Doll könnte der derzeitige Zuschnitt der geplanten Zimmer in der Praxis zu Problemen führen und es erforderlich machen, das Gebäude gegenüber der genehmigten Planung zu vergrößern, um brauchbare Zimmer zu ermöglichen. Das Problem daran: Eine Vergrößerung des Vorhabens ist nach dem derzeit geltenden Baurecht ausgeschlossen, weil sich das Vorhaben im baulichen Außenbereich befindet und keine Privilegierung, wie das etwa bei einem landwirtschaftlichen Betrieb der Fall sein kann, vorliegt. Mehrere Gespräche mit der Unteren Bauaufsichtsbehörde im Landratsamt Dachau führten daher letztlich zu dem Ergebnis, dass das gewährte Baurecht bereits an der zulässigen Obergrenze liegt und dass weitergehende Planungen nur nach einer entsprechenden Bauleitplanung zugelassen werden können. Das bedeutet, der Bereich des Anwesens Ried müsste mit einem Bebauungsplan überplant werden, der den Bereich als Sondergebiet ausweist. Gleichzeitig muss der Flächennutzungsplan in einem Parallelverfahren geändert werden, da dieser den Bereich derzeit als Außenbereichsfläche ausweist.

Schon allein das klingt kompliziert, doch es geht noch weiter: Im Zuge der Gespräche sei Doll, so heißt es seitens der Verwaltung weiter, auf die Marktgemeinde zugekommen und habe die Bitte geäußert, neben einer Überplanung für den Bereich der Gastronomie sowie den geplanten Pensionsbetrieb auch noch ein weiteres Wohnhaus bauen zu dürfen. Man habe diesbezüglich bereits Gespräche mit dem Planungsbüro Längst & Voerkelius aus Landshut geführt. Auch in diesem Fall komme nur ein Sondergebiet in Frage, wobei gleichzeitig mit der Aufstellung eines Bebauungsplanes der Flächennutzungsplan geändert werden müsse. Diese durchaus komplexen Verfahren, das merkte Erich Weisser vom Verwaltungsbauamt in der jüngsten Gemeinderatssitzung vorsichtig optimistisch an, hätten "gewisse Aussichten auf Erfolg". Doch dafür braucht es zunächst einen Beschluss der Gemeinde. Nicht betroffen von den Planungen sind die Holzhütten, die der Betreiber der Gaststätte im vergangenen Sommer, als der Biergartenbesuch zwischenzeitlich erlaubt gewesen war, aufgestellt hatte, um im Fall von Regen größere Menschenansammlungen im Innenbereich zu vermeiden.

Gemeinderat Helmut Ebert (FW) sagte, ihm tue es in der Seele weh, dass sich das Verfahren so in die Länge gezogen habe, zumal Doll ja "nichts Außergewöhnliches" wolle. Zudem kritisierte er das Vorgehen des Landratsamts. Denn der gesamte Landkreis einschließlich des Landrats Stefan Löwl (CSU) selbst hätten im Gasthaus Doll schon gefeiert, "aber jetzt wird der Wirt im Regen stehen gelassen". Die nun erforderlich gewordene Sondergenehmigung werde einen "ganzen Rattenschwanz" nach sich ziehen und die Gemeinde viel Arbeit sowie den Antragsteller Doll viel Geld kosten. "Vor 2023 baut der da nix", so Ebert. Die Gemeinde könne aus seiner Sicht nur eines tun: helfen, so schnell und gut es eben gehe. Bürgermeister Franz Obesser (CSU) erklärte, er wolle nicht über andere Behörden richten. Zudem habe sich auch die Landkreisbehörde "bewegt", nur habe es eben am Ende nicht gereicht. Grundsätzlich sprach aber auch er sich klar für das Vorhaben aus. Gastronomische Betriebe mit einem Saal dieser Größe hätten ja mittlerweile innerorts kaum noch Chancen, unter anderem wegen der möglichen Lärmbelästigung.

Simon Reichlmair (CSU) warnte indes vor einer Bevorteilung. Natürlich müsse man das Vorhaben begleiten, und es sei "sehr unglücklich", wie das Ganze gelaufen sei, gleichzeitig würden sich aber sicherlich auch viele andere Baurecht im Außenbereich wünschen. Einen Fehler bei den zuständigen Verwaltungen könne er nicht erkennen, so Reichlmair. Hans Wessner (Umweltdenker) war sogar der Meinung, dass es gerade richtig gewesen sei, das Gasthaus Doll nicht anders zu behandeln als andere Antragssteller, weil der Landrat beziehungsweise das Landratsamt dort Feste veranstalten.

Florian Ebner (BBN) sah die Sache eher pragmatisch: Natürlich sei dieser Sonderstatus nicht ganz konform, aber es würde eben alle das Gasthaus nutzen und daher bestehe ein besonderes Interesse. Und wenn man die Genehmigung nicht erteile komme am Ende noch ein "weiterer Pizzabäcker", aber man habe eine bayerische Wirtschaft weniger. Reichlmair hielt dagegen: Nur weil Doll nicht bauen dürfe, werde er doch nicht die Wirtschaft zumachen. Ebner führte allerdings auch noch ein aus seiner Sicht wichtiges Argument für die Zustimmung des Gemeinderats an: Das Gasthaus spüle sicherlich "gut Gewerbesteuer in unsere Kassen rein". Andreas Geier (BBN) sagte, ihm sei nur wichtig, dass durch das aufwendige Vorhaben nicht andere Bauprojekte nach hinten geschoben würden. Schließlich stimmten alle Gemeinderäte zu, einen Bebauungsplan aufzustellen und den Flächennutzungsplan zu ändern.

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