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Imagepflege:Teurer Glanz

Der Haimhauser Kulturkreis plant ein aufwendiges Theaterstück, dessen Produktion 95 000 Euro kosten soll. Die Gemeinderäte müssen angesichts der hohen Zuschusssumme zunächst schlucken, stimmen aber zu

Von Rudi Kanamüller, Haimhausen

Preise, Auszeichnungen und Lob von allen Seiten: Wenn es um qualitative Kulturarbeit geht, spielt der Kulturkreis Haimhausen im Landkreis Dachau ganz vorne mit. Nach dem sensationellen Erfolg des Haimhauser Sommernachtstraums im Jahr 2015 geht die motivierte Gruppe zum 35-jährigen Bestehen des Kulturkreises nun ein neues Großprojekt an: den "Haimhauser Ball der Vampire 2019". Es ist ein Theaterstück, das an den Kultfilm "Tanz der Vampire" von Roman Polański angelehnt ist. Premiere soll am 28. Juni kommenden Jahres sein. Bis zum 6. Juli sind weitere fünf Aufführungen geplant, heißt es.

Die letzte, entscheidende Hürde auf dem Weg zur Bühnenreife, hat der Kulturkreis jetzt im Gemeinderat genommen: Einstimmig hat das Gremium nach einer engagierten Diskussion beschlossen, dem Kulturkreis nicht nur mit einem Zuschuss in Höhe von 20 000 Euro, sondern auch mit einer Ausfallbürgschaft in gleicher Höhe unter die Arme zu greifen. Insgesamt soll die Theaterproduktion 95 000 Euro kosten. Ein ungewöhnlich riesige Summe für ein Kulturprojekt.

Auch einige Gemeinderäte und Bürgermeister Peter Felbermeier (CSU) mussten angesichts der Höhe der Summe erst einmal schlucken. "Ich bin ehrlich etwas erschrocken, als ich die Zuschusshöhe gelesen habe", sagte Felbermeier. Er machte keinen Hehl aus seiner Meinung, dass er diese Summe anfangs für "zu hoch" empfunden habe. Andererseits sei dies "zweifelsfrei ein Event im Landkreis, das es kein zweites Mal geben" werde. Dazu komme der "unendlich große Aufwand", den der Kulturkreis betreiben müsse.

Auch Ergun Dost (Bürgerstimme) war zunächst skeptisch: "Braucht Haimhausen so ein teures Theaterstück? Muss der Zuschuss so hoch sein? Es geht doch auch billiger." Das Kostenargument wiederum wollte Kulturreferent Josef Heigl (CSU) nicht gelten lassen. "Alles ist in den letzten vier Jahren teurer geworden." Verteile man die Kosten auf vier Jahre - damals fand die letzte große Aufführung statt -, dann sei der Zuschuss "gar nicht so hoch". Heigl gab zudem klar zu verstehen, dass die Aufführung ohne die finanzielle Unterstützung der Gemeinde ins Wasser fallen würde. "Wenn wir nicht kostendeckend sind, dann können wir es nicht machen." Heigl stellte seinen Gemeinderatskollegen die Gretchenfrage: "Wenn ihr das nicht wollt? Theater ist nun mal kein Wunschkonzert." Außerdem könne man jetzt nicht irgendein Bauerntheaterstück machen.

Stattfinden wird die Aufführung wie immer im Hanielischen Theaterstadl, der für rund 400 Menschen Platz bietet. Die Besucher bekommen Rock- und Popmusik der Siebziger und Achtziger zu hören. Mitwirken werden 20 Laiendarsteller, der Chor Stimmbruch, die Münchner Kultband Dr. Will & the Wizards und Mitglieder der örtlichen Blaskapelle, der Haimhauser Dorfmusik. Etwa hundert Personen stemmen ehrenamtlich die sehr teure Theaterproduktion.

Bei der Aufführung handelt es sich um ein neu geschriebenes Stück in Anlehnung an den berühmten Film. Die Charaktere sind neu erfunden und die Handlung speziell auf den Ort Haimhausen zugeschnitten. Die Projektleitung liegt bei einem Team um Sebastian Feldhofer, dem Verwaltungsdirektor des Münchner Volkstheaters. Die Inszenierung stammt von professionellen Künstlern. Regie führt der Münchner Regisseur Philipp Jescheck, der das Stück zusammen mit dem Dramaturgen Carsten Golbeck bearbeiten und inszenieren wird.

Heigls Rede zeigte offenbar Wirkung: Der Kulturreferent erhielt die Unterstützung des Bürgermeisters. "Die Kosten waren bei allen Theateraufführungen noch nie gering", sagte Felbermeier. Außerdem würde das Stück ja komplett auf Haimhausen umgeschrieben. "Das ist es, was die Kosten ausmacht." Außerdem, so Felbermeier, "haben wir dann ein weltweit einziges Unikat". Er werde hundertprozentig zustimmen. "Heute geht es um einen außerordentlichen Zuschuss, aber auch um ein außerordentliches Stück."

Martin Müller (CSU) sagte, dass der Betrag im ersten Moment schon aufhorchen lasse. Aber: "Wir leben von unserem Kulturkreis. Andere haben Schwimmbäder oder Hallenbäder." Den Zuschussantrag des Kulturkreises verteidigte auch Dritte Bürgermeisterin Angelika Goldfuß (ÜWG), die selbst an früheren Aufführungen der Gruppe beteiligt war: "Das ist ein absolutes Aushängeschild. Damit sind wir im Landkreis ganz vorne." Dem stimmte Ingrid Weizmann (SPD) zu: "Damit tut die Gemeinde etwas Gutes. Wir müssen das Gesamtbild sehen." Und CSU-Fraktionssprecher Thomas Mittermair meinte das Projekt sei "positiv für die Dorfgemeinschaft".

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Quelle:
SZ vom 17.12.2018
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