Im Karlsfelder Gemeinderat:Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt

Johann Willibald (CSU) lässt kein gutes Haar an seinem Kollegen Andreas Turner, weil der Bündnis-Mann Flüchtlinge unter fragwürdigen Bedingungen zur Arbeit eingesetzt hat

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

CSU-Gemeinderat Johann Willibald hat seinen Kollegen vom Bündnis für Karlsfeld, Andreas Turner, scharf attackiert. In der Sitzung am Donnerstag las er eine schriftlichen Erklärung vor, in der er Turner vorwarf, mit seinem "Auftreten gegenüber der Bevölkerung und hier im Gemeinderat" dem "Ansehen des kompletten Gremiums" geschadet zu haben. Außerdem forderte er Aufklärung über die von Turner geleiteten Rodungsarbeiten auf einem Gelände an der Bahnlinie. Dort setzte Turner Flüchtlinge unter rechtlich fragwürdigen Bedingungen ein, um eine Schrebergartensiedlung für sie zu errichten. Über das Planieren und Roden einer 2000 Quadratmeter großen Fläche, die Turners Jugendfreund, dem Immobilienmakler Markus Fleischmann gehört, kam das Projekt aber nicht hinaus. Die Untere Naturschutzbehörde ließ die Arbeiten bis auf weiteres stoppen.

Im Karlsfelder Gemeinderat: Andreas Turner vom Bündnis für Karlsfeld ließ Flüchtlinge eine 2000 Quadratmeter große Fläche palnieren und roden, die einem Jugendfreund gehört.

Andreas Turner vom Bündnis für Karlsfeld ließ Flüchtlinge eine 2000 Quadratmeter große Fläche palnieren und roden, die einem Jugendfreund gehört.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Die Abrechnung kam mit Ansage. Schon in der vorangegangenen nicht öffentlichen Sitzung hatte Johann Willibald (CSU) unangenehmen Fragen an seinen Kollegen angekündigt. Der aber erschien nicht. Seine Kollegen vom Bündnis nahmen Willibalds Philippika mit größtem Missfallen auf. In seiner Verärgerung ließ sich Adrian Heim dazu hinreißen, einen Antrag zur Geschäftsordnung zu stellen: Willibald habe seinen Beitrag unter dem Tagesordnungspunkt "Bekanntgaben und Anfragen" eingebracht, Diskussionen seien dort nicht vorgesehen, folglich möge man das Thema beenden. Der erste, der die Hand zur Zustimmung hob, war Johann Willibald selbst. Der Antrag fand breite Zustimmung - und das Bündnis war jeder Chance beraubt, sich oder ihr Fraktionsmitglied Turner zu verteidigen.

Verkehrsreferent

CSU-Gemeinderat Johann Willibald fragte sich ob die von Andreas Turner eingesetzten Flüchtlinge angemeldet und versichert waren.

(Foto: Niels P. Joergensen)

In seiner Anfrage fordert Willibald Aufklärung über eine Reihe von Fragen. Haben die Flüchtlinge eine fachkundige Einweisung in ihre Arbeit erhalten? Wurden sie mit der notwendigen Schutzkleidung ausgestattet? "Auch möchte ich wissen, ob die Flüchtlinge die notwendigen Arbeitsbedingungen, eine gültige Fahrgenehmigung (im Einsatz war auch ein Mini-Bagger; Anm. d. Red.) und ob sie die notwendigen Motorsägenscheine haben." Nach entsprechenden Presseberichten stelle sich für ihn, so Willibald, auch die Frage, ob die Flüchtlinge angemeldet und versichert waren und anständig bezahlt wurden. Der CSU-Politiker warf Turner außerdem vor, sein Amt als Gemeinderat zu missbrauchen. Als er mit den Rodungen loslegte, habe er aufgeschreckten Anwohnern erklärt: "Ich bin Herr Turner, ich bin Gemeinderat, ich darf das." Dazu Willibald: "Richtig ist, Sie sind Herr Turner, Sie sind Gemeinderat, aber deshalb dürfen Sie dies noch lange nicht." Ihn wundere es, dass ausgerechnet Turner, der bei strittigen Punkten sonst immer das passende Gesetz zur Hand habe, bei eigenen Belangen den Unwissenden spiele. Hätten er und der Grundeigentümer nur Gutes im Sinn gehabt, dann hätten sie ihr Vorhaben ja auch "offiziell einspeisen" können, sagte Willibald. "So meine ich aber, dass sie in einer Nacht- und Nebelaktion alle vor vollendete Tatsachen stellen wollten."

Willibald monierte auch zurückliegende Vorfälle, in denen Turner "verdiente Gemeinderatskolleginnen und Kollegen massiv beleidigt" habe. Kritik richtete er auch an Mechthild Hofner, die Vorsitzende der Bündnis-Fraktion. Turner habe auch dem Ansehen ihrer Fraktion geschadet, trotzdem übe sie sich in Zurückhaltung. "Finden Sie sein Vorgehen so in Ordnung?" Hofner versuchte zu antworten, wurde aber von Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) sogleich mit Hinweis auf den Beschluss zur Geschäftsordnung gestoppt: keine Diskussion.

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