Nachmittagsbetreuung in Karlsfeld:"Hier kann man es sich nicht leisten, dass ein Elternteil zuhause bleibt"

Nachmittagsbetreuung in Karlsfeld: Tamara Inan und Elke Ruppert protestieren gegen die geplante Schließung der Hortgruppe in Karlsfeld.

Tamara Inan und Elke Ruppert protestieren gegen die geplante Schließung der Hortgruppe in Karlsfeld.

(Foto: Toni Heigl)

Karlsfeld will die Betreuung für Hortkinder besser planen. Warum das den Familien, die eine Petition gegen eine Gruppenschließung im Kinderhaus St. Josef gestartet haben, nichts mehr nützt.

Von Anna Schwarz, Karlsfeld

Ab nächstem Schuljahr schließt eine der fünf Hortgruppen im Karlsfelder Kinderhaus St. Josef. Das hat zu viel Protest seitens der Eltern geführt: Unter anderem hat sich eine Elterninitiative gegründet, die einen offenen Brief an Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) formulierte und eine Petition im Internet startete zum "Erhalt der fünften Hortgruppe in St. Josef - für eine familienfreundliche Betreuung in Karlsfeld". Daraufhin fand kürzlich ein Gespräch zwischen drei Elternbeiräten von St. Josef, Bürgermeister Kolbe sowie CSU-Gemeinderätin und Leiterin der Verbandsgrundschule Ursula Weber im Rathaus statt. Elternbeirätin Elke Ruppert erzählt, dass es ein sehr offenes Gespräch gewesen sei: "In der Gemeinde hat man sich unsere Argumente gegen die Hortgruppenschließung angehört", aber: "Man hat uns keine große Hoffnung gemacht, dass der Container weiterhin geöffnet bleibt."

Grund für die Schließung ist, dass der Hortcontainer schon seit Jahren marode ist. Den Vorschlag von einigen Eltern, den alten Container durch einen neuen zu ersetzen, lehnt Kolbe ab. Denn dies sei mit erheblichen Kosten verbunden und es würde etwa ein Jahr dauern, bis die Planungen abgeschlossen und der alte Container zurückgebaut ist, so Kolbe. Grünen-Gemeinderätin Heike Miebach möchte dennoch einen Antrag für einen Ersatzcontainer stellen, "wenigstens als Provisorium", schreibt sie.

"Die Geburtenzahlen in der Gemeinde sind wieder ein bisschen zurückgegangen"

Ihr bereits vorliegender Antrag zur "strategischen Planung der Nachmittagsbetreuung von Grundschulkindern in Karlsfeld" wurde am Donnerstag im Gemeinderat diskutiert. Darin fordern die Grünen, dass die Rathausverwaltung eine Hochrechnung erstellt, wie viele Grundschüler aktuell und in den kommenden zehn Jahren einen Platz in der Nachmittagsbetreuung brauchen und wie viele Plätze in Karlsfeld verfügbar sind. Berücksichtigt werden sollen auch Kinder, die in geplanten Karlsfelder Baugebieten, etwa im Anna-Quartier, wohnen werden. Um die Lage zu analysieren, solle die Gemeinde gegebenenfalls eine externe Beraterfirma beauftragen, schreiben die Grünen.

Bürgermeister Kolbe äußerte sich dazu kritisch, denn vor einigen Jahren habe der Gemeinderat schon einmal eine externe Firma für so eine Hochrechnung beauftragt - die lag aber wegen des rasanten Wachstums von Karlsfeld ziemlich daneben und kostete trotzdem viel Geld. Deshalb plädierte er dafür, dass die Gemeindeverwaltung die Hochrechnung erstellt. Außerdem sei es laut Kolbe schwer vorauszusehen, welchen Bedarf an Nachmittagsbetreuung es in den kommenden zehn Jahren geben wird, denn: "Die Geburtenzahlen in der Gemeinde sind in den letzten Jahren wieder ein bisschen zurückgegangen", sagte er.

Den Grünen-Antrag lobte er dennoch als vorausschauend, denn ab 2026 haben Eltern von Grundschülern einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung. Und Kolbe sagte, dass viele Eltern ihre Kinder nachmittags eben nicht zuhause betreuen können, weil sie berufstätig sind: "Wir leben in einer Region, in der man es sich nicht leisten kann, dass ein Elternteil zuhause bleibt."

"Wir müssen noch weiter investieren, um dieses Problem zu lösen."

Auch seine Parteikollegin Ursula Weber verkündete, dass sie dem Antrag zustimmen werde. Dazu erklärte sie, dass es in Karlsfeld derzeit zwar genügend Kitaplätze, aber einen "Engpass bei den Hortplätzen" gebe. Vor allem betreffe das die Kinder ihrer Verbandsgrundschule (VGS). Doch in den kommenden Jahren werde sich die Situation entspannen, so Weber, wenn der Neubau der VGS fertig wird: Dort werde dann offener und gebundener Ganztag angeboten, bei den offenen Ganztagsklassen ist das Angebot am Nachmittag freiwillig, bei den gebundenen verpflichtend. Bis der Neubau fertig ist, gebe es eben Überbrückungsmöglichkeiten für die Nachmittagsbetreuung, "wenn auch nicht wohnortnah", so Weber: zum Beispiel in der Mittagsbetreuung in Allach oder der Grundschule in der Krenmoosstraße. Webers Fazit, was die Verfügbarkeit von Hortplätzen in Karlsfeld betrifft: "Wir müssen noch weiter investieren, um dieses Problem zu lösen."

Für eine bessere Betreuungsplanung schlug SPD-Gemeinderätin Venera Sansone zudem vor, dass Eltern bereits in der Krippe oder im Kindergarten angeben können, dass sie auch in den kommenden Jahren berufstätig bleiben wollen und ihr Kind später einen Hortplatz braucht. Schließlich stimmten alle Gemeinderäte für den Plan, die Nachmittagsbetreuung für die kommenden Jahre strategisch zu planen. Wer das übernimmt, darüber soll der Haupt- und Finanzausschuss demnächst beraten.

"Wir bedauern, dass eine außergewöhnlich gute Betreuungsmöglichkeit schließt".

Mit diesem Beschluss ist den protestierenden Eltern von St. Josef jedoch nicht geholfen. Sie müssen im kommenden Jahr auf die fünfte Hortgruppe verzichten. Tamara Inan, Mutter aus Karlsfeld, schreibt auf der Website der Petition: "Wir bedauern zutiefst, dass eine außergewöhnlich gute Betreuungsmöglichkeit für 27 Schulkinder schließt". Denn die Kinder von der Verbandsgrundschule müssen dann nach dem Unterricht in die zwei Kilometer entfernte Mittagsbetreuung in die Krenmoosstraße gefahren werden, die Busfahrt kostet die Eltern 3,80 Euro pro Tag und pro Kind: "Betroffene Familien müssen es in Kauf nehmen, dass die Kinder mit organisierten Bussen teuer durch die Gemeinde gefahren und am Nachmittag teuer und belastend für Gemeinde und Umwelt mit dem Auto wieder eingesammelt werden."

Die Petition zum "Erhalt der fünften Hortgruppe" findet sich auf: https://www.openpetition.de/petition/online/erhalt-der-fuenften-hortgruppe-in-st-josef-fuer-eine-familienfreundliche-betreuung-in-karlsfeld

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