Horst Seehofer in Puch:Ganz der Alte

Bundesinnenminister Horst Seehofer setzt den Schwerpunkt seiner Rede im Festzelt von Puch auf innere Sicherheit, dabei rückt er Straftaten von Geflüchteten in den Fokus. Von den etwa 1000 Zuhörern erfährt er viel Zustimmung

Von David Holzapfel, Markt Indersdorf

Die Wiesen saftig grün, der Himmel strahlend blau. So wie in Puch muss sich ein Nicht-Bayer wohl das gelobte Land vorstellen. Das Bierzelt ist brechend voll, als Horst Seehofer an diesem lauen Samstagabend kurz vor halb acht aus einer schwarzen Limousine steigt. Der CSU-Kreisverband Dachau und die Ortsverbände in Markt Indersdorf und Hilgertshausen haben den Bundesinnenminister zum politischen Gespräch geladen.

In seiner einstündigen Rede gibt sich der 70-Jährige angriffslustig. Seehofer spricht über Klimawandel, Abschiebungen und die AfD - und findet dabei zum Teil scharfe Worte. Bei den mehr als 1000 Zuhörern kommt das gut an. Über die Probleme, die viele Menschen gerade im Münchener Ballungsraum plagen, nämlich Wohnungsnot und eine unzureichende Verkehrsinfrastruktur, spricht Seehofer an diesem Abend allerdings nicht.

Um den Bundesinnenminister war es in letzter Zeit etwas ruhig geworden. So ruhig, wie es um einen Bundesinnenminister Seehofer eben werden kann. Kontroversen, wie sie etwa seine demonstrative Freude über die Rückführung 69 Geflüchteter nach Afghanistan just an seinem 69. Geburtstag im vergangenen Jahr ausgelöst hatte, schienen zuletzt in weite Ferne gerückt. Ist der Minister etwa altersmilde, gar politikmüde geworden?

In seiner Rede wird schnell deutlich, dass dies ganz und gar nicht der Fall ist. Nach einem humorigen Einstieg kommt der Minister schnell auf Betriebstemperatur, Seehofer spricht über sein Paradethema, die innere Sicherheit in der Republik. Als Bundesinnenminister sei er für die Sicherheit der Bürger verantwortlich, sagt Seehofer. "Geht es um den Bürgerschutz, müssen wir ein starker, kein liberaler Staat sein." Rechtsbrechern dürfe "null Toleranz" entgegen gebracht werden. Rechtsbrecher, das sind in Seehofers Ausführungen vor allem Asylsuchende.

Horst Seehofer in Puch: Horst Seehofer wird von den Eglersrieder Schützen in Puch freundlich empfangen.

Horst Seehofer wird von den Eglersrieder Schützen in Puch freundlich empfangen.

(Foto: Toni Heigl)

Ende Juli stieß ein offenbar psychisch kranker Eritreer, der aus der Schweiz eingereist war, einen achtjährigen Jungen und seine Mutter am Frankfurter Hauptbahnhof vor einen einfahrenden Zug. Die Mutter konnte sich retten, der Junge starb in den Gleisen. Nach einer solchen Tat dürfe man nicht erst nach "1000 Entschuldigungen suchen". Vielmehr müsse "der Syrer", wie Seehofer ihn im Eifer nennt, sofort zur Rechenschaft gezogen werden". Ein anderer Fall: Im vergangenen Jahr tötete ein junger Asylbewerber in Wiesbaden ein junges Mädchen. Als "Fall Susanna" sorgten die Geschehnisse bundesweit für Aufsehen. Über Minuten hinweg schildert Seehofer den Ablauf dieser Taten, die Versäumnisse, die es ihm zufolge in den Asylverfahren der Täter gegeben habe. Sein Fazit: "Keine Toleranz mit Schwerverbrechern."

Das Thema Asylpolitik scheint es Seehofer an diesem Abend angetan zu haben. "Was bin ich kritisiert worden für das, was ich damals gesagt habe", sagt er und lächelt. Damals, 2015, als der Großteil der Flüchtlinge kam - Seehofer war zu diesem Zeitpunkt noch bayerischer Ministerpräsident - sah er schon die "Belastungsgrenze vieler Kommunen überschritten". Er forderte eine Reduktion der Flüchtlingszahlen, eine scharfe Unterscheidung zwischen "wirklich Schutzbedürftigen" und denen "ohne Bleibeperspektive". In Puch sieht der Innenminister all seine Mahnungen nun bestätigt. Das Publikum ist der gleichen Meinung, Seehofers Ausführungen bringen die Zuhörer lautstark in Wallung.

Horst Seehofer in Puch: Die etwa 1000 Zuhörer im Festzelt von Puch begleiten die Ausführungen des Bundesinnenministers immer wieder mit stürmischem Applaus.

Die etwa 1000 Zuhörer im Festzelt von Puch begleiten die Ausführungen des Bundesinnenministers immer wieder mit stürmischem Applaus.

(Foto: Toni Heigl)

Der Innenminister ist jetzt richtig in Fahrt. Kurz rückt er Hemd und Trachtenjanker zurecht und kommt dann auf das Aufblühen der AfD zu sprechen. Seine tiefe Überzeugung sei es, dass die AfD am ehesten dann überflüssig werde, wenn die Probleme der Bevölkerung nicht mehr nur zur Kenntnis genommen, sondern gelöst würden, wie Seehofer betont. Welche Probleme das genau seien sollen, welche Rolle er selbst bei deren Lösung spielt und gespielt hat, bleibt unausgesprochen. In Richtung Zuhörer schmettert Seehofer: "Ich bekämpfe Rechtsradikale und fördere sie nicht!" Die Reaktion: tosender Applaus.

Mittlerweile ist Seehofer bei der Klimadebatte angelangt. Ja, um die Umwelt müsse man sich selbstverständlich kümmern. Jedoch nicht so, wie das aktuell vonstatten gehe. "Viele Politiker haben da jeden Tag einen neuen Vorschlag, nicht fliegen, kein Fleisch mehr", sagt Seehofer. Er fordere eine "Politik mit Augenmaß und Verstand", ohne "radikale Maßnahmen". Vor allem in Bayern seien viele Menschen auf ihr Auto angewiesen, Maßnahmen wie eine weitere Anhebung der Mineralölsteuer seien da der falsche Weg. Wie aber sieht Seehofers Vorschlag zum Klimaschutz konkret aus? Er will eine staatliche Honorierung umweltgerechten Verhaltens. Etwa staatliche Zuschüsse für Gebäudesanierungen. Anreize statt Verbote.

Während Seehofer am Rednerpult steht, lächelt er immer wieder. Der Bundesinnenminister wirkt ein wenig erschöpft, aber durchaus zufrieden mit seinem Auftritt. 2007 war er schon einmal beim Bulldog- und Oldtimer-Fest in Puch, damals noch als Bundeslandwirtschaftsminister. Heute, sagt Seehofer, sei er selbst als "Oldtimer in der Politik" hier.

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