Historische Mauer freigelegt:In aller Strenge

Historische Mauer freigelegt: Klare Kante: Die lauschig verwilderte Ecke wurde nach dem Plan aus dem 19. Jahrhundert umgestaltet. Ganz rechtwinklig ist der Weg trotzdem nicht.

Klare Kante: Die lauschig verwilderte Ecke wurde nach dem Plan aus dem 19. Jahrhundert umgestaltet. Ganz rechtwinklig ist der Weg trotzdem nicht.

(Foto: Toni Heigl)

Der Hofgarten am Dachauer Schloss sieht nun wieder so aus, wie von seinem Planer Ludwig von Sckell vorgesehen

Im Hofgarten am Schloss Dachau wurde umgegraben. Aufmerksamen Spaziergängern konnten die Arbeiten in der hinteren Ecke nahe am Gartengebäude schon lange nicht mehr entgehen. Bereits im vergangenen Herbst wurde damit begonnen. Es hatte an jener Seite immer eine von Büschen und Stauden fast zugewucherte, lauschige Sitzbank gegeben. Der Weg machte dort eine kleine Kurve, was zugegeben nicht ganz den sonst im Hofgarten vorherrschenden schnurgeraden Längen und Kanten entsprach.

Tatsächlich war es nun das Bestreben der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung, aus der Kurve eine Ecke zu machen, auf das alles möglichst symmetrisch aussehe. Die ursprüngliche Gestaltung aus dem 19. Jahrhundert sollte wieder hergestellt werden. Das ist nun gelungen. In der Mitte des 16. Jahrhunderts ließen Herzog Wilhelm IV. von Bayern und sein Sohn und Nachfolger, Herzog Albrecht V., die alte, baufällige Burg Dachau auf dem sogenannten Kayberg von Grund auf erneuern. Es entstand ein mächtiges vierflügeliges Renaissanceschloss. Von 1578 an wurde an der Westseite des Gebäudes ein ummauerter Garten ergänzt, ausgestattet mit zahlreichen buchsbaumgefassten Beeten, in denen Kräuter, Blumen und Zwergobstbäume kultiviert wurden.

Anfang des 19. Jahrhunderts mussten drei baufällige Flügel des Schlosses abgerissen werden. Auch sollte die Gartenanlage pflegeleichter und wirtschaftlicher gestaltet werden. Kurfürst Max IV. Joseph wies seinen Hofgartenintendanten Friedrich Ludwig von Sckell (1750-1823) darum an, anstelle der Blumen- und Kräuterbeete einen einfachen Obstgarten anzulegen. Der Gartenkünstler - bekannt als Schöpfer des Englischen Gartens in München - entschied sich für eine strenge gestalterische und gleichzeitig praktische Ordnung, indem er geradlinige Obstbaumreihen in die Wiesenbereiche setzen ließ, erschlossen durch rechtwinklig verlaufende Wege. Diese Gestaltung hat sich im Wesentlichen bis heute nicht mehr verändert.

1980 ergab sich allerdings die Notwendigkeit, die Kellerdecke des ehemaligen Gärtnerhauses aus statischen Gründen durch eine Betondecke zu sichern. Dabei wurde der einst rechtwinklig verlaufende Weg aus technischen Gründen in einem Bogen an der Kellerdecke vorbeigeführt und mit Sträuchern bepflanzt. Die von Ludwig von Sckell ursprünglich hergestellte streng geometrische Struktur des Obstgartens ging an dieser Stelle also verloren.

Diese, wie die Schlösserverwaltung schreibt, "gestalterisch unbefriedigende Situation" ist nun nach historischen Plänen "korrigiert worden". Die Gärtner der Schloss- und Gartenverwaltung Schleißheim entfernten im Herbst zunächst die Sträucher. Dann wurde der ursprüngliche Wegeverlauf abgesteckt und nach alter Bauweise mit einer Kiestragschicht versehen, nachdem mit einem kleinen Bagger die neue Wegetrasse ausgehoben worden war. Eine Bepflanzung aus Stauden, Sommerblumen und Obstbäumen ist noch vorgesehen und soll die Maßnahme gestalterisch abrunden.

Freigelegt wurde durch die Arbeiten auch ein Teil der bisher verdeckten historische Gartenmauer. Damit, so teilt die Schlösserverwaltung mit, "erschließt sich den Besuchern wieder in allen Bereichen des Hofgartens Dachau die von Ludwig von Sckell einst kunstvoll gestaltete Ordnung und Strenge". Damit mag es nun jeder halten, wie er will. Schön ist der Garten zweifellos. Wem ein schattiges und etwas ruhigeres Plätzchen fehlt, der kann sich immer noch in die Lindenallee oder den angrenzenden, etwas wilderen, englischen Teil des Parks zurückziehen.

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