Süddeutsche Zeitung

Hier werden alle Fragen beantwortet:Die Zentrale der Tourismus-Offensive

Das ehemalige Zollhäuschen am Karlsberg in Dachau hat sich zu einem gelungenen Entreé für Urlauber und Ausflügler entwickelt

Von Helmut Zeller, Dachau

Der Durchbruch kam im beschaulichen Markt Altomünster mit seinen knapp 8000 Einwohnern: "Eines Tages stand ein Japaner vor der Mariensäule auf dem Marktplatz." Christine Unzeitig lacht. Der Tourist aus dem Fernen Osten, den die S-Bahn aus München gebracht hatte, verursachte Aufsehen; schließlich sahen die Bewohner des Dachauer Hinterlands nicht jeden Tag Touristen, schon gleich nicht welche aus Japan. Diese Anekdote, die der Projektleiterin beim Verein Dachau Agil erzählt wurde, sagt einiges aus über den Fremdenverkehr der früheren Jahre im Landkreis. Er lag "im Dornröschenschlaf", wie der ehemalige Landrat Hansjörg Christmann (CSU) 2013 sagte. Es gab zwar jede Menge Sehenswürdigkeiten - aber so gut wie keine Werbung und keine Marketingstrategie. Nur Altomünster hatte schon ein kleines Tourismus-Informationsbüro.

Drei Jahre später: Im Alten Zollhäusl am Karlsberg drängen an einem Sommertag Touristen. Christine Unzeitig sitzt in dem schmucken Häuschen am Eingang zur Altstadt - und freut sich über den Andrang. In dem sanierten, um 1820 errichtete und unter Denkmalschutz stehenden Zollhäuschen informieren Unzeitig und ihre zwei Mitarbeiterinnen die Gäste über Sehenswertes in der Stadt Dachau - und vor allem in den Landkreisgemeinden. Das Dachauer Land lockt mit Schlössern, Kapellen, Kunstsammlungen, Galerien, Museen, Seen, Flussauen, Kirchen, Rad- und Wanderwegen, dem Moos - und damit ist die Liste an Freizeitmöglichkeiten noch nicht zu Ende. Entscheidend aber ist: die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, die ein Besucher erfährt. Die Gäste merken sehr schnell, ob sie willkommen oder ihre - gelegentlich auch ausgefallenen - Wünsche eher lästig sind. Deshalb formuliert die Projektleiterin Unzeitig einen Grundsatz ihrer Marketingstrategie so: "Man muss mit Herzblut dabei sein." Das Zollhäuschen, in dem Händler bis zum Jahr 1926 noch Wegzoll entrichten mussten, ist das beste Entreé für die Touristen und zugleich die Zentrale des Dachau Agil-Projekts Naherholung und Tourismus, das von der EU gefördert wird. Von hier aus steuert Unzeitigs Team alle überregionalen Werbeaktionen wie Messeauftritte, verzahnt die Angebote der 16 Mitgliedsgemeinden und koordiniert die Zusammenarbeit mit Landwirten, Gastronomen und Vereinen im Landkreis.

Gleich gegenüber, auf der anderen Seite der Konrad-Adenauer-Straße, liegt die städtische Touristeninformation. Trotz mancher Appelle, etwa von Landrat Stefan Löwl (CSU) - auch der Landkreis ist Mitglied -, geht die Stadt Dachau ihren eigenen Weg im Tourismus. Doch sehen sich die beiden Anlaufstellen für Urlauber und Ausflügler nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung an, die Synergieeffekte bringen soll. Allen anfänglich pessimistischen Stimmen zum Trotz funktioniert das seit der Eröffnung des Büros im Zollhäuschen vor drei Jahren auch. Die Stadt hatte damals unter Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) ungefähr 70 000 Euro für die Sanierung ausgegeben und das Gebäude dem Regionalentwicklungsverein Dachau Agil überlassen. Im Tourismusgeschäft ziehen Stadt und Dachau Agil doch immer wieder mal an einem Strang, vereint in einer Sorge: bloß keine leeren Betten mehr.

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SZ vom 05.09.2016
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