Herrenmode Rauffer:Ungewisse Zukunft

Das Traditionsunternehmen Herrenmode Rauffer besteht seit 1888. Ende Februar hat Inhaberin Anja Ackermann krankheitsbedingt Privatinsolvenz angemeldet. Jungunternehmerin Alma Hodzic will das Geschäft weiterführen

Von Julia Putzger, Dachau

Herrenmode Rauffer, das ist für viele Dachauer nicht nur irgendein Laden in der Altstadt, sondern die Adresse wenn es um Herrenbekleidung geht. Das Traditionsunternehmen besteht seit 1888, zuletzt wurde es seit vielen Jahren von Familie Ackermann geführt. Doch wer sich jüngst auf die Suche nach einem passenden Anzug oder einem schicken Hemd begab, stand bei Rauffer in der Augsburger Straße 13 vor verschlossenen Türen. Seit rund vier Monaten ist das Geschäft geschlossen - doch Schuld daran ist nicht nur die Corona-Krise.

Weder in der Altstadt, noch telefonisch oder per E-Mail ist derzeit eine Kontaktaufnahme mit den Geschäftsführern möglich. Die Website des Modegeschäfts existiert nicht mehr, die E-Mail-Adresse ist ungültig, die Telefonnummer scheinbar nicht mehr vergeben. Anja Ackermann, die den Laden führte, und ihr Mann, Geschäftsinhaber Hans-Peter Ackermann, scheinen wie vom Erdboden verschluckt. Nur Alma Hodzic, die seit Januar auf einem Teil der Ladenfläche unter dem Namen "Luxury Vintage by Alma" hochwertige Secondhandware verkaufte, kann weiterhelfen. Sie berichtet: Schon Ende Februar - also etwa zwei Wochen, bevor die ersten Auswirkungen der Corona-Krise in Bayern spürbar wurden - meldete Anja Ackermann krankheitsbedingt Privatinsolvenz an und schloss das Geschäft. Innerhalb weniger Tage räumte sie ihr Hab und Gut aus Laden und Wohnung und verschwand aus Dachau. Hodzic sowie die beiden Angestellten von Ackermann hatten bis zu dem Zeitpunkt nichts von alldem gewusst: "Das hat mich total vom Hocker gehauen", erzählt Hodzic. Auch ihre Abteilung Luxury Vintage musste seitdem auf Anweisung des Insolvenzverwalters geschlossen bleiben, da es nur einen Eingang gibt.

Textilhaus Rauffer

Schon seit Ende Februar - und damit gut zwei Wochen vor dem Corona-Lockdown - hat beim Traditionsunternehmen Herrenmode Rauffer niemand mehr die Regale aufgefüllt. Die Geschäftsführerin Anja Ackermann hat krankheitsbedingt Privatinsolvenz angemeldet.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Auf den anfänglichen Schock hin habe sie dann zwei Möglichkeiten gesehen: Entweder würde auch sie ihre Waren und das Inventar vorerst einlagern und jeder würde seinen Weg gehen. Oder aber sie würde das gesamte Geschäft samt der beiden Mitarbeiter übernehmen. Ohne zu zögern entschied sie sich für die zweite Option: "Es gibt viele Dinge, die dafür sprechen: Die Altstadt soll belebt bleiben und Rauffer ist ein renommierter Laden, der eigentlich super gut lief. Mir brennt es unter den Fingernägeln, hier etwas zu tun." Doch trotz der Euphorie der jungen Geschäftsfrau mussten die Türen des Herrenmodegeschäfts weiterhin geschlossen bleiben - denn das nötige Geld fehlt.

Als Hodzics Entscheidung für die Übernahme gefallen war, begann sie, so erzählt sie, sofort mit der Erstellung eines Businessplans. 52 Seiten umfasst er, doch bisher scheiterten alle ihre Versuche, einen Kredit von einem Dachauer Geldinstitut zu bekommen. "Sobald sie den Namen Rauffer lesen, ist es vorbei", erzählt Hodzic. Die Misere der Ackermanns färbe auf ihren Versuch, das Geschäft zu übernehmen ab, obwohl sie damit nichts zu tun habe.

"Ich habe mir die letzten vier Jahresbilanzen angesehen. Die Insolvenz lag nicht am Geschäft oder an der Waren sondern es waren private Gründe", weiß Hodzic, die sich bei diesem Thema schnell in Rage redet. Ihre letzte Hoffnung ist es deshalb, die Banken mit dem unterschriebenen Mietvertrag zu überzeugen. Bisher gab es eine mündliche Vereinbarung mit der Kirchenstiftung St. Jakob, der die Immobilie in der Augsburger Straße seit dem Tod von Heinrich Rauffer gehört. Nächste Woche will Hodzic den Mietvertrag unterschreiben. "Damit verpflichte ich mich sozusagen blind und gehe volles Risiko ein, falls sich die Bank querstellt." Auch ihr "letztes Erspartes" will sie in die Wiedereröffnung des Modegeschäfts stecken: "Ich will was draus machen, für mich und meine kleine Familie einen Lebensunterhalt bestreiten." Außerdem betont Hodzic immer wieder, wie wichtig es besonders in der Corona-Krise sei, die lokale Wirtschaft zu fördern. Über den bisherigen Unwillen der Geldinstitute kann sie darum nur mit dem Kopf schütteln. Grundsätzlich fehlt es in der Dachauer Altstadt nach wie vor an Einkaufsmöglichkeiten aller Art. Erst im November des vergangenen Jahres hatte das Kaufhaus Rübsamen nach monatelanger Bauzeit zwar wieder eröffnet, doch noch immer fehlt im Untergeschoss ein Lebensmittelgeschäft.

Textilhaus Rauffer

Seit Januar hat Alma Hodzic auf einem Teil der Fläche Secondhandware verkauft. Nun möchte sie die Geschäfte komplett übernehmen.

(Foto: N.P.JØRGENSEN)

Sollte sich die Finanzierungsfrage im Fall von Alma Hodzic klären, könnte es Anfang August soweit sein, dass das Geschäft in der Dachauer Altstadt seine Türen für Kunden wieder öffnet. Das Einkaufserlebnis soll dann ganz wie früher sein: Der Name bleibt, ebenso die bisherigen zwei Angestellten. Das Sortiment soll sich aus "topaktueller Ware", die zweimal jährlich wechselt, zusammenstellen. "Wir haben viel diskutiert und wissen, was gute Qualität hat und dass sie gefragt ist. Das Preis-Leistungs-Verhältnis soll stimmen", kündigt Hodzic an. Mit mehr als zehn Lieferanten und Labels hat sie bereits Vereinbarungen getroffen. "Die wollen dringend mit uns zusammenarbeiten" sagt sie.

Einige Dachauer hätten sie schon darauf angesprochen, wann es denn endlich weiterginge beim Rauffer. "Das ist kein schönes Gefühl, wenn man darauf nichts antworten kann. Ich weiß auch nicht mehr weiter", erzählt Hodzic frustriert. Doch ans Aufgeben denkt sie nicht und resümiert: "Es ist so viel passiert in den letzten vier Wochen. Ich bin bereit, mich weiterhin richtig reinzuhängen und das zu schaffen."

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