Süddeutsche Zeitung

Helferkreise:Frust, Unmut, Müdigkeit

Die restriktive Flüchtlingspolitik der CSU macht die Asylhelferkreise mürbe - die Zahl der Mitarbeiter schwindet

Von Thomas Radlmaier, Landkreis

Peter Barth ist sauer. Als der CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt eine "Anti-Abschiebe-Industrie" in Deutschland beklagte, habe er sich angesprochen gefühlt, sagt Barth, der sich seit fünf Jahren im Asylhelferkreis Hebertshausen engagiert. Auch andere Flüchtlingshelfer seien wütend gewesen und hätten sich gefragt, warum sie sich überhaupt noch ehrenamtlich engagieren sollten. Barth erzählt das, um zu verdeutlichen, wie sich die Politik auf die Motivation der Asylhelfer auswirkt. "Manche sagen: Ich habe keine Lust mehr."

Frust, Unmut, Müdigkeit - das ist die Stimmungslage, die momentan in den Asylhelferkreisen vorherrscht. Der Grund ist die restriktive Flüchtlingspolitik in Bayern, welche die CSU um Ministerpräsident Markus Söder mit dem bayerischen "Asylplan" wenige Monate vor der Landtagswahl noch einmal verschärft hat. Das wirkt sich aus einerseits auf die Flüchtlinge, andererseits auf die ehrenamtlichen Helfer. Deren Zahl schwindet. Plötzlich tauchen immer weniger Menschen bei den Asylkreistreffen auf. Wenn jemand nach jahrelangem Engagement aufhört, tut man sich schwer, Nachwuchs zu finden. "Es kommen keine Leute mehr nach", sagt Peter Johannsen-Klug vom Arbeitskreis Asyl in Dachau. "Es wird als undankbare und aussichtslose Arbeit angesehen."

In Petershausen kümmern sich aktiv noch sechs Asylhelfer um mehr als 60 Flüchtlinge. Die Arbeit hat sich auf wenige Schultern verteilt. Doch die Probleme bleiben dieselben. Nach dem Brand in der Unterkunft im Herbst vergangenen Jahres laufen noch immer die Reparaturarbeiten am Gebäude. Es fehlt Platz. Teilweise müssen sich drei Menschen ein zwölf Quadratmeter kleines Zimmer teilen. Daneben versuchen die Helfer, Flüchtlingen eine Arbeit und Wohnung zu vermitteln. "Wir rackern uns ab und setzen uns ein", sagt Bärbel Jacob. Doch Frust mache sich breit wegen der Politik der Staatsregierung. "Die Stimmung wird immer schlechter." Manche hätten sich inzwischen zurückgezogen. "Wir sind auf einen kleinen Haufen zusammengeschrumpft."

Auch beim Karlsfelder Asylkreis hat sich die Zahl der Helfer deutlich reduziert von etwa 200 auf knapp 60. Zwar stünden dahinter oft private oder berufliche Gründe, sagt Max Eckardt. Aber einige hätten auch den Eindruck gehabt, nur wenig bewirken zu können. Von Seiten der Staatsregierung würden schließlich viele Steine in den Weg gelegt. Als Beispiel nennt Eckardt Arbeitsverbote. Gleichwohl habe man Glück, da das Dachauer Landratsamt im Vergleich zu anderen Behörden im Münchner Umkreis öfter Arbeitsgenehmigungen erteilt. Das bayerische Innenministerium hatte 2016 die Landratsämter angewiesen, Flüchtlingen mit geringer Bleibeperspektive das Arbeiten zu verbieten.

Solche Maßnahmen sorgen bei vielen Helferkreisen seit Jahren für Kopfschütteln. Nun hat die Staatsregierung vor kurzem einen "Asylplan" verabschiedet. Demnach sollen in Bayern sogenannte Ankerzentren entstehen, wo künftig bis zu 1500 Bewerber das Asylverfahren schneller durchlaufen sollen. Zudem will der Freistaat künftig selbst abschieben, mit eigenen Flügen und eigenen Polizisten, die man dafür extra ausbilden will. Für Peter Johannsen-Klug ist das "politische Schaumschlägerei". Damit versuche die CSU, das Asylthema für die Landtagswahl zu instrumentalisieren und Stimmung zu machen. Das gehe zu Lasten der Menschen, die dann in Camps kaserniert würden. "Das ist armselig."

So sieht das auch Peter Barth. Die CSU stelle bei dem Thema immer nur das Negative in den Vordergrund. Das spüre man deutlich als Flüchtlingshelfer, sagt er. "Die Arbeit ist so politisch geworden." Das führe dazu, dass Asylhelfer auch im Bekanntenkreis angesprochen würden. Es gebe nur noch zwei Seiten: "Bin ich für oder gegen Flüchtlinge." Auch deshalb wollten sich manche Ehrenamtliche lieber nicht mehr in der Flüchtlingshilfe engagieren. Dabei erfüllen die Helferkreise nach wie vor eine wichtige Aufgabe bei der Integration. Er rede jeden Tag mit mindestens einem Menschen, der irgendeine Unterstützung brauche. Man müsse sich mal vorstellen, was passiere, wenn es die Helferkreise nicht mehr gäbe. "Es wäre das absolute Chaos."

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Quelle:
SZ vom 08.06.2018
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