Heimat vieler Talente:Erweckung eines Riesen

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Der TSV Eintracht Karlsfeld feiert an diesem Wochenende sein 70-jähriges Bestehen. Er vereinigt die unterschiedlichsten Sportarten unter einem Dach und ist zum größten Verein des Landkreises geworden

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Auf der grünen Wiese hat alles angefangen. Ein paar junge Männer aus dem Burschenverein wollten Fußball spielen - und zwar richtig, nicht nur lose ein bisschen herum kicken. Doch um an Spielen teilnehmen zu können, verlangte der Verband geordnete Strukturen und so wurde 1949 der TSV Karlsfeld gegründet, der schon bald TSV Eintracht Karlsfeld hieß, um Verwechslungen mit dem SV Karlsfeld in der Gerberau zu vermeiden. Heute hat der Verein 4100 Mitglieder und ist der größte im Landkreis Dachau. Am Wochenende feiern die Sportler mit einem großen Familienfest ihr 70-jähriges Bestehen.

Die Probleme von damals - kein Platz, kein Geld, kaum Leute, die regelmäßig mitmachen - sind heute längst vergessen. 28 Fußballmannschaften trainieren regelmäßig beim TSV, hinzukommen noch einige Hobbymannschaften. Außerdem werden noch 23 andere Sportarten angeboten. Die Gemeinde unterstützt den Verein, so gut es geht. Das Gelände am See ist riesig: Ein Stadion mit Tribüne, die große Franz-Schiebl-Halle, das Vereinsheim, zwölf Tennisplätze, Kunst- und Naturrasenplätze für die Fußballer. Trainiert wird zudem im Hallenbad und in den Sporthallen der Schulen, selbst im Bürgerhaus. "Wir sind ein Breitensportverein", sagt Vizepräsidentin Birgit Piroué ganz klar. "Ganz vorne mitzuspielen, können wir uns nicht leisten." Dennoch hat der Verein schon Ausnahmetalente hervorgebracht, mit denen er sich gerne schmückt.

Der Bau des Vereinsheims war Ehrensache. (Foto: privat)

So hat der 30-jährige Profifußballer, Florian Jungwirth, seine Karriere in Karlsfeld begonnen, bevor er bei Dynamo Dresden, VfL Bochum und Darmstadt 98 in der Bundesliga spielte, sowie in mehreren Junioren-Nationalmannschaften. Seit 2017 kickt er in den USA. "Wenn er gewinnt, schwenkt er immer den Karlsfeldschal und zeigt, dass er von hier ist", erzählt Piroué stolz. Zum Jubiläum wird Jungwirth aber nicht kommen. "Er hat noch Saisonspiele", sagt die Vizepräsidentin.

Stolz ist man beim TSV auch auf die Deutsche Meisterin (U18) im Speerwerfen, Maxim Kirschner, oder die Schwimmnixen, die beim Synchronschwimmen in den Bayerischen Meisterschaften häufig auf den ersten drei Plätzen rangieren und auch bei den Deutschen, sowie der Weltmeisterschaft mitmischen. Im Taekwondo hat der Verein mit Jürgen Kohler sogar einen Großmeister. 2016 errang er den 7. schwarzen Gurt. Auch im Volleyball und Tanzsport ist der TSV sehr erfolgreich. "Wir haben schon einige gute Spieler gehabt, die wir nicht weiter fördern konnten, weil wir uns die entsprechenden Trainer nicht leisten konnten", sagt Piroué.

Früher war Fußball alles. Die Mannschaft von 1950 zeigt sich fest entschlossen. (Foto: privat)

Zwei Gründungsmitglieder leben noch: Karl Wenisch und Manfred Odoj. Sie sind am Freitag für ihr Engagement geehrt worden. Ohne Karl Wenisch wäre der TSV wohl nie so alt geworden, erzählt Toni Cremers, der lange Zeit den Verein geleitet hat. "Er war begeisterter Fußballer und hatte unendlich viele Ämter inne. Immer wenn keiner da war, hat er sich bereit erklärt einzuspringen." So war Wenisch von 1952 bis 1967 Platzkassier. Als solcher musste er jeden Monat von Haus zu Haus, um eine Mark bei jedem Fußballspieler einzutreiben. "Und die Frauen waren nicht immer begeistert, wenn er auftauchte", lacht Cremers. "Aber er bekam bei jeder einen Schnaps angeboten. Wenn er nach Hause kam, war er immer total besoffen."

Wenisch war auch mit dem Herzen dabei, als es 1967 daran ging das Vereinsheim zu bauen. Wie viele andere Sportler opferte er seinerzeit jede freie Minute an der Jahnstraße - insgesamt 350 Stunden. Das ist in einer Liste festgehalten. "Die Gemeinde hat das Material bezahlt, alles andere haben die Mitglieder gemacht", sagt Cremers voller Stolz. Am fleißigsten war offenbar Frank Kurt mit 475 ehrenamtlichen Stunden. "Viele Frauen waren damals sauer, weil ihre Männer die Wochenenden nicht mit der Familie verbrachten, sondern auf dem Bau." Auch der langjährige Präsident Georg Froschmayer war enorm engagiert.

Karl Wenisch arbeitete beim Bau des Vereinsheims mit. Am Freitag ist er für sein großes Engagement beimTSV geehrt worden. (Foto: Toni Heigl)

Odoj kümmerte sich schon sehr früh um den Nachwuchs, war Schüler- und Jugendleiter. Eine wichtige Aufgabe, sonst hätte der Verein sicher nicht so wachsen können. Heute trainieren immerhin 1800 Kinder und Jugendliche beim TSV. "Das sind die Hälfte aller in der Gemeinde lebenden", so Cremers.

In den ersten 13 Jahren gab es in Karlsfeld nur Fußball, erst 1963 kam Turnen und Tischtennis dazu und 1969 Leichtathletik. Und so war die Zahl der Mitglieder in den ersten Jahren noch recht überschaubar - 127 im Jahr 1960. Mit den neuen Abteilungen wuchs sie in den folgenden zehn Jahren auf fast 800. 1980 waren es dann mehr als 3000. Immer wenn sich neue Trainingsmöglichkeiten eröffneten wuchs der Verein. Der Vorstand hätte gern eine Basketballabteilung. "Vielleicht wenn die neuen Hallen von Grundschule und Gymnasium fertig sind", sagt Piroué.

Das Besondere am TSV ist das "Brett'l". Seit 1980 führt die Theatergruppe jedes Jahr im Bürgerhaus kleine Bühnenstücke auf. Die 70-Jahrfeier muss jedoch ohne Schauspiel auskommen. Das Fest beginnt mit einem Tennispunktspiel der Damen am Samstag, 29. Juni, um 12 Uhr. Erst danach begrüßen Präsident Rüdiger Meyer und Bürgermeister Stefan Kolbe die Gäste. Um 15 Uhr beginnt das Fußballfreundschaftsspiel gegen den Regionalligisten VfR Garching. Abends unterhält DJ Raimund Alder musikalisch. Am Sonntag, 30. Juni, ist das Tanzturnier der Bayerischen Seniorenmeisterschaft im Bürgerhaus. Um 13 Uhr werden die beiden neuen Fußballplätze eingeweiht. Anschließend findet das Hobby-Fußballspiel Gemeinde gegen TSV statt. Der CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath will mit von der Partie sein. Von 15 Uhr an führen die Abteilungen ihre Sportarten vor.

© SZ vom 29.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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