SZ-Adventskalender:"Ohne den Hund bin ich ganz, ganz alleine"

SZ-Adventskalender: Hunde sind die besten Freunde des Menschen, heißt es, und dieses Bild scheint es zu beweisen. Bei Ilona Böhm trifft dies auf jeden Fall zu. Ihre Hündin gibt ihr Halt, den sie dringend braucht. Doch jetzt braucht der Hund selber Hilfe wegen eines Tumors.

Hunde sind die besten Freunde des Menschen, heißt es, und dieses Bild scheint es zu beweisen. Bei Ilona Böhm trifft dies auf jeden Fall zu. Ihre Hündin gibt ihr Halt, den sie dringend braucht. Doch jetzt braucht der Hund selber Hilfe wegen eines Tumors.

(Foto: Eva Blanco /imago images/Westend61)

Die Abwärtsspirale im Leben von Ilona Böhm beginnt 2016: Erst wird bei ihrem Mann Lungenkrebs diagnostiziert, dann Demenz. Nun steht auch noch eine Operation ihrer Hündin an, die sich die 63-Jährige aber alleine kaum leisten kann. Der SZ-Adventskalender will helfen.

Von Jacqueline Lang, Hebertshausen

Eine zwölfeinhalbjährige Hündin ist alles, was Ilona Böhm an Freude im Leben geblieben ist. Ihr Mann ist seit Jahren dement und lebt mittlerweile im Heim, ihr selbst fällt es schwer zu laufen, der Rücken und die Beinen wollen nach Jahren der Plackerei einfach nicht mehr. Und zu allem Überfluss haben die vielen Krankenfahrten und die Ausgaben für das Allernötigste das mühevoll Ersparte längst aufgefressen. Viel hätten sie nie gehabt, erzählt Böhm (Namen von der Redaktion geändert), aber für ein anständiges Leben habe es gereicht.

Jetzt reicht es dafür längst nicht mehr. Geld, ihrer Hündin die zum wiederholten Male eine OP braucht, damit ein Tumor an ihrem Unterkiefer entfernt werden kann, hat die 63-Jährige eigentlich nicht. Nur: Ein Leben ohne die Hündin will und kann sich Ilona Böhm auch nicht vorstellen: "Was mache ich ohne den Hund? Dann bin ich ganz, ganz alleine." Der Adventskalender für gute Werke der Süddeutsche Zeitung will der vom Schicksal gebeutelten Hebertshausenerin deshalb helfen und die Kosten für die OP des geliebten Tiers übernehmen.

2016 beginnt die Abwärtsspirale im Leben von Ilona Böhm: Ihr Mann bekommt eines Tages plötzlich keine Luft mehr. Die Diagnose im Krankenhaus: Lungenkrebs. Zwei Jahre lang kann der einst so kräftige Mann nicht mehr arbeiten. "Und wenn Selbständige nicht arbeiten, gibt es auch kein Geld", sagt Böhm, die damals von einen Tag auf den anderen zur Alleinverdienerin in der Familie geworden ist. "Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe, aber ich habe das ganze Ersparte ausgegeben", erzählt die 63-Jährige und schüttelt den Kopf über sich selbst. Statt sich Hilfe zu holen geht sie nicht nur vormittags sondern nun auch noch nachmittags Putzen. In der Zwischenzeit schmeißt sie den Haushalt, kümmert sich um ihren Mann.

Böhm hetzt durch den Alltag bis sie irgendwann merkt: "Irgendwas stimmt nicht." Dass ihr Mann dement ist, will sie da noch nicht wahrhaben. Es ist ihre Tochter, die den schrecklichen Verdacht zum ersten Mal ausspricht. Danach geht wieder alles ganz schnell: Der Zustand ihres Mannes verschlechtert sich rapide. Böhm spricht von "Schüben" und davon, dass sie von Januar bis August 2020 keine Nacht geschlafen habe. Fast jede Nacht sei sie nachts von ihrem Mann geweckt worden, fast jede Nacht sei sie mit ihm irgendwann in die Notaufnahme gefahren. Tagsüber, wenn sie bei der Arbeit gewesen sei, habe er teilweise bis zu 60 Mal innerhalb von vier Stunden angerufen. "Man kann so doch nicht arbeiten", sagt Böhm, die immer wieder nervös an der Brille nestelt, die an einer Kette um ihren Hals hängt. Sie wisse, ihr Mann habe es nicht böse gemeint, aber was die Demenz aus einem Menschen mache, "das ist grausam".

Im Herbst 2020 fährt Böhm ihren Mann schließlich ins Krankenhaus nach Markt Indersdorf, sein Zustand soll untersucht werden. Nach zwei Wochen in der Klinik geht es für ihn nicht wieder nach Hause sondern direkt in ein Pflegeheim. "Er ist da hingegangen - und dann ist er nicht mehr zurückgekommen." Seitdem wohnt Böhm allein in der Doppelhaushälfte, in die sie 2003 mit ihrem Mann gezogen ist. Nur ihre Hündin, die leistet ihr noch Gesellschaft, und ab und zu kann sie sich bei der gerontopsychiatrischen Fachberatung der Caritas ihre Sorgen von der Seele reden. Ihre Tochter, die in München lebt, will sie nicht damit belasten. Die habe selbst ihr Päckchen zu tragen, sagt Böhm.

"Ich lebe praktisch nur von der Tafel Dachau, und das reicht mir auch"

Anfangs war Böhms Mann noch in einer Pflegeeinrichtung in Karlsfeld untergebracht. Als diese schließen musste, zog er nach München um. Für die 63-Jährige, die seit Anfang des Jahres wegen ihrer Rückenschmerzen krankgeschrieben ist und vermutlich bald in Frührente gehen muss, bedeutet das: noch mehr Fahrerei. Denn seitdem bei ihrem Mann im August dieses Jahres erneut Lungenkrebs festgestellt worden ist, muss sie noch öfter mit ihm zum Arzt nach Dachau. Gemeinsam mit ihrem Mann Auto fahren, das traut sie sich aber nicht zu. Sie werde da nervös, sagt sie.

Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, kommt für sie allerdings auch kaum noch in Frage: Böhm selbst ist nicht mehr gut zu Fuß, ihren Mann kann sie keine Sekunde aus den Augen lassen, und in der kleinen Ortschaft, in der sie wohnt, fährt der Bus nur zweimal im Tag, der Hebertshausener Bahnhof ist sechs Kilometer entfernt. Also muss sie immer wieder ein teures Taxi rufen. Die Krankenkasse aber will nicht immer zahlen. Die Begründung: Ihr Mann könnte sich ja auch in München behandeln lassen. Böhm, die weiß, wie schwer ihr dementer Mann sich mit Veränderung tut, will ihn aber weiter von dem Arzt behandeln lassen, den er schon kennt - koste es, was es wolle.

Sich selbst etwas zu gönnen, das kommt Böhm indes kaum in den Sinn: Abzüglich aller Kosten bleiben der Hebertshausenerin im Monat nicht einmal 80 Euro für Lebensmittel, in den Supermarkt geht sie deshalb nur noch selten. "Ich lebe praktisch nur von der Tafel Dachau, und das reicht mir auch", sagt Böhm. Ab und zu tauscht sie noch die Eier ihrer Hühner gegen andere Lebensmittel.

Die genügsame 63-Jährige ist keine, die gerne für sich selbst um Hilfe bittet. Zwar würde sie sich wünschen, dass ihre Rückenschmerzen nachlassen, sodass sie ihren Alltag wieder besser bewältigen kann. Wirklich wichtig ist ihr aber in der momentanen Situation nur eines: Das ihre geliebte Hündin, die ihr so eine wichtige Stütze ist, nicht von ihr geht. Diesen Wunsch will ihr der SZ-Adventskalender erfüllen.

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"Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung e.V."

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