Hebertshausen:"Wir sind absolut für diesen Radweg"

Hebertshausen: Roderich Zauscher und Ute Lindner vom Bund Naturschutz wollen einen Radweg am Biotop verhindern. Stattdessen schlagen sie eine Route entlang der jetzigen ICE-Trasse vor.

Roderich Zauscher und Ute Lindner vom Bund Naturschutz wollen einen Radweg am Biotop verhindern. Stattdessen schlagen sie eine Route entlang der jetzigen ICE-Trasse vor.

(Foto: Toni Heigl)

Der Bund Naturschutz und Bürgermeister Richard Reischl machen sich gegenseitig Vorwürfe wegen eines geplanten Radweges. Reischl hat deshalb sogar seine Mitgliedschaft beim Umweltschutzverband gekündigt. Kommt es dennoch zur Versöhnung?

Von Andreas Förster, Hebertshausen

Eigentlich wollen der Bund Naturschutz (BN) und Bürgermeister Richard Reischl (CSU) das Gleiche, nämlich einen Radweg vom S-Bahnhof Hebertshausen in die nächste Ortschaft nach Unterweilbach. Nur wo dieser entlangführen soll, darüber ist ein Streit entbrannt. Aktuell existiert ein Feldweg, der größtenteils geteert ist und auch von Radlern befahren wird. Doch die Gemeinde Hebertshausen möchte nicht diesen vorhandenen Weg ausbauen und befestigen, sondern einen, der 100 Meter weiter westlich am alten Bahndamm verläuft. Weil er etwas flacher und daher auch für Menschen mit Handicap geeignet ist. Doch dieser Weg grenzt an ein hochwertiges Biotop. Das gelte es zu schützen, betonen Roderich Zauscher, Vorsitzender der Dachauer BN-Kreisgruppe und die Hebertshausener BN-Ortvorsitzende Ute Lindner.

Zauscher und Lindner fühlen sich von Bürgermeister Reischl zu Unrecht an den Pranger gestellt und "von Anfang an nicht ernst genommen". Reischl hatte unlängst in einem Interview behauptet, der Bund Naturschutz wolle den Radweg verhindern. Aufgrund der Meinungsverschiedenheiten kündigte er seine Mitgliedschaft im BN.

Ökologisch sinnvoll und kostengünstig

Aber das Ganze fuße auf einem Missverständnis, sagen nun sowohl Zauscher als auch Lindner, die sich nicht nur als BN-Vorsitzende zur Causa äußern möchte, sondern auch als betroffene Bürgerin von Hebertshausen. "Ich bin selbst Berufspendlerin", sagt Lindner, sie fahre täglich mit dem Fahrrad zur Arbeit: "Daher weiß ich, wie wichtig ein gut befestigter und vor allem sicherer Fahrradweg ist, der auch von Kindern und Menschen mit Handicap befahrbar sein soll." Und genau das sei der Grund für die Meinungsverschiedenheit mit Reischl. "Der BN ist absolut für diesen Radweg", versichern Lindner und Zauscher. "Aber wir glauben, dass er an der Stelle, die schon jetzt von vielen genutzt wird, ökologisch sinnvoller und kostengünstiger ist." Ökologisch sinnvoller, weil der andere, von der Gemeinde bevorzugte Radweg zu nah am Biotop entlang führe.

Die Regierung von Oberbayern habe das Biotop in einem Gutachten als schützenswert eingestuft, so Zauscher. Das ziehe automatisch höhere Kosten nach sich. Dieses Geld könne man stattdessen in eine Brückenquerung investieren, fügt Lindner hinzu. Sie sorgt sich auch, wie die Radler künftig von der viel befahrenen Walpertshofener Straße nach links in die Einfahrt zum Radweg kommen sollen. "Die Strecke vom S-Bahnhof Hebertshausen zum neuen Radweg ist überhaupt noch nicht durchdacht, geschweige denn geplant."

Hebertshausen: Die Straße nach Walpertshofen ist viel befahren.

Die Straße nach Walpertshofen ist viel befahren.

(Foto: Toni Heigl)

Dem widerspricht Reischl: "Der Radweg ist sehr wohl schon vom Bahnhof aus geplant. Die Radfahrer werden vom Parkplatz aus über eine neue Mittelinsel queren, danach kommt ein neuer Fuß- und Radweg entlang der Straße, die sowieso nicht stark befahren ist." Der Vorschlag des BN, einen Weg über die Wiese entlang der Bahnstrecke zu schaffen, sei nicht umsetzbar: "Das ist Bahngrund, außerdem gibt es da eine Ausgleichsfläche, die nicht bebaut werden darf." Das habe man schließlich alles geprüft.

Reischl kann die Argumente des BN nicht nachvollziehen. "Wir haben bei Radwegen bestimmte Kriterien zu erfüllen. Dazu gehört, dass ein barrierefreier Radweg nicht zu steil sein darf. Die zwölf Prozent an dem vom BN bevorzugten Weg sind über dem Limit." Da helfe es auch nicht, wenn manche mit dem E-Bike problemlos hochfahren, denn nicht alle - vor allem Kinder und Menschen mit Behinderung - hätten diese Möglichkeit: "Man sollte die gesellschaftlichen Belange Umweltschutz und Inklusion nicht gegeneinander ausspielen", so Reischl. Hinzu komme, dass dieser Radweg über die schmale Verkehrsstraße nach Unterweilbach führe, wo der gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstand von 1,50 Metern zwischen Autos und Fahrrädern nicht eingehalten werden könne.

Richard Reischl: "Ich bin jederzeit offen für ein Gespräch."

Ute Lindner jedenfalls blutet das Herz, wenn sie sehe, dass durch die ersten vorbereitenden Baumaßnahmen im vergangenen Jahr bereits Büsche und Bäume am Biotop entfernt und zurückgeschnitten wurden. Trotzdem seien sie und der BN offen für weitere Gespräche mit der Gemeinde. Auch jetzt sei es schließlich die BN-Ortsgruppe Röhrmoos, die sich um die Biotop-Pflege kümmere, seitdem die Gemeinde es nicht mehr mache, so Lindner.

Bürgermeister Reischl sieht es pragmatischer: "Ich bin selbst leidenschaftlicher Radfahrer und weiß, dass in Deutschland zahllose Strecken durch oder nahe an einem Biotop entlangführen. Das ist kein Problem wenn es, wie in unserem Fall auch, mit der unteren Naturschutzbehörde eng abgestimmt wird." Die Vorschriften hinsichtlich einer ökologischen Baubegleitung werde man zu hundert Prozent einhalten. Um sich in dieser Sache gütlich zu verständigen, wünscht sich Reischl neben der Bereitschaft zum Kompromiss einen direkten Dialog mit dem BN. Er versichert: "Ich bin jederzeit offen für ein Gespräch."

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