Hebertshausen:Planungshoheit im Ortszentrum

Ein maroder Altbau ist den Bürgern in Hebertshausen seit Jahren ein Dorn im Auge. Jetzt kauft die Gemeinde die ehemalige Holzschleiferei und noch weitere Grundstücke dazu

Von Petra Schafflik, Hebertshausen

Der Etat von 2017 wird mit seinen Auswirkungen "das Bild der Gemeinde auf Jahrzehnte bestimmen", ist Bürgermeister Richard Reischl (CSU) überzeugt. Kern des 17,7 Millionen-Euro-Zahlwerks, das der Gemeinderat am Dienstag einstimmig verabschiedet hat, ist ein hohes Investitionsbudget von 7,7 Millionen Euro. "Ein Rekordwert." Mit diesem Geld werden Straßen und Brücken gebaut, Kinderhaus und Jugendzentrum errichtet. Strategisch entscheidend aber ist der Ankauf von Grundstücken in der Ortsmitte. Die Gemeinde, der künftig sieben Hektar in zentralster Lage gehören werden, erlangt so eine "hervorragende Ausgangssituation", um aktiv Wohnraum zu schaffen. Eine enorme Chance, betont der Rathauschef. "Wir schaffen uns große Handlungsspielräume." Natürlich zahlt Hebertshausen die 3,1 Millionen Euro, die allein für diese Grundstücksankäufe ausgegeben werden, nicht aus der Portokasse: Rücklagen werden aufgelöst, 1,3 Millionen Euro als Darlehen aufgenommen. Doch diese Verschuldung bereitet im Gemeinderat niemandem Sorgen. "Das ist Tafelsilber, was wir uns hier anschaffen", sagt Reischl.

Schuster Anwesen

Ein verfallenes Gebäude in einem verwilderten Gelände, mitten im Ort: Für die Bürger ist dies ein Ärgernis.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Was sich als strategischer Glücksfall erweist, ist dem Zufall geschuldet. Länger schon gibt es im Gemeinderat Überlegungen, das Krautgartengelände an der Freisinger Straße zu entwickeln. Dort besitzt die Gemeinde Flächen, über städtebauliche Verträge mit den dortigen Privatbesitzern kommen weitere Areale dazu. Unerwartet ergab sich gleichzeitig jetzt die Gelegenheit, über ein Vorkaufsrecht die ehemalige Holzschleiferei zu erwerben. Dieser marode Altbau in der Ortsmitte ist den Bürgern seit Jahren ein Dorn im Auge. Doch erst jetzt war ein Ankauf des 13 000-Quadratmeter-Areals möglich. Schließlich gibt es im Umfeld noch weitere Flächen, die ebenfalls angekauft werden sollen. Am Ende werden der Gemeinde rund sieben Hektar Grund im Ortskern gehören. "Wir haben die Planungshoheit im Herzen unserer Gemeinde, darum werden uns andere beneiden", erklärte Gemeinderat Clemens von Trebra (CSU). Auch Martin Gasteiger (FBB) erhofft sich eine "Wirkung weit in die Zukunft." Marianne Klaffki (SPD) mahnte, parallel den Straßen- wie Breitbandausbau nicht aus den Augen zu verlieren.

Etat in Zahlen

Gesamtvolumen: 17,7 Millionen Euro, davon Verwaltungshaushalt (laufende Ausgaben): 10 Millionen Euro, Vermögenshaushalt (Investitionen): 7,7 Millionen Euro

Wichtigste Einnahmen: Einkommensteuer 4 Millionen Euro, Gewerbesteuer 1 Million Euro

Größte Ausgaben: Personal 2,8 Millionen Euro, Kreisumlage 2,5 Millionen Euro.

Investitionen: Ankauf von Grundstücken 3,1 Millionen Euro, Kinderhaus 1,9 Millionen Euro (Teilbetrag; Gesamtkosten 4,4 Mio. Euro), Radweg Ottershausen 1 Mio. Euro (Teilbetrag; Gesamtkosten 1,3 Mio. Euro) Jugendzentrum 350 000 Euro (Teilbetrag, Gesamtkosten 450 000 Euro).

Rücklagen zum Jahresende: 1,2 Mio. Euro

Schulden zum Jahresende: 3,6 Mio. Europes

Tatsächlich laufen alle übrigen geplanten Investitionen weiter, Schnellschüsse wird es in Sachen Ortskern nicht geben. Mag der Mangel an Wohnungen groß sein, das zentrale Areal - einschließlich der privaten Flächen mit 18 Hektar größer als das Dachauer MD-Gelände - soll mit Bedacht entwickelt werden. Zunächst wird ein Entwicklungskonzept Stärken und Schwächen aufzeigen. "Denn wir wollen auch die Infrastruktur etwa mit neuen Einkaufsmöglichkeiten stärken, uns aber nicht auf unser Gefühl, sondern auf Fakten verlassen", so Reischl. Auch die Bürger werden sich aktiv einbringen können. Dann plant die Gemeinde einen Ideenwettbewerb, der in einen Bebauungsplan münden soll. Geplant wird ergebnisoffen, aber eine Wunschliste gibt es schon. Darauf stehen Wohnangebote vom Einheimischen-Modell, sozialen Eigentums- und preiswerten Sozialwohnungen bis hin zum Betreuten Wohnen für Senioren. Auch ein Ärztehaus kann man sich vorstellen. Fest steht: "Wir wollen den Ort weiterentwickeln, ohne dass der Charakter verloren geht."

Finanziert wird das ehrgeizige Investitionsprogramm aus Rücklagen und Darlehen. Im Verwaltungshaushalt, aus dem die laufenden Ausgaben bezahlt werden, bleibt trotz sprudelnder Steuereinnahmen bei steigenden Ausgaben nur ein kleiner Betrag von 176 000 Euro übrig fürs Baubudget. Und die Steuereinnahmen können auch einmal zurückgehen. Vorsorglich wollen die Gemeinderäte deshalb die Einnahmen erhöhen, zunächst einmal bei der Kinderbetreuung, wo aktuell das größte Defizit entsteht. Noch vor der Sommerpause will der Rathauschef dem Gremium deshalb eine Gebührenerhöhung empfehlen.

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