Hebertshausen muss Steuerausfälle auffangen :"Beschämend für den Freistaat"

Wegen Steuerausfällen muss Hebertshausen 1,55 Millionen Euro Schulden aufnehmen. Der Bürgermeister kritisiert, dass die Staatshilfe nicht bei ihm ankommt

Von Horst kramer, Hebertshausen

Die Corona-Pandemie hinterlässt deutliche Spuren in den Finanzen der 6000-Einwohner-Gemeinde. Zum zweiten Mal in Folge musste der Gemeinderat einen Haushalt verabschieden, der eigentlich nicht genehmigungsfähig ist. Denn auch in diesem Jahr wird die Kommune nicht in der Lage sein, ihre Kredite wie vom Staat vorgegeben zu tilgen. Statt der erforderlichen 488 000 Euro erwirtschaftet die Gemeinde in ihrem Geschäftsbetrieb nur 91 000 Euro. Um ihren Verpflichtungen nachzukommen, muss sie ihr Erspartes angreifen und rund 570 000 Euro aus den Rücklagen entnehmen sowie weitere Schulden in Höhe von 1,55 Millionen Euro machen.

Hebertshausen muss mithin sparen. Nur wo? Bürgermeister Richard Reischl (CSU) gibt im Gespräch mit der SZ Dachau als Regel aus: "Wir müssen das Wünschenswerte vom Notwendigen trennen." Doch bevor er ins Detail geht, verweist er auf die beträchtliche Anzahl an Grundstücken, die er in den vergangenen Jahren für die Gemeinde erworben hat, in der heutigen Zeit die beste Geldanlage überhaupt. Zurück zur finanziellen Schieflage der Gemeinde. Reischl nennt das Stichwort "Corona": "Wir haben wegen der Pandemie rund 1,6 Millionen Euro weniger an Steuern eingenommen." Ein Loch, das sich auch durch einen eisernen Sparkurs nicht schließen lässt. Die beiden wichtigsten Einnahmequellen, Einkommensteueranteile und Gewerbesteuern, sprudeln auch heuer noch deutlich spärlicher als in den Vor-Corona-Zeiten, sagt Reischl. Sein Kämmerer Christopher Reichelt erwartet, dass die Kommune heuer rund 4,6 Millionen Euro aus dem Einkommenssteuertopf erhält. Das sind zwar rund 60 000 Euro mehr als im vergangenen Jahr, aber 155 000 Euro weniger als 2019. Reichelt hofft ferner, dass die Hebertshausener Unternehmen bis Jahresende in der Lage sind, rund 1,16 Millionen Euro Gewerbesteuer an die Kommune abzuführen. Es wären immerhin 250 000 Euro mehr als im vergangenen Jahr, aber immer noch 50 000 Euro weniger als vor zwei Jahren. Doch ob das so kommt, ist ungewiss. Reischl hat eine Zunahme der Stundungsanträge festgestellt. Auch deswegen warnt Reichelt: "Die weiteren möglichen finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise sind wie im letzten Jahr immer noch schwer und vorauszusehen." Reischl ärgert sich auch jetzt noch über die "sogenannte Hilfe" des bayerischen Finanzministeriums in Sachen Steuerausfälle. "Davon profitierten nur die Kommunen mit großen Gewerbegebieten. Wir und viele andere Landkreis-Gemeinden gingen hingegen leer aus", zürnt Reischl. "Beschämend für den Freistaat" sei das.

Brücke Torstraße

Bürgermeister Richard Reischl (CSU) beklagt die Steuereinbrüche.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Zumal Hebertshausen, wie alle anderen Landkreiskommunen, ständig steigende Personalkosten zu schultern hat. Die Gemeinde wächst und damit auch die Aufgaben, für die neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt werden. Zum Beispiel für die Kinderbetreuung. Ein Bereich, bei dem Reischl und alle seine Kollegen schon seit Jahren staatliches (finanzielles) Engagement fordern. Die vielfach diskutierte "Großraum-Zulage" tut ein übriges: der Zuschlag wurde erst in der Landeshauptstadt eingeführt, anschließend zogen faktisch alle Umlandkommunen nach, um ihre Fachkräfte zu halten.

Der Haupt- und Finanzausschuss hat sich im Vorfeld der Haushaltssitzung mehrfach getroffen, die Bücher gewälzt und einige Sparentscheidungen getroffen. So wird die Gemeinde den Kauf eines Holzofen-Backofens verschieben, eines der Lieblingsprojekte Reischls, sowie auf den Bau eines Parkhauses am S-Bahnhof auf eigene Kosten verzichten. Ob das Vorhaben damit wirklich vollständig gestorben ist, ist noch unklar. Wie berichtet laufen seit einiger Zeit Gespräche mit der Deutschen Bahn und dem MVV, die ein Wohnheim für Auszubildende in Bahnhofsnähe bauen wollen und möglicherweise ein Parkhaus gleich dazu. Die Gemeinde müsste dazu allerdings den Bebauungsplan ändern. Im kommenden Monat wollen sich beide Seiten im Rahmen einer Sondersitzung des Gemeinderats am 22. Juni treffen. Reischl kommentiert klipp und klar: "Wir erwarten ein interessantes Angebot."

Der Haushalt in Zahlen

Gesamthaushalt der Gemeinde Hebertshausen: 19,5 Mio Euro (Planung 2020: 20,9 Mio)

Verwaltungshaushalt: 12,3 Mio (11,4 Mio)

Vermögenshaushalt: 7,2 Mio (9,5 Mio)

Die wichtigsten Einnahmequellen des Verwaltungshaushalts:

Einkommensteuer: 4,6 Mio Euro (Ergebnis 2020:4,5 Mio; Planung 2020: 4,4 Mio)

Gewerbesteuer: 1,16 Mio (0,9 Mio; 1,1 Mio)

Schlüsselzuweisung: 0,89 Mio (0,63 Mio; 0,63 Mio)

Grundsteuer B: 0,65 Mio (0,62 Mio; 0,64 Mio)

Die größten Ausgabeposten des Verwaltungshaushalts:

Personalausgaben: 3,3 Mio Euro (Planung 2020: 3,07 Mio)

Kreisumlage: 3,08 Mio (3,17 Mio)

Jugendarbeit, Soziales: 3,3 Mio (2,84 Mio)

Sonstige Finanzausgaben: 4,01 Mio (2,63 Mio)

Verwaltungsausgaben: 2,5 Mio (2,44 Mio)

Schulverband: 0,66 Mio (0,69 Mio)kram

Andere Vorhaben sind für den Bürgermeister hingegen unverzichtbar: etwa das Ärztehaus an der Krautgartenstraße oder der Radweg, der den Hebertshausener S-Bahnhof mit dem Dachauer Ortsteil Pellheim verbinden wird. Außerdem das Gemeinschaftshaus und der Kindergarten in Prittlbach. Die Sanierung der Turnhalle wird hingegen auf 2023 verschoben.

Der Gemeinderat segnete den Haushalt 2021 einstimmig ab und beschloss in diesem Zuge gleich eine Erhöhung der Hebesätze auf durchgängig 350 Punkte. Bis dato lag die Grundsteuer A bei 310 Punkten, die Grundsteuer bei 340 Punkten und der Gewerbesteuerhebesatz bei 330 Punkten.

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