Man hat es Bürgermeister Richard Reischl (CSU) und Bauamtsleiterin Hedwig Messner angesehen, wie schön es für sie war, in hehren Bauplänen zu schwelgen, ohne Wirtschaftlichkeitsberechnung, ohne Sachzwänge und ohne kritische Nachbarn. Die Gelegenheit dazu bekamen sie jüngst, als der Architekturstudent Tobias Haase seine Vorstellungen für eine künftige Bebauung des Geländes der alten Holzschleiferei vorgestellt hat – stilecht im Sitzungssaal des Rathauses mit ranghohen Verwaltungsangestellten, Lokalpresse und einigen Kommilitonen.
Seit Anfang des Jahres ist der 25-Jährige an seiner Masterarbeit gesessen, hat Unterlagen gewälzt, Pläne und ein Modell gezeichnet. Ende Juli hat er sie vor seinem Professor an der Hochschule München präsentiert, sie gehörte mit Note 1,7 zu den zehn besten Arbeiten des Jahrgangs. Tobias Haase wohnt im Hebertshausener Nachbarort Pellheim. „Ich kenne die alte Holzschleiferei seit meiner Kindheit“, erzählt er. Seit 1957 steht das mehrstöckige Gebäude, Baujahr 1874, leer. Der Fabrikdirektor hat es sich einst als Wohnhaus bauen lassen. Die meisten Wirtschaftsgebäude sind inzwischen abgerissen.
Ein modernes Viertel soll entstehen
2021 hat die Gemeinde Hebertshausen einen städtebaulichen Ideenwettbewerb für die künftige Bebauung des 26 Hektar großen Geländes ausgelobt. Der Siegerentwurf des Münchner Büros Grassinger Emrich Architekten ist die Grundlage für das Bauleitverfahren, das seit Ende vergangenen Jahres läuft. Ein urban anmutendes neues Viertel soll entstehen, mit Wohnungen, öffentlichen Orten und Läden.
Eines freilich ist nicht geplant, eine Berufsschule, wie sie Student Tobias Haase geplant hat. Modern, mit viel Holz und Glas in geschwungenen Formen gebaut, als Analogie zum freigelegten Mühlbach gleich nebenan. Es sei Vorgabe der Hochschule gewesen, etwas anderes als etwa schon bestehende Planungen zu entwerfen, und weil das Handwerk auf dem Land stark sei, die Berufsschulen aber immer in den Städten, habe er sich für eine solche Ausbildungsstätte entschieden, erläuterte der Masterstudent den Anwesenden.
Bürgermeister Richard Reischl fand dennoch Parallelen: „Auch in der gemeindlichen Planung gibt es öffentliche Räume für Begegnungen, vorgesehen ist zum Beispiel eine Treppe am Mühlbach, der bei uns auch freigelegt wird.“ Ebenso wünsche man sich ein Café oder Restaurant, in Haases Entwurf fungiert die Mensa als solches. Er freue sich über die Ideen eines Studenten, betonte Reischl, „man spürt das freie Denken. Und es ist grundsätzlich sehr sympathisch, in ganz andere Richtungen zu gehen“. Tobias Haase bedankte sich im Gegenzug für die gute Zusammenarbeit, die Gemeinde habe ihm großzügig Einblick in sämtliche historische und planerische Unterlagen gewährt, das sei keine Selbstverständlichkeit.
Ob es, wie in der studentischen Planung, möglich sein wird, das letzte Gebäude der alten Holzschleiferei zu erhalten, ist nach wie vor unsicher. Geht es nach wirtschaftlichen Belangen, ist eher der Abriss wahrscheinlich. Noch aber ist nicht einmal der Bebauungsplan fertig, derzeit geht es um wasserrechtliche Fragen rund um die Freilegung des Mühlbachs und Altlasten auf dem Gelände.