Hebertshausen:Bürger dürfen neues Viertel mitplanen

Hebertshausen: Die Tage der alten Holzschleiferei in Hebertshausen sind gezählt. Der markante Bau wird abgerissen, es entsteht ein neues Viertel.

Die Tage der alten Holzschleiferei in Hebertshausen sind gezählt. Der markante Bau wird abgerissen, es entsteht ein neues Viertel.

(Foto: Toni Heigl)

Auf dem Gelände der alte Holzschleiferei wird in einigen Jahren ein neues Quartier in Hebertshausen entstehen. Nun läuft die Bürgerbeteiligung, per Umfrage und Workshop.

Von Alexandra Vettori, Hebertshausen

Es war eine hitzige Diskussion, die sich der Gemeinderat Hebertshausen vor zwei Jahren geliefert hat: Soll die 160 Jahre alte, seit 1957 leer stehende Holzschleiferei abgerissen und das Gelände komplett neu bebaut werden oder saniert man den markanten Bau am Ortseingang? Fachbüros waren zuvor beauftragt worden, den baulichen Zustand zu untersuchen, mit dem Ergebnis, dass zwar massive Wasserschäden bestehen, eine Sanierung aber machbar wäre. Trotzdem setzten sich schließlich die Abrissbefürworter mit deutlicher Mehrheit durch. Zu groß war die Angst vor unabsehbaren Kosten, zu bestechend die Aussicht, einen neuen Ortsteil nach aktuellen Bedürfnissen zu entwickeln.

Nun sind die Menschen aus Hebertshausen am Zug. Ab sofort läuft die Bürgerbeteiligung für die Überplanung eines 26 Hektar großen Areals zwischen der südlichen Amperschleife und der alten Holzschleiferei. Bis 15. November kann man sich an einer großangelegten Online-Umfrage beteiligen. Wer das lieber auf Papier erledigt, erhält die Bögen im Rathaus. 2200 Postkarten verschickt die Gemeinde momentan, um auf die Beteiligungsmöglichkeit hinzuweisen. Für eine hohe Lebensqualität im neuen Quartier reiche es nicht, mit Fachleuten Planungen zu erarbeiten, erklärt dazu Bürgermeister Richard Reischl (CSU) und hofft auf rege Beteiligung. Ab 30. November findet dann ein dreitägiger Workshop statt.

Der Mühlbach darf wieder ans Tageslicht

Den planerischen Rahmen für die Entwicklung des Areals von der ehemaligen Kartonfabrik Schuster an der Amper bis zur Freisinger Straße hat im Vorjahr ein Architektenwettbewerb abgesteckt. Der Siegerentwurf des Münchner Architektur- und Stadtplanungsbüros Grassinger Emrich und des Landschaftsarchitekturbüros Kübert sieht verschiedene Wohn- und Arbeitsformen vor. Dazwischen wird der größtenteils verrohrte Mühlbach freigelegt und als grünes Band durch das Viertel mäandern, mit Badeplätzen und Uferpromenade. Neben Bauten für Gewerbe und Dienstleistungen vorgesehen sind Betreutes Wohnen, Sozialwohnungen, eine neue Bücherei, ein Mehrgenerationen- und ein Kinderhaus; dass eine Gemeinde mit 5800 Einwohnern wie Hebertshausen all das nicht alleine stemmen kann, versteht sich von selbst. Ist die Planung einmal festgezurrt, wird man deshalb auf Investorensuche gehen.

Auf dem zwei Hektar großen Grundstück, auf dem jetzt noch die alte Holzschleiferei steht, soll laut Siegerentwurf ein Gebäude mit ähnlicher Kubatur wie der alte Industriebau entstehen, für Kultur, Ateliers und Wohnen. Auch wer nicht direkt in das neue Viertel von Hebertshausen zieht, kann sich dort künftig aufhalten, ein "Kulturplatz" gehört ebenso zur Planung wie ein "Dorfplatz" etwas weiter im Süden. Am Rande des Viertels haben die Architekten "Mobilitäts-Hubs" angedacht, Quartiersgaragen, die die Straßen möglichst autofrei halten sollen.

Die historischen Untersuchungen im Auftrag der Gemeinde ergaben, dass an der Stelle der Holzschleiferei schon seit Mitte des 15. Jahrhunderts eine Mühle stand. 1864 erwarb der Ingenieur und Unternehmer Gustav Medicus das Gelände, der auch die Dachauer Papierfabrik betrieb. Die Holzstofffabrik in Hebertshausen war Zulieferer, hier stellte man mittels Holzschliffverfahren aus Rundhölzern Fasermaterial her. 1957 wurde die Holzschleiferei geschlossen, seither steht das Gebäude leer und verfällt. Wann die Abrissbagger anrücken, ist derzeit noch ungewiss.

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