Hebertshausen:Ein Klettergerüst für den Schulhof

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Die Elisabeth-Bamberger-Schule ist in provisorischen Containern in Hebertshausen untergebracht. Die Schüler können sich damit gut arrangieren. Nur für ihre Pausen wünschen sie sich mehr Abwechslung

Von Petra Schafflik, Hebertshausen

Vorsichtig streicht Timon ein wenig rotes Pesto auf den Teig. Noch alle Ecken schön ausfüllen, dann kann der Käse drüber. Die selbstgemachte Pizza soll gut werden. "Vielleicht tu ich mir auch Zwiebeln drauf", überlegt Mitschüler Florian. Freitag, sechste Stunde, Kochen. Nachdem die Erkältungswelle die Schule fest im Griff hat, stehen heute nur zwei Achtklässler am Herd. Aber auch bei voller Besetzung gehören zu dieser Arbeitsgruppe nicht mehr als fünf Schüler. Die Klassen und Teams sind klein an der Elisabeth-Bamberger-Schule, die seit diesem Schuljahr im provisorischen Containerbau in Hebertshausen logiert. Die Schule mit Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung betreut Kinder, die eine besonders enge und individuelle Betreuung benötigen. Deshalb kümmern sich 27 Lehrer, Sonderpädagogen und Therapeuten um 66 Mädchen und Buben von der ersten bis zur neunten Klasse. Sie tun dies so engagiert, dass später einige Sechstklässler auf dem Pausenhof sagen werden: "Das ist meine Schule, hier will ich nicht mehr weg."

Still sitzen fällt schwer

Wer in der Elisabeth-Bamberger-Schule lernt, hat oft schon einen längeren Weg hinter sich. Meist sind die Jungen und Mädchen in der Schule aufgefallen, "weil sie sich einfach nicht integrieren können", wie Schulleiterin Petra Weindl erklärt. Die Kinder und Jugendlichen schaffen es nicht, still zu sitzen, geraten häufig in Konflikte, die sie nicht eigenständig lösen können. "Oft ist ihre Impulskontrolle gestört, sie flippen bei Kleinigkeiten gleich aus", erklärt Gisella Gigliotti, die das sozialpädagogische und therapeutische Angebot im Haus leitet. Weil diese durchaus ganz normal begabten Schüler sich nichts sagen lassen, sich nicht an Regeln halten, sind sie in einer regulären Schulklasse mit 30 Mitschülern kaum zu lenken.

Die Kinder, die aus allen gesellschaftlichen Schichten kommen, wie Schulleiterin Weindl ausdrücklich betont, haben deshalb oft schon Schulabbrüche hinter sich, bevor sie in dem besonderen Umfeld der Elisabeth-Bamberger-Schule einen Platz erhalten. Dort finden sie familiäre, überschaubare Strukturen und intensive, individuelle Betreuung im Unterricht wie auch bei den sozialpädagogischen und therapeutischen Angeboten am Nachmittag. Tatsächlich gibt es unter dem Dach der Schule "zwei Institutionen in einem Haus", sagt Rektorin Weindl.

Hilfe für Eltern

Es arbeiten Schule und Jugendhilfe eng verzahnt Hand in Hand. Nicht Lernen am Vormittag, Üben und Freizeitaktivitäten am Nachmittag, wie es in offenen Ganztagsangeboten von Regelschulen oft der Fall ist. Sondern ein enges Miteinander von Lehrern, Fach- und Sonderpädagogen, Kinder- und Jugendtherapeuten, die alle zusammen arbeiten. Schon in den Unterricht sind zusätzliche Pädagogen eingebunden, nachmittags werden Betreuung und Therapie angeboten. Alles, was die Kinder an Unterstützung benötigen, finden sie unter dem Dach der Schule. "Die Hilfe für die Eltern ist umfassend."

Eine Hilfe, die mehr und mehr Kinder benötigen. Im Großraum München gibt es nicht viele Einrichtungen für Kinder mit emotionalem Förderbedarf. Umso größer war deshalb vor ziemlich genau einem Jahr das Entsetzen, als die Elisabeth-Bamberger-Schule vor dem Aus stand. Der Verein Kinderschutz zog sich nach Jahrzehnten aus der Trägerschaft zurück, der Standort in Karlsfeld musste aufgegeben werden. Eine Zeitlang wusste niemand, wohin. "Diese Erfahrung war schlimm für die Kinder", erinnert sich Schulleiterin Weindl. Tatsächlich wechseln immer wieder Schüler erfolgreich auf die Regelschule, gehen nach der vierten Klasse auf Gymnasium oder Realschule. Aber ein abruptes Ende "ihrer" Schule hätte wohl die meisten der Kinder völlig überfordert. Deshalb sind Schüler und Team froh, dass das Franziskuswerk Schönbrunn nun als Träger die Einrichtung organisiert und alle gemeinsam nach Hebertshausen umziehen konnten.

Vogelschaukel und Fußballtore

Die Schule befindet sich in einem zweigeschossigen Containerbau, eine Übergangslösung, die außenstehende Besucher vielleicht unkomfortabel finden, mit der die Mädchen und Buben aber gut leben können. Für sie zählen die bekannten Gesichter und die vertraute, familiäre Atmosphäre. Einziger Wermutstropfen: Der eng begrenzte Pausenhof bietet bisher keinerlei Abwechslung, außer herumsausen können die Schüler nichts tun. Was sie gerne hätten, wissen die Kinder genau. Gemeinsam mit den Lehrern haben sie schon ein Konzept erarbeitet. Eine Vogelschaukel wäre gemütlich, findet Dominik, Armin hätte gerne Fußballtore und Linien, um richtig zu kicken. Einig sind sich alle, dass ein Klettergerüst wieder toll wäre. "Wie wir es im alten Schulhof hatten, das war einfach super", sagt der zehnjährige Florian. Weil staatliche Gelder nicht alle Wünsche abdecken, will der SZ-Adventskalender die Elisabeth-Bamberger-Schule bei der Gestaltung des Pausenhofs unterstützen.

© SZ vom 26.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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