Süddeutsche Zeitung

Dachau:Sieben Meter

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Ein Landwirt soll einen Brunnen statt auf 40 auf 47 Meter Tiefe gebohrt haben und die Anlage zurückbauen. Sein Anwalt aber sagt: Der Bau war rechtens.

Von Helmut Zeller, Dachau

Ein Landwirt aus Hebertshausen bohrt einen Brunnen, das Landratsamt Dachau verlangt nun den Rückbau der Anlage, weil der Brunnen - wie die Behörde erklärt - zu tief reicht und die Trinkwasserversorgung gefährdet. So einfach liest sich die Geschichte dieses Streits aus dem Blickwinkel der Kreisbehörde. Doch nun hat sich Johannes Daseking zu Wort gemeldet, der den Landwirt Stefan Spennesberger vertritt. Der Rechtsanwalt gehört zur Kanzlei "Landvokat Rechtsanwaltschaftgesellschaft mbH" und seine Variante der Geschichte rückt die Sache in ein neues Licht. Darüber wird das Verwaltungsgericht München am 14. Dezember befinden. Der Landwirt hat gegen die Rückbau-Anordnung des Landratsamtes geklagt.

Landwirt Spennesberger wollte in einem früheren Gespräch mit der SZ nicht Stellung nehmen, weil es sich, wie er sagte, um ein laufendes Verfahren handelt. Nur so viel: Für seinen Betrieb wäre der geforderte Brunnenrückbau eine "Katastrophe". Nun aber widerspricht Rechtsanwalt Daseking dem Landratsamt: "Es ist nicht korrekt, dass der Brunnen ohne Zustimmung des Landratsamtes gebaut wurde." Der Landwirt hat 2015 für seine Christbaumzucht auf dem 22 Hektar großen Tannenhof Oberweilbach eine Brunnenbohrung beantragt. Diese sind gemäß den gesetzlichen Vorgaben bei der jeweiligen Kreisverwaltungsbehörde vor Beginn der Arbeiten anzuzeigen. "Die Bohranzeige von Herrn Spennesberger ist am 22. Juni 2015 beim Landratsamt Dachau eingegangen. Mit Schreiben vom 21. Juli 2015 teilte das Landratsamt Dachau mit, dass in Absprache mit dem Wasserwirtschaftsamt München gegen die geplante Bohrtiefe von 40 Metern keine Bedenken bestehen", so Rechtsanwalt Daseking.

Das Landratsamt hatte die Bohrung als rechtens bezeichnet. "Er kann schon mit dem Bohren anfangen, aber nicht bis zum Tiefengrundwasser", sagte Sina Török, Pressesprecherin des Landratsamtes.

Doch der zentrale Punkt: "Die zuständige Brunnenbaufirma hat ohne Kenntnis von Herrn Spennesberger die beantragte und zugelassene Bohrtiefe von 40 Meter um sieben Meter überschritten. Nach dem vom Wasserwirtschaftsamt München geprüften Schichtenverzeichnis wurde der Grundwasserleiter bereits in einer Bohrtiefe von 34 Meter erschlossen. Das heißt, selbst bei Einhaltung der vom Landratsamt akzeptierten Bohrtiefe von 40 Metern wäre der Grundwasserleiter erschlossen worden", argumentiert Daseking.

Auch die Rolle des Wasserwirtschaftsamtes München, das am Prüfverfahren beteiligt war, erscheint Daseking zufolge in einem anderen Licht. Die Bohrung für eine Brunnenanlage ist das eine, für deren Betrieb ist jedoch eine wasserrechtliche Erlaubnis nötig, die nach dem Bau eines Brunnens beantragt werden muss. Das hat Spennesberger beim Landratsamt getan. Das Wasserwirtschaftsamt hat dazu am 22. Mai 2018 ein Gutachten erstellt und vorgeschlagen, dem Landwirt auf Antrag vom 9. Mai 2018 die widerrufliche beschränkte Erlaubnis für die Förderung des Grundwassers aus dem Brunnen zu erteilen. Die Begründung des Wasserwirtschaftsamts auf Seite 8 seines Gutachtens lautete, wie Daseking zitiert, "dass der beantragte Brunnenausbau nach Erfüllung der vom Wasserwirtschaftsamt vorgegebenen Auflagen einen aus Sicht des Wasserwirtschaftsamtes ausreichenden Schutz des Tiefengrundwassers gewährleistet".

Dies habe der Sachverständige der Behörde dem Landratsamt Dachau mit Schreiben vom 3. Dezember 2018 nochmals bestätigt: "Andererseits ist ein Rückbau unseres Erachtens nicht erforderlich, da bei Einhaltung der Auflagen kein erhöhtes Risiko für eine Verunreinigung des Grundwassers zu befürchten ist." Zudem, so Daseking, liege der Brunnen circa 1,5 Kilometer entfernt vom äußeren Rand des Wasserschutzgebietes Zone III der Wassergewinnungsanlage Arzbach. Die Entnahme der beantragten 29 000 Kubikmeter Wasser pro Jahr gefährde nach Auffassung des Wasserwirtschaftsamtes die Regeneration des Grundwassers nicht. Die Trinkwasserbrunnen in der Region seien nicht wie der fragliche Brunnen auf 47 Meter, sondern auf 150 bis 200 Meter Tiefe abgeteuft.

Auch bei einem Rückbau der Brunnenanlage auf die erlaubte Ausbautiefe von 40 Metern wäre laut Daseking der Grundwasserleiter erschlossen, da er bereits in 34 Metern Bohrtiefe beginne. Die Grundwasserförderung wäre in der vom Landratsamt gestatteten Tiefe innerhalb des gleichen Grundwasserkörpers möglich; nur die Fördermenge würde sich dadurch verringern. Das Verwaltungsgericht entscheidet: Es geht um sieben Meter.

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SZ vom 10.12.2021
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