Förderschule:Dauerhaftes Zuhause gesucht

Der Container-Bau der Elisabeth-Bamberger-Schule in Hebertshausen ist eine bis 2021 befristete Übergangslösung. Noch immer bemüht sich das Franziskuswerk Schönbrunn als Träger um einen neuen Standort an der S-Bahn-Linie

Von Petra Schafflik, Hebertshausen

Ein trüber Wintertag, doch von der Kälte lassen sich die Mädchen und Buben nicht abhalten. Kaum läutet es zur Pause, strömen sie aus ihren Klassenräumen aufs kleine Freigelände der Elisabeth-Bamberger-Schule (EBS), entern das Klettergerüst oder kicken einen Fußball. Auf den ersten Blick ganz normaler Schulalltag. Doch tatsächlich bietet die Schule, die seit 2016 in einem provisorischen Container-Bau in Hebertshausen logiert, ein ganz besonderes Konzept. In dem staatlich anerkannten, privaten Förderzentrum mit Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung, werden Mädchen und Buben unterrichtet, die an einer regulären Schule nicht zurechtkommen, die eine besonders enge, intensive und individuelle Betreuung benötigen. Doch die Einrichtung mit langer Tradition im Landkreis, die für viele der Schüler ein Rettungsanker ist, blickt aktuell in eine unklare Zukunft. Denn der Container-Komplex ist eine bis 2021 befristete Übergangslösung.

"Diese Unsicherheit beeinträchtigt schon auch die Qualität unserer Arbeit", sagt Schulleiterin Petra Weindl. Doch es zeichnen sich offenbar Optionen ab für die EBS, seit 2016 in Trägerschaft des Franziskuswerk Schönbrunn. Einen dauerhaften Standort in Hebertshausen mochte der Gemeinderat der Schule zwar im vorigen September nicht zusagen. Doch sei es "politischer Konsens, dass wir uns diese Schule im Landkreis wünschen", betont Landrat Stefan Löwl (CSU). Er unterstütze daher die Standortsuche als "Türöffner und Vermittler", so der Landrat. Auch beim Franziskuswerk sei man zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden werden könne, so Sprecher Matthias Haack. Bis dahin bleibt diese wichtige Einrichtung in Hebertshausen, auch nach 2021. "Wir werden die Bamberger-Schule bestimmt nicht vor die Tür setzen", betont Bürgermeister Richard Reischl (CSU).

Bamberger Schule

Die Elisabeth-Bamberger-Schule ist derzeit noch in einem Container-Komplex in Hebertshausen untergebracht.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

"Das Allerschlimmste wäre, die Schulgemeinschaft jetzt in Hektik und Existenzängste zu versetzen", sagt Hebertshausens Rathauschef. Die Gemeinde sehe es zwar nicht als ihre Aufgabe, einen dauerhaften Standort für die EBS bereitzustellen. Sollte der Schulträger aber ein geeignetes Grundstück in Nähe der S-Bahn finden, "werden wir im Gemeinderat erneut diskutieren". Formal zuständig oder verantwortlich ist auch der Landkreis für die EBS nicht. Dennoch unterstützt Landrat Stefan Löwl (CSU) bei der Suche nach einem geeigneten Areal, um der Schule eine Zukunft im Landkreis zu eröffnen. Gesucht wird eine Fläche an der S-Bahn, also in Karlsfeld, Dachau, Hebertshausen oder Röhrmoos, da die Schüler aus dem gesamten Landkreis und auch aus München, Freising und Fürstenfeldbruck kommen.

Dieser große Einzugsbereich zeigt, dass die Elisabeth-Bamberger-Schule ein ganz besonderes Schulkonzept verfolgt. Tatsächlich haben die 68 Mädchen und Buben, die aktuell dort lernen, meist schon einen längeren Weg hinter sich. In der Regel sind sie im Kindergarten oder zu Beginn ihrer Schullaufbahn aufgefallen, "weil sie sich einfach nicht integrieren können", wie Schulleiterin Petra Weindl erklärt. Die Kinder und Jugendlichen schaffen es nicht, still zu sitzen, Emotionen zu regulieren und Aggressionen im Zaum zu halten. "Die Frustrationstoleranz fehlt." In der Folge geraten diese Mädchen und Buben häufig in Konflikte, die sie nicht eigenständig lösen können. Sie stören mit ihrem Verhalten dann den Schulfrieden, leiden aber vor allem auch selbst enorm. Die Kinder, die aus allen gesellschaftlichen Schichten kommen, wie die Schulleiterin sagt, haben deshalb oft schon Schulabbrüche hinter sich, bevor sie in dem besonderen Umfeld der Elisabeth-Bamberger-Schule einen Platz erhalten. Dort finden sie familiäre, überschaubare Strukturen und intensive, individuelle Betreuung im Unterricht. 32 Plätze gibt es in einem sozialpädagogischen Tagesangebot. Dabei sind schon in den Unterricht zusätzliche Pädagogen eingebunden, nachmittags werden Betreuung und Therapie angeboten. "Wir haben die größten Erfolge durch dieses verwobene Geflecht in einem Team", so Petra Weindl. Eigentlich bräuchte es dieses Konzept für alle Schüler, aber im provisorischen Containerbau fehle dafür der Platz. Der Platz fehlt auch für einen Ausbau der Kapazitäten in der Eingangsklasse, wo aktuell Schüler der ersten und zweiten Jahrgangsstufe gemeinsam lernen. Wenn es nach der Vielzahl der Anfragen geht, "könnte ich eine Klasse für jede Jahrgangsstufe aufmachen, allerdings gibt es dafür kein Klassenzimmer."

Förderschule: Petra Weindl leitet die Elisabeth-Bamberger-Schule. Sie sehnt das Ende der Provisorien herbei.

Petra Weindl leitet die Elisabeth-Bamberger-Schule. Sie sehnt das Ende der Provisorien herbei.

(Foto: Toni Heigl)

Auch wenn es das Provisorium in Hebertshausen aktuell nicht ahnen lässt, hat die Elisabeth-Bamberger Schule eine lange Tradition im Landkreis. Gegründet wurde sie bereits in den 1950er Jahren als Heimschule des Amalie-Nacken-Heims in Dachau, wurde dort über Jahrzehnte vom Verein Kinderschutz als Träger geführt. Nach Auflösung dieses Standorts war die Einrichtung dann einige Jahre in Karlsfeld untergebracht. Als sich der Kinderschutz 2016 aus der Trägerschaft zurückzog, übernahm das Franziskuswerk Schönbrunn und es erfolgte der Umzug ins kurzfristig installierte Container-Domizil in Hebertshausen. Seit den Anfängen ist der Bedarf für diese besondere Schulform größer geworden, betont Weindl. Aktuell lernen von der ersten bis zur neunten Klasse 68 Schüler betreut von einem engagierten Team mit Sonderschul- wie Fachlehrern, Heil- und Sozialpädagogen und psychologischem Fachdienst. Und während noch vor Jahren nur einzelne Schüler aus dem Landkreis kamen, sind es inzwischen 23, "Tendenz nach oben." Umso wichtiger, dass die Schule im Kreis eine Zukunft bekommt. Zumal alle Grund- und Mittelschulen von der Expertise der speziell qualifizierten Pädagogen der Bamberger-Schule als mobiler Dienst unterstützt werden. Die Schüler selbst finden das provisorische Gebäude schon "ein bisschen peinlich", wie ein Junge sagt. Dennoch machen sie sich täglich auf den oft weiten Schulweg dorthin. "Denn hier gehen die Lehrer auf mich ein." Dennoch wäre ein Ende des Provisoriums, das schon mit dem Umzug nach Karlsfeld vor fast zehn Jahren begann, wirklich wünschenswert, sagt die Schulleiterin. Denn Fachräume fehlen genauso wie ein Elternsprechzimmer, zum Musikunterricht und zum Sport geht es in die benachbarte Mittelschule. Auch fehlt einfach der Raum für eine bedarfsgerechte Schulentwicklung. "Wir müssen immer improvisieren". Dass bald ein dauerhafter Zukunftsstandort gefunden wird, wäre deshalb wichtig. Die Schule, das betont auch Rathauschef Reischl, "hätte ein festes Zuhause in einem passenden Umfeld wirklich verdient."

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