Haushaltsdebatte:"Die Ausgaben rennen uns davon"

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Kreisräte und Landrat sind besorgt: Die Sozialausgaben steigen enorm. Allein für die Jugend braucht der Landkreis heuer 4,6 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Aber auch Betriebs- und Personalkosten schlagen zu Buche. Grund dafür ist laut Stefan Löwl vor allem die steigende Einwohnerzahl. Bis 2035 soll es 25 000 neue Bürger geben

Von Robert Stocker, Dachau

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Harald Dirlenbach bringt die Lage auf den Punkt: "Unsere größte Sorge ist es, dass der Einnahmemotor zu stottern anfängt, denn die Ausgaben werden bleiben." Der Satz umschreibt die finanzielle Situation des Landkreises. Dank sprudelnder Steuern steigen die Einnahmen deutlich, doch auch die Ausgaben und Defizite nehmen zu. Sorgen machen sich viele Kreispolitiker über die Kosten für die soziale Sicherung. Sie steigen auf mehr als 51 Millionen Euro an. Das sind die Eckpfeiler des Haushalts 2017, der ein Rekordvolumen von 183 Millionen Euro hat. Der Etat steht dank der Einnahmen auf soliden Füßen. Der Kreistag verabschiedete ihn am Freitag einstimmig, auch wenn mancher Mandatsträger etwas unruhig in die Zukunft blickt.

Weil die Steuerkraft um fast vier Prozent gestiegen ist, will der Landkreis die Gemeinden entlasten. Obwohl der Hebesatz um einen Punkt auf 46,5 Prozentpunkte sinkt, steigt die Kreisumlage der Kommunen um eine Million auf 73,4 Millionen Euro. Was die Einnahmen betrifft, ist Kreiskämmerer Gerd Müller weiterhin zuversichtlich. Die Steuerkraft des Landkreises wird auch im nächsten Jahr steigen. Landrat Löwl (CSU) macht sich wie andere Kreistagsmitglieder über die steigenden Kosten Sorgen. "Die Ausgaben rennen uns davon", stellte er im Kreistag fest. Das gilt besonders für die Jugendhilfe, für die der Landkreis 24,6 Millionen Euro ausgeben muss - 4,5 Millionen Euro mehr als 2016. Das steigende Defizit in diesem Bereich beunruhigt auch den CSU-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Offenbeck. Er verwies aber darauf, dass der Landkreis einen Überschuss von 7,5 Millionen Euro zur freien Verfügung hat. "Damit lässt sich die Zukunft gestalten", sagte Offenbeck. "Rekordlastig, aber notwendig" sind für die SPD die Ausgaben im sozialen Bereich. Die Sozialdemokraten halten jeden Euro für die Prävention für sinnvoll, gerade für die Jugendsozialarbeit an den Schulen. Fraktionsvorsitzender Dirlenbach kritisiert in diesem Zusammenhang die Staatsregierung. Sie beteilige sich an den Kosten zu wenig und lasse die Kommunen im Regen stehen. Dirlenbach befürchtet, dass die Kreisumlage bald wieder steigen könnte. "Dann wird die Luft zum Atmen für die Gemeinden knapp".

Auch die Betriebs- und Personalkosten schlagen im Haushalt 2017 stark zu Buche. Für die Beschäftigten werden 21,4 Millionen Euro ausgegeben, die Kosten für den laufenden Betrieb betragen 26,4 Millionen. Im Vergleich zu 2016 steigen die Personalausgaben um fast zwei Millionen Euro. "Mehr Menschen im Landkreis kosten mehr Geld", begründete Löwl die gestiegenen Kosten. Der Landrat weist auf das Wachstum der Bevölkerung im Landkreis hin. In zwei Jahren werde die Einwohnerzahl wohl auf 150 000 steigen, bis zum Jahr 2035 werden mehr als 25 000 neue Bewohner erwartet. Im Landratsamt gibt es 70,2 Stellen, die für staatliche Aufgaben vorgesehen sind. Den Löwenanteil der Kosten muss aber der Landkreis zahlen. Dies kritisieren nicht nur der Landrat, sondern auch die SPD und die Freien Wähler. "Solche Stellen muss der Staat bezahlen", merkt Fraktionsvorsitzender Michael Reindl von den Freien Wählern an. Reindl sieht die gestiegenen Personalkosten generell kritisch, setzt sich aber für einen besseren Service für die Bürger ein. Der sei besonders in der Kfz-Zulassungsstelle, aber auch im Kreisbauamt nötig. Reindl: "Es geht nicht, dass die Genehmigung für eine Dachgaube in der Regel vier bis sechs Wochen dauert." Außerdem fordert er den Landrat auf, die geplante Sparkassenfusion rechtzeitig von den Kreisgremien beraten zu lassen.

Achim Liebl (Bündnis 90 / Die Grünen) und Mechthild Hofner (ÖDP) attestierten der Verwaltung eine solide Finanzpolitik. Liebl wünschte sich, dass der Landkreis mehr für den Klimaschutz tut. Sebastian Leiß von den Freien Wählern Dachau sah die Entwicklung kritischer. Was die Zahlen des Haushalts betrifft, stehen für Kreiskämmerer Müller die Ampeln auf Grün. "Die Ampeln stehen auf Gelb", sagte Leiß. Er führte die höheren Ausgaben für dauerhafte Ausgaben an und die steigenden Defizite in vielen Bereichen. "Die Ausgaben sind um zehn Millionen Euro höher als die Rekordeinnahmen." Leiß warnte vor einer nachlassenden Wirtschaftskraft und steigenden Zinsen. Deshalb müsse auch auf die Rücklagen und die Neuverschuldung geachtet werden. Auch für die kleinen Dinge, die für den Bürger wichtig sind, müsse Geld da sein. Dazu gehören für Leiß Abendöffnungszeiten in der Zulassungsstelle. Darauf reagierte Landratsamtssprecher Wolfgang Reichelt nach dem öffentlichen Teil der Sitzung prompt: "Das haben wir längst eruiert. Für Abendöffnungszeiten in der Zulassungsstelle gibt es keinen Bedarf."

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