Süddeutsche Zeitung

Haushalt Karlsfeld:Auf der Suche nach Geldquellen

Karlsfelds Schulden wachsen bis Jahresende auf 30,6 Millionen Euro. Dennoch stehen wichtige Investitionen an. Um die stemmen zu können, müssen die Einwohner wohl bald in einigen Bereichen mehr bezahlen

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Die Haushaltsberatungen in Karlsfeld stehen kurz vor dem Start. Auch wenn die Gewerbesteuereinnahmen in diesem Jahr etwas besser waren, als ursprünglich gedacht, sieht die Finanzlage der Gemeinde nach wie vor sehr mau aus. Der Schuldenberg soll laut Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) bis Ende des Jahres auf 30,6 Millionen Euro anwachsen. Grund genug für die Gemeinderäte, sich die Einnahmenseite genauer anzuschauen. Schließlich wollen die Kommunalpolitiker nicht wie im vergangenen Jahr alles vertagen. Wichtige Investitionen stehen an, wie etwa die Sanierung von Dreifachturnhalle und Hallenbad. Auch den Radverkehr will man fördern, doch um etwas gestalten zu können, ist Geld nötig. Und so hat der Gemeinderat jetzt beschlossen, neben den Kinderbetreuungsgebühren auch die Hundesteuer anzuheben. Grabgebühren und Abopreise für Veranstaltungen im Bürgerhaus stehen noch auf dem Prüfstand. Ende November wollen die Kommunalpolitiker auch noch über die Gewerbesteuer-Hebesätze diskutieren.

Frei nach dem Motto "Kleinvieh macht auch Mist", wie Adrian Heim (Bündnis) es treffend formulierte, werden die Hundebesitzer künftig mehr zur Kasse gebeten. Dass sich die Erhöhung der Hundesteuer lohnen könnte, war den Gemeinderäten aufgegangen, als die Verwaltung vor einigen Monaten berichtete, dass sich viele Karlsfelder in der Corona-Krise einen Hund zulegten. 750 Hunde gab es Anfang 2020 in Karslfeld, also vor der Pandemie. Jetzt ist die Zahl auf 800 gestiegen. Bisher kostete ein Hund 60 Euro im Jahr, ermäßigt die Hälfte. Künftig werden die Frauchen und Herrchen 80 Euro für ihren Liebling zahlen müssen, ermäßigt, wie gehabt, die Hälfte. "Hunde haben Folgekosten", sagte Ursula Weber (CSU) schon im Hauptausschuss als Rechtfertigung für die Anhebung der Steuersätze. 2016 hatte die Gemeinde das letzte Mal die Hundesteuer erhöht. 16 200 Euro wird das laut Kämmerer Alfred Giesinger mehr in die Kasse spülen. Insgesamt bringen die Hunde dann 64 800 Euro.

Die Erhöhung der Gebühren für Kindergärten, Hort und Krippen wird etwa 600 000 Euro mehr abwerfen. "Das entspricht gerade mal dem, was die Gemeinde dem Personal für die München-Zulage mehr zahlen muss", erklärt Kämmerer Giesinger.

Überlegt wird nun auch, die Abogebühren für die Kulturveranstaltungen im Bürgerhaus zu erhöhen. Etwa 500 Abonnenten gibt es laut Geschäftsleiter Francesco Cataldo. Vor zwei Jahren hatte die Gemeinde die Preise um zehn Prozent angehoben. Jetzt spielen die Gemeinderäte mit dem Gedanken, sie um 20 oder gar 30 Prozent zu erhöhen. Wollte man kostendeckend arbeiten, müssten die Abopreise gar um 63 Prozent heraufgesetzt werden, sagte Cataldo im Hauptausschuss. Denn es seien nicht nur zwei Mitarbeiter der Gemeinde mit Abendkasse, Presse, Auf- und Abbau bei jeder Veranstaltung beschäftigt, auch Bühnenhelfer und andere Fremdfirmen seien nötig, alles vorzubereiten, sowie Einlasskontrollen zu machen. Der Gebäudeunterhalt sei da noch gar nicht eingerechnet, beklagte Adrian Heim (Bündnis). "Wir sind noch weit weg von einer Kostendeckung. Wir müssen einen deutlichen Schritt machen und jetzt auf 30 Prozent erhöhen", forderte er. Damit man in zwei Jahren vielleicht auf 100 Prozent komme. Auch Heike Miebach (Grüne) erkannte sofort, dass diese freiwillige Leitung "Luxus" ist.

Kulturreferentin Ingrid Brünich (CSU) warnte vor einer so drastischen Erhöhung der Preise: "Jetzt ist der Saal fast ausverkauft. Aber die Leute werden abspringen." Die Abonnenten seien zum großen Teil "ältere Herrschaften", die nur begrenzt viel Rente zur Verfügung hätten. Und wenn der Saal dann fast leer wäre, sei nichts gewonnen. Im übrigen müsse man bedenken, dass die Preise in München auch nicht so hoch seien und die Eintrittskarten dort zusätzlich sogar noch als Fahrschein für den öffentlichen Nahverkehr gelten würden.

Venera Sansone (SPD) schlug vor, die Auswärtigen zur Kasse zu bitten. Doch Cataldo nahm ihr gleich den Wind aus den Segeln: "Die Unterscheidung dürfen wir nicht treffen. Wir sind eine Behörde, eine öffentliche Einrichtung." "Das Kulturabo ist eine Erfolgsgeschichte und eine schöne Visitenkarte unserer Gemeinde", bemerkte Stefan Handl (CSU). "Wir können uns nicht mit München messen, nicht mal mit Dachau." Zudem könne Karlsfeld nicht mal vernünftige Sitzmöbel anbieten. Wer im Bürgerhaus Platz nehme, müsse Angst haben, dass der Stuhl eventuell nicht den ganzen Abend durchhält, erinnerte er. "Wir sollten uns das Kulturabo nicht aus finanziellen Gründen kaputt machen", mahnte Handl. Zwar werde man an einer signifikanten Erhöhung nicht vorbeikommen, aber 20 Prozent hielt er für ausreichend.

"Die Energiekosten werden uns ordentlich einholen", prophezeite Birgit Piroué (Bündnis). "Acht Euro sind nicht die Welt. Das können Rentner auch noch stemmen", sagte sie. Und vielleicht könnte die Gemeinde ja Parkplatzgebühren verlangen. Der Parkplatz vor dem Bürgerhaus sei immer rappelvoll. "Fünf Euro wäre eine Überlegung wert", gab sie zu bedenken. Die Fraktionen werden jetzt noch einmal in Klausur gehen und sich beraten, bevor die Sache endgültig entschieden wird.

Neben der Kultur stellen die Karlsfelder Gemeinderäte auch die Friedhofssatzung auf den Prüfstand. Sicher ist bereits: Das Sterben soll teurer werden. Wie stark die Preis steigen, ist indes noch unklar. "Wir müssen uns extrem bewegen", kündigte Bürgermeister Stefan Kolbe im Hauptausschuss an. "Bei der aktuellen Finanzlage müssen wir eine Deckung von 100 Prozent erreichen", sagte Heim. Laut Expertin ist die Grabnutzungsgebühr derzeit "eher gering bemessen". Das soll nun angepasst werden. Schon um die Urnenwand 2022 wie geplant errichten zu können. Das Vorhaben wurde schon mehrfach mangels finanziellem Spielraum verschoben. Nach derzeitigen Berechnungen wird es die Gemeinde rund 80 000 Euro kosten. Aber sie ist wohl nötig, denn "die Tendenz geht zu Urnenbestattungen", so die Expertin. Auch diesen Preissprung beraten die Gemeinderäte nun zunächst in ihren Fraktionen.

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Quelle:
SZ vom 16.11.2021
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