Süddeutsche Zeitung

Haushalt:Der Schuldenberg wächst

Karlsfeld will heuer 21,7 Millionen Euro investieren, unter anderem für den Neubau der Grundschule an der Krenmoosstraße. Dafür muss die Gemeinde 15 Millionen Euro neue Kredite aufnehmen

Von Walter Gierlich, Karlsfeld

Der Karlsfelder Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung für dieses Jahr einen Rekordhaushalt mit der Gesamtsumme von 81 Millionen Euro einstimmig verabschiedet. Davon entfallen 62,4 Millionen Euro auf den Gemeindeetat, der Rest auf die Wirtschaftspläne der Gemeindewerke und des Eigenbetriebs Volkshochschule. Neben den laufenden Kosten, etwa für Personal und Betrieb sowie die Kreisumlage, will die Kommune in diesem Jahr stattliche 21,7 Millionen Euro investieren, wie Kämmerer Alfred Giesinger erläuterte. Größter Brocken im Investitionsetat ist der erste Teilbetrag für den Neubau der Grundschule an der Krenmoosstraße mit zehn Millionen Euro. Um diese enorme Summe stemmen zu können, muss Karlsfeld allerdings 15 Millionen Euro neue Kredite aufnehmen, so dass der Schuldenstand auf 21,2 Millionen Euro ansteigen wird. Die Pro-Kopf-Verschuldung klettert damit von 330 Euro auf 1052 Euro - "ungefähr das Doppelte des Landesdurchschnitts", sagte Giesinger.

Musste die Kommune 2017 die Rücklagen nicht in einem Maße plündern wie zunächst befürchtet, sondern statt fünf nur etwa zwei Millionen Euro ausgeben, so werden die Geldreserven 2018 "bis auf die gesetzlich vorgeschriebene Mindestsumme von rund 350 000 Euro heruntergefahren", wie Finanzreferent Holger Linde (CSU) in seiner Haushaltsrede sagte. Allerdings betonte er, dass diese Rücklagenentnahme von 3,1 Millionen Euro und die Kreditaufnahme in Höhe von 15 Millionen Euro für Zukunftsinvestitionen dringend benötigt würden. Linde nannte als Beispiele dafür den Grundschulbau, Ausgaben für Baumaßnahmen an Kindertagesstätten und Mittagsbetreuung, im Sportpark, die Installation einer Fotovoltaikanlage am Hallenbad, den behindertengerechten Umbau von Bushaltestellen sowie Ausrüstungsgegenstände für die Feuerwehr. Der Finanzreferent hält angesichts der kritischen Finanzlage Karlsfelds das 2011 bereits einmal per Bürgerentscheid abgelehnte Gewerbegebiet an der Schleißheimer Straße für "nach wie vor für notwendig". Nachdrücklich wies er zudem darauf hin, dass die Finanzierung der kommunalen Aufgaben "ohne Kreditaufnahmen in den nächsten Jahren nicht mehr möglich" sei.

Als "eine wichtige Investition in die Bildung und damit Zukunft unserer Kinder" bezeichnete CSU-Fraktionschef Bernd Wanka den Bau der neuen Grundschule, deren Kosten "im tiefen zweistelligen Millionenbereich" trotzdem Sorgen bereite. "Bleiben uns im kommenden Jahrzehnt ausreichende finanzielle Spielräume oder müssen wir unsere Leistungen auf unsere Pflichtaufgaben begrenzen?", fragte er angesichts der drastisch steigenden Verschuldung besorgt. Wanka erklärte, dass die Haushaltskonsolidierung fortgeführt werden müsse. Auch er hält das Gewerbegebiet an der Schleißheimer Straße für unbedingt erforderlich, betonte aber, verbunden mit der Bitte an die Kritiker um Vertrauen: "Ein Zusammenwachsen Dachaus und Karlsfelds ist und bleibt nicht unser Ziel."

Deutlich positiver als ihre Vorredner sah Venera Sansone (SPD) den vorliegenden Etatentwurf: "Das Zahlenwerk erlaubt es uns dieses Jahr tatsächlich, ein wenig optimistisch in die Zukunft zu blicken." Die enormen Ausgaben seien aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, "nämlich als Investitionen, als notwendige Mittel, um etwas zu bewegen, um unser Karlsfeld zu gestalten und nicht nur zu verwalten", sagte sie. Der eiserne Sparkurs der vergangenen Jahre und "das Drehen an den Stellschrauben der Einnahmenseite im letzten Jahr" hätten sich ausgezahlt, betonte Sansone. Noch sei die finanzielle Situation der Gemeinde zwar nicht gut, "aber man sieht Licht am Ende des Tunnels". Die SPD werde dem Gemeindehaushalt 2018 jedenfalls zustimmen, kündigte sie abschließend an.

Die einzige Gegenstimme wäre von der Bündnisfraktionsvorsitzenden Mechthild Hofner gekommen und zwar wegen des von der CSU herbeigesehnten Gewerbegebiets an der Schleißheimer Straße, wäre sie nicht beruflich verhindert gewesen, teilte ihr Stellvertreter Adrian Heim mit. Er selbst hingegen hatte kein Problem zuzustimmen, lobte im Gegenteil die Ausgaben für Schulen und Kinderbetreuung als Investitionen "in die Zukunft unser Gemeinde". Besonders freute sich Heim mit Blick auf die geplante Fotovoltaikanlage am Hallenbad, eine LED-Flutlichtanlage im Sportpark und den Bezug von Ökostrom für Gemeindegebäude, dass es gelungen sei, "einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten". Allerdings fand er auch einen Grund zur Klage: Der Einkommenssteueranteil, der mit 16,8 Millionen Euro der größte Einnahmeposten ist, werde auf Basis der Einwohnerzahl von 2013 berechnet. Weil damals deutlich weniger Menschen in Karlsfeld lebten, gingen der Gemeinde 2,5 Millionen Euro durch die Lappen.

Das Schlusswort in den Etatberatungen hatte wie immer Einzelkämpfer Anton Flügel von den Freien Wählern. Er kritisierte, dass Bund und Länder zum vierten Mal in Folge enorme Steuerüberschüsse verbuchen konnten, dass aber die Kommunen "von dieser Entwicklung abgekoppelt" seien. Er beklagte, dass die Gemeinde bei den stark gestiegenen Kosten für Kinderbetreuung "vom Bund und vom Land alleine gelassen" werde.

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SZ vom 26.03.2018
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