Haushaltsdebatte in Karlsfeld:Weniger Geld für Sport und Kultur

TSV Eintracht

Das Sportgelände des TSV Eintracht Karlsfeld bei München. Der Verein hat in der Pandemie Mitglieder verloren.

(Foto: N.P.JØRGENSEN)

Weil Karlsfeld um einen genehmigungsfähigen Haushalt ringt, fallen die Fördergelder für Vereine in diesem Jahr geringer aus. Einige Gemeinderäte sorgen sich deshalb, Karlsfeld könnte zur "Schlafstadt" verkommen

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Schon seit gut zwei Monaten ringen die Parteien mit sich, es ist eine schwierige Entscheidung. Vereinszuschüsse kürzen, das tut keiner gern. Doch die Finanzlage der Gemeinde Karlsfeld zwingt die Kommunalpolitiker dazu. In der Kasse fehlen vier Millionen Euro nur um die laufenden Kosten zu decken - an Investitionen ist da erst gar nicht zu denken. "Vereinszuschüsse sind freiwillige Leistungen", mahnt Beate Full (SPD). Schon zwei Mal hatten die Karlsfelder Politiker in Sitzungen darüber kontrovers diskutiert und am Ende die Entscheidung doch verschoben. Auch am Dienstag wollte Venera Sansone (SPD) das Thema am liebsten noch einmal vertagen, denn der Gemeinderat will am Donnerstag über eine Strategie zur Haushaltsplanung beraten. Diese hätte sie gerne als Hintergrund für eine Entscheidung abgewartet, erklärt sie. Doch der Hauptausschuss lehnte ihren Antrag ab.

Der Ausgabeposten war verhältnismäßig klein: 26 000 Euro hatten die Vereine für 2021 beantragt - ohnehin schon eine deutlich kleinere Summe als in den Jahren zuvor. Manche, wie etwa der Bund Naturschutz oder der Sozialverband VdK verzichteten ganz, andere wie der TSV Eintracht Karlsfeld überlegten, wo man sparen kann und reduzierten ihre Forderung. "Es hat sich offenbar schon rumgesprochen, dass wir uns schwertun", sagte Finanzreferent Stefan Theil (CSU) anerkennend.

Vor zwei Monaten hatte die CSU noch für eine Reduzierung der Zuschüsse um 20 Prozent plädiert. Am Dienstag wollte man nur noch zehn Prozent bei allen kürzen. "Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein", bemerkte Heike Miebach (Grüne). Natürlich könnte man angesichts dessen die Zuschüsse unangetastet lassen, aber die Karlsfelder wollten "ein Zeichen setzen". Alles was gehe, werde gestrichen, da solle auch hier reduziert werden, meinte Theil.

Miebach tat sich schwer zu beurteilen, wie wichtig das Geld für die einzelnen Vereine ist - der Antrag der Grünen, dies zu erfragen, ist bereits im März von der Mehrheit abgelehnt worden. Sie überlegte kurz, eine Unterscheidung zwischen karitativen und anderen Vereinen zu treffen und verwarf es wieder. Rüdiger Meyer (CSU), der zugleich auch Präsident des TSV Eintracht Karlsfeld ist, warnte davor: "Das ist eine Watschn ins Gesicht der Ehrenamtlichen." Allein im TSV habe man 500 freiwillige Helfer, die riesige Beiträge für die Zivilgesellschaft leisteten, es wäre fatal für ein Symbol, ihnen kein Geld mehr zu geben. Und wenn die Vereine ihre Beiträge erhöhen müssten, nur um überleben zu können, das wäre für viele das Ende, so Meyer. "Ich sehe die Austrittswelle schon vor mir. Man sollte das Engagement und Kulturleben nicht von Corona kaputtmachen lassen", appellierte er an seine Kollegen. Sein Verein habe nur noch 3000 Mitglieder, statt 4000. "Wir sollten lieber zeigen, dass wir da sind und die Vereine unterstützen", sagte er. Stefan Handl warnte davor, Karlsfeld zur Schlafstadt zu machen. Die Kultur mache Karlsfeld lebenswert. Auch Anton Flügel (FW) sprach sich dagegen aus, die Vereine "am langen Arm verhungern zu lassen".

Einzig die SPD zeigte Kante: "Die Vereine sind wichtig und wir schätzen das ehrenamtliche Engagement", sagte Beate Full. "Aber freiwillige Leistungen können wir uns in unserer Lage eigentlich nicht mehr leisten." Bislang habe man nur Kleinbeträge im Rahmen der Haushaltsberatungen gespart, vor allem aber vieles auf das nächste Jahr verschoben. Selbst wenn sie es gerne tun würde, so könne sie schon aus systematischen Gründen nicht zustimmen. Mit Corona habe das Dilemma nichts zu tun, bemerkte Full. Auch im Jahr davor habe man die Schulden schon nicht zahlen können und damals sei man noch von Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von neun Millionen Euro ausgegangen. Inzwischen rechnet man nur noch mit sechs Millionen.

Der TSV bekam bisher immer eine Finanzspritze im hohen fünfstelligen Bereich für Heizkosten, Strom und Ähnliches. "Es wäre unredlich dieselbe Summe zu verlangen", sagte Meyer. Seit kein Sport mehr stattfinde, brauche man kaum Wasser und keine Beleuchtung, auch heizen müsse man nur, damit die Wände nicht feucht werden. Die Eintrittsgelder für das Hallenbad seien ebenfalls überflüssig, nachdem es zu habe. Als man den Antrag gestellt habe, sei man in der naiven Meinung gewesen, dass der Sportbetrieb wieder aufgenommen werden könne, erklärte Meyer die Höhe des Antrags von ursprünglich 170 000 Euro. Nun will der Sportverein nur noch 140 000 Euro.

Die übrigen Vereine müssen nun auf etwa zehn Prozent verzichten. Adrian Heim (Bündnis) plädierte zunächst dafür, wenigstens die Dirigentengehälter, etwa beim Symphonieorchester in voller Höhe auszuzahlen. Die Künstler müssten schon genug unter Corona leiden. Manche drohten sogar aus der Sozialkasse herauszufallen. Doch die deutliche Mehrheit wollte darauf keine Rücksicht nehmen.

Zur SZ-Startseite
TeaserM_400x300-Draussen@2x

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: