Ziemlich genau zwölf Jahre ist es her, dass eine Gruppe von Menschen vor dem Haimauser Rathaus demonstrierte. "Haimhausen braucht keine Windkraft" und Ähnliches hatten sie auf Kartonschilder geschrieben. Die Sache ist damals im Sande verlaufen, es war ohnehin nur um einen Teilflächennutzungsplan mit Vorrangzonen für Windkraft gegangen.
Jetzt liegen die Windrad-Pläne im Riedholz aber wieder auf dem Tisch. Mit 120 Menschen war die Bürgerversammlung vergangenen Dienstag ungewöhnlich gut besucht, es hat sich längst herumgesprochen, dass in dem Wald südwestlich von Westerndorf und nordwestlich von Amperpettenbach, beides Haimhauser Ortsteile, jetzt doch eine Windkraftanlage entstehen soll. Bei der Bürgerversammlung nun stellten die Initiatoren die Pläne erstmals vor. Man befinde sich noch ganz am Anfang, betonte Vitus Hinterseher, der Sprecher der Projektgruppe, doch die frühzeitige Information aller Beteiligten sei ihnen sehr wichtig.
Bis zu vier Windräder sind geplant
Dass die bis zu vier Windräder mitten im Wald stehen sollen, liegt an der neuen Besonderheit der bayerischen 10-H-Regelung. Die gilt zwar immer noch, an Autobahnen, in Wäldern, Truppenübungsplätzen und Gewerbegebieten muss der Mindestabstand aber nicht mehr das Zehnfache der Windradhöhe betragen, sondern nur noch 1000 Meter.
Im Projektteam dabei sind nicht nur die technischen und betriebswirtschaftlichen Entwickler und späteren Betreiber der Anlage, sondern auch eine Reihe von Grundbesitzern. "Alle direkten Anlieger sind mit im Boot", betonte Hinterseher, sogar der nächste Anwohner, er lebt auf einem Gehöft in nur 550 Metern Entfernung.
Im Winter sei die Vogelbeobachtung und -kartierung gestartet, erläuterte Vitus Hinterseher, der im Nachbarort Fahrenzhausen wohnt und dort ein Projektbüro für erneuerbare Energien betreibt. "Wenn auch nur ein geschützter Vogel eine Brutstelle baut, kann es erst mal vorbei sein", betonte er, er habe das schon erlebt: In Kammerberg, wo er das Bürgerwindrad initiiert hat, waren eigentlich drei Windräder geplant. Ein Wespenbussard brachte die Pläne für zwei davon aber zum Erliegen.

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Wie Hinterseher weiter ausführte, sei mit dem neuen "Wind-an-Land-Gesetz" der Bundesregierung auch Bewegung in den Landkreis Dachau und die Haimhauser Umgebung gekommen, "man weiß von sehr starken Aktivitäten". Die Frage sei nicht mehr "ob die Windräder gebaut werden, die Frage ist, wer baut wo?" Der Standort Riedholz ist nicht umsonst schon früher als Vorrangzone ausgewählt worden, die Abstände zu den Dörfern liegen bei mehr als einem Kilometer, nur einzelne Gehöfte und Splittersiedlungen sind näher dran, für sie aber gelten geringere Mindestabstände.

Allerdings, sagte Hinterseher, könnten nicht nur geschützte Vögel die Pläne noch durchkreuzen. So sind Probleme mit der militärischen Radaranlage Haindlfing bei Freising vorstellbar oder mit etwaigen Hubschrauber-Flugrouten, zum Beispiel zur Bereitschaftspolizei in Dachau. Den Münchner Flughafen dagegen schätzt Hinterseher eher nicht als Hemmnis ein. All solche Fragen müssten nun geklärt werden. Frühestens in zwei Jahren, schätzte er, könnte Baubeginn sein. Dann würde auch die finanzielle Bürgerbeteiligung starten.
Teilhabe durch Bürgerbeteiligung
Wie Bernd Wust, Rechtsanwalt und im Projektteam für rechtliche Angelegenheiten zuständig, erläuterte, denkt man an Nachrangdarlehen. Dabei leihen die Anleger dem Unternehmen Summen in unterschiedlicher Höhe für eine gestaffelte Laufzeit mit entsprechend gestaffeltem Zins. Auch die Gemeinden, auf deren Flur die Windkraftanlage steht, sollen die Möglichkeit bekommen, sich finanziell zu beteiligen. Hier käme auch Röhrmoos zum Zuge, ein Rad steht auf seinem Gemeindegebiet. "Es ist nicht der eine Investor, der von außen kommt, sondern wir werden am Ende zehn Leute sein, dazu kommt die Teilhabe durch die Bürgerbeteiligung. Das ist das Maximale an regionaler Wertschöpfung", warb Hinterseher.
Insgesamt rechnet man derzeit grob mit einem Investitionsvolumen von zehn Millionen Euro je Windrad. Die Anlagen seien teurer geworden, und um einspeisen zu können, müsse man neueste Windradtechnologie vorweisen, nur dann gebe es Aussicht auf einen Zuschlag der Bundesnetzagentur. Deshalb weisen die Windräder auch eine Nabenhöhe von 175 Metern und einen Rotordurchmesser von ebenfalls 175 Metern auf. Im Endausbau hätte die Anlage eine Leistung von sieben Megawatt und würde Strom für 14 000 Vier-Personen-Haushalte produzieren.
Wo ins Stromnetz eingespeist wird, ist noch unklar
Bei den zahlreichen Fragen aus dem Publikum ging es auch darum, wie die künftigen Windradbetreiber den Strom einzuspeisen gedenken, bekanntlich ist das gerade im Landkreis Dachau ein großes Problem. Vitus Hinterseher antwortete, Gespräche liefen, etwa mit dem Umspannwerk in Unterschleißheim. Allerdings könne man sich auch den Bau eines eigenen Umspannwerks vorstellen. Vielleicht sogar mit Projektträgern anderer Windräder, die in der Nähe entstehen könnten.
Auch wenn kritische Fragen zu Schattenwurf, den roten Blinkleuchten und nach den geringeren Mindestabständen für Einzelgehöfte kamen, ein Proteststurm blieb am Dienstag bei der Haimhauser Bürgerversammlung aus. Vitus Hinterseher bedankte sich sogar für die konstruktive Auseinandersetzung und versprach, die Öffentlichkeit weiter frühzeitig zu informieren.