Haimhausen:Streit um Standort des Bürgerhauses entzweit Ottershausen

Eine Befragung der Dorfbewohner zeigt zwar eine klare Tendenz für die "Mooswiesn", doch nicht alle sind mit dem Ergebnis einverstanden.

Von Horst Kramer, Haimhausen

Die Idee eines Bürgerhauses für die rund eintausend Einwohner Ottershausens, einem Ortsteil von Haimhausen, fand sofort breite Zustimmung, die Umsetzung gestaltet sich jedoch als schwierig. Die Schlüsselfrage des Projekts ist der Standort. Sie entzweite in den vergangenen Monaten die Einwohnerschaft. Insbesondere gegen einen der beiden möglichen Standorte regt sich Kritik: die sogenannte "Mooswiesn", eine 4000 Quadratmeter große Ackerfläche in der Nähe des früheren Marienmühle-Grundstücks, unter anderem wegen des zu erwartenden Verkehrs und wegen des Lärms. Die Grünen-Fraktion machte zudem Umweltbedenken geltend. Der andere Standort, der "Anger", eine 900 Quadratmeter große Grünfläche direkt an der Dachauer Straße, in der Nähe des Maibaums, hat ebenfalls einen Nachteil: Dort könnte der Bau nicht um einen Bolzplatz ergänzt werden, ein weiteres Wunschprojekt in Ottershausen.

Haimhausen: Hier auf der Ackerfläche am Ende der Mühlenstraße könnte einmal Ottershausens Bürgerhaus stehen. Die Mehrheit im Ort ist jedenfalls dafür.

Hier auf der Ackerfläche am Ende der Mühlenstraße könnte einmal Ottershausens Bürgerhaus stehen. Die Mehrheit im Ort ist jedenfalls dafür.

(Foto: Toni Heigl)

Die Rathausverwaltung führte deswegen in den vergangenen Wochen eine Umfrage zu dem Vorhaben und zu den möglichen Standorten durch. Die Resonanz war außergewöhnlich, wie Geschäftsstellenleiter Florian Erath in der jüngsten Gemeinderatssitzung berichtete: 666 ausgefüllte Fragebögen wurden im Rathaus abgegeben. Rein rechnerisch wären das zwei Drittel der Ottershausener Bevölkerung.

Das mag mit der Methodik der Befragung zu tun haben; sie war anonym angelegt und nutzte mehrere Medien: Der Fragebogen wurde als Flyer im Gemeindeblatt verteilt, stand aber auch als Download zur Verfügung. Dass manche mehrere Kanäle genutzt haben könnten, ob absichtlich oder irrtümlich, wollte Erath nicht ausschließen. Angesichts der deutlichen Resultate maß er eventuellen Mehrfachabgaben indes keine größere Bedeutung zu. Knapp 85 Prozent der Befragten sprachen sich für ein Dorfgemeinschaftshaus aus. Fast 76 Prozent wollen auch einen Bolzplatz haben. Für die Mooswiesn als gemeinsamen Standort für das Haus und den Bolzplatz votierten 488 Einsender, also rund 73 Prozent. Erath stellte umgehend klar: "Das ist nur ein Stimmungsbild, keine Vorentscheidung. Die Entscheidungshoheit hat allein der Gemeinderat."

Die Vorgeschichte des Projekts

Rund eintausend Menschen leben in Ottershausen. Seit der Schließung der Marienmühle vor rund fünf Jahren gibt es in dem Dorf mit seiner 1235-jährigen Geschichte keine Gastwirtschaft mehr. Im Herbst 2019 hatten Bürgermeister Peter Felbermeier und die Haimhausener CSU den Bau eines Bürgerhauses vorgeschlagen. Die Resonanz der Bürger sei überaus positiv gewesen, erinnert sich Felbermeier. Der Gemeinderat stimmte dem Plan vor der Kommunalwahl 2020 einmütig zu. Ein Arbeitskreis war schnell gegründet, der sich mit der Standortfrage beschäftigen sollte. Pandemie und Lockdown bremsten die Gruppe anfänglich aus. Schließlich einigte sie sich auf eine Empfehlung für ein Areal am Nordostufer der Amper, am Hirschgangweg. Die Gemeinde fragte beim Landratsamt an, ob die Flächen geeignet seien und bekam einen abschlägigen Bescheid: Das Areal sei Überschwemmungsgebiet, Bauprojekte seien dort grundsätzlich nicht möglich. So kamen die Standorte "Mooswiesn" und "Am Anger" ins Spiel. kram

Ob das Ergebnis oder Eraths Relativierung für Ruhe im Dorf sorgen, wird sich zeigen. Denn schon im Vorfeld hatten sich Gegner und Befürworter der Mooswiesn-Gesamtlösung heftige verbale Gefechte in den sozialen Medien geliefert. Die Gegner hatten sich in einer "Interessengemeinschaft Mooswiesn" (IGM) gesammelt, die anderen sich den Empfehlungen eines Arbeitskreises (AK) angeschlossen, den der Gemeinderat Anfang 2020 ins Leben gerufen hatte.

Beim Ratstreffen meldete sich die Grünen-Fraktionsvorsitzende Bettina Ahlrep zu Wort und begründete ihre Ablehnung des Standorts Mooswiesn in einem leidenschaftlichen Beitrag. Er liegt genau zwischen einer Ausgleichsfläche der Kommune, die rund 4100 Quadratmeter umspannt, und einem großen Landschaftsschutzgebiet, das sich am Schwebelbach entlangzieht. Die Grünen-Chefin wies daraufhin, dass das gesamte Areal eigentlich ein Niedermoorgebiet sei. Jegliche Bebauung würde dort Kohlenstoffdioxid freisetzen. Das Ziel der Gemeinde müsste hingegen sein, die Moorflächen zu renaturieren - bekanntlich sind Moore sehr effektive CO₂-Speicher. Ahlrep sprach von einer "erschütternden Verantwortungslosigkeit" der Kommune und ergänzte: "Ich habe Angst um die Zukunft meiner Kinder." Die Grünen-Chefin plädierte für eine Vorabuntersuchung der Auswirkungen und kündigte an, gegen das Vorhaben stimmen zu wollen. Dorothea Hansen (Grüne) brachte die hohen Investitionssummen ins Spiel, die für die Renaturierung der Ausgleichsfläche geflossen seien - rund 400 000 Euro, wie sich Felbermeier im Gespräch mit der SZ Dachau erinnert. Die bisher erzielten ökologischen Erfolge der Maßnahmen wären durch ein Bauprojekt gefährdet, so Hansen. Wünschenswert wäre stattdessen die Umwandlung des Ackers in eine Naturfläche, die das Landschaftsschutzgebiet und das Ausgleichsareal miteinander verbindet. Hansen sprach sich allerdings auch klar für ein Bürgerhaus aus, allerdings an einer anderen Stelle.

Der Rathauschef erinnerte an die weiteren vorgeschriebenen Verfahrensschritte: Wie bei jedem Vorhaben wird das Landratsamt die Pläne prüfen. "Diese Ergebnisse müssen wir abwarten, dann können wir hier über die Konsequenzen diskutieren und abstimmen." Eine "Vorabuntersuchung", wie von Ahlrep vorgeschlagen, führten die Behörden prinzipiell nicht durch, so Felbermeier. "Genau dazu ist ja das Verfahren da."

Auf Nachfrage der SZ stellte der Bürgermeister klar, dass der Besitzer der "Mooswiesn" eine klare Bedingung formuliert hat: "Er verkauft die Fläche nur dann an die Gemeinde, wenn dort das Dorfgemeinschaftshaus gebaut wird." Als Renaturierungsfläche stehe der Acker nicht zur Verfügung. Der Gemeinderat beschloss mit großer Mehrheit, in die Planungen einzusteigen. Die vier Grünen votierten geschlossen dagegen.

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