Schlossbrauerei Haimhausen„Da fühlen wir uns zu Hause“

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Das Sudhaus der alten Schlossbrauerei in Haimhausen von hinten. Das denkmalgeschützte Gebäude bleibt erhalten, wenn das neue Quartier entsteht.
Das Sudhaus der alten Schlossbrauerei in Haimhausen von hinten. Das denkmalgeschützte Gebäude bleibt erhalten, wenn das neue Quartier entsteht. (Foto: N.P.JOERGENSEN)

Die Max Bredow Baukultur GmbH will ab 2027 auf dem ehemaligen Brauereigelände in Haimhausen ein neues Wohnquartier entwickeln. Prägend sollen zwei Baudenkmäler sein.

Von Alexandra Vettori, Haimhausen

Im Licht ihrer Handylampen bewegt sich die Gruppe vorsichtig vorwärts. Strom gibt es keinen mehr in der Schlossbrauerei Haimhausen. 2019 wurde die Bierproduktion nach 400 Jahren eingestellt, seither liegt das Gelände am Ende der Dorfstraße in Haimhausen brach.

Im Dezember vergangenen Jahres trat der ersehnte neue Investor auf den Plan: Die Max von Bredow Baukultur GmbH aus Rosenheim hatte das Brauereigelände aus der Konkursmasse des vorigen Investors Euroboden erstanden und will nun anpacken, was der Vorgänger nicht mehr schaffte: ein neues Quartier für Wohnen und Gewerbe in Haimhausen entwickeln. Der Spezialist für die Entwicklung historischer Areale hatte sich schon früher für die Haimhauser Schlossbrauerei interessiert, war damals aber nicht zum Zug gekommen.

„Es gibt sehr, sehr viel zu tun in dem Gebäude“

Obwohl der Ortstermin, zu dem Investor und Bürgermeister an diesem Donnerstagspätnachmittag einladen, nur für Gemeinderat, Verwaltung und Kulturverein gedacht ist, ist der Andrang groß, an die 40 Interessierte tappen im Gänsemarsch die staubigen Holztreppen im alten Sudhaus empor. Im Kern ist das Gebäude um 1800 erbaut, später aber immer wieder umgebaut worden. Dennoch steht der wuchtige Bau unter Denkmalschutz und stellt die große Herausforderung bei der Entwicklung des knapp zwei Hektar großen Brauereigeländes dar, baulich bei der Sanierung wie finanziell.

Mit diesem, in den 1970er-Jahren hochmodernen, Hebelpult im Erdgeschoss des Sudhauses wurde der Brauprozess der ehemaligen Schlossbrauerei gesteuert.
Mit diesem, in den 1970er-Jahren hochmodernen, Hebelpult im Erdgeschoss des Sudhauses wurde der Brauprozess der ehemaligen Schlossbrauerei gesteuert. (Foto: N.P.JOERGENSEN)
Im Dachstuhl mit seinen imposanten Holzbalken wurde Getreide gelagert, über Rohre rutschte es dann nach unten in die Produktionstätten.
Im Dachstuhl mit seinen imposanten Holzbalken wurde Getreide gelagert, über Rohre rutschte es dann nach unten in die Produktionstätten. (Foto: N.P.JOERGENSEN)
An den schweren Ketten hingen die Getreidesäcke, wenn sie in die Lager unter dem Dach transportiert wurden.
An den schweren Ketten hingen die Getreidesäcke, wenn sie in die Lager unter dem Dach transportiert wurden. (Foto: N.P.JOERGENSEN)

Die Bausubstanz des Sudhauses, erläuterte Architekt Andreas Ferstl bei dem Rundgang, sei gar nicht mal so schlecht, „der Zustand ist altersgemäß“. Auch die Fassade sei durchaus noch schön. Dann zählt er die Herausforderungen auf: partielle Feuchtigkeitsprobleme, ein nötiger zweiter Rettungsweg, ein Aufzug zur Barrierefreiheit und natürlich der Brandschutz; sein Fazit: „Es gibt sehr, sehr viel zu tun in dem Gebäude.“

Originalausstattung aus den 1970er-Jahren

Im Erdgeschoss ist der Steuerungsraum, von dem aus der Brauprozess gesteuert wurde. Die Ausstattung aus den 1970er-Jahren ist noch vorhanden, farbenfroh gefliest mit einem metallisch schimmernden Hebelpult, das einem Science-Fiction-Film dieser Zeit entstammen könnte.  Michael Sandbichler, Geschäftsführer und Gesellschafter der Max von Bredow Baukultur, ist der innere Film anzusehen, der in ihm abläuft, als er auf die großen Fenster des Raumes weist, die direkt auf die Dorfstraße blicken lassen: „Das schreit danach, öffentlich genutzt zu werden“, sagt er und lächelt. In das Sudhaus kommt ausschließlich Gewerbe. Büros, Gastronomie, vielleicht ein Co-Working-Space, Veranstaltungsräume und Gastronomie schweben Sandbichler vor, „da haben wir ganz viele Ideen“.

Die alte Holztreppe soll möglichst erhalten werden, doch es könnte schwierig mit dem Brandschutz werden.
Die alte Holztreppe soll möglichst erhalten werden, doch es könnte schwierig mit dem Brandschutz werden. (Foto: N.P.JOERGENSEN)
Michael Sandbichler, Geschäftsführer und Gesellschafter der Max von Bredow Baukultur GmbH, sprüht vor Begeisterung für das Projekt.
Michael Sandbichler, Geschäftsführer und Gesellschafter der Max von Bredow Baukultur GmbH, sprüht vor Begeisterung für das Projekt. (Foto: N.P.JOERGENSEN)
Die Produktionshallen aus den 1960er-Jahren werden abgerissen. Hier entstehen Neubauten mit Wohnungen.
Die Produktionshallen aus den 1960er-Jahren werden abgerissen. Hier entstehen Neubauten mit Wohnungen. (Foto: N.P.JOERGENSEN)

Bevor aber wieder Betriebsamkeit im Sudhaus herrscht, rücken die Fachplaner an. Ein ganzes Team wird die Bausubstanz genau untersuchen, wo welcher Baustoff verarbeitet ist und ob er wirklich trägt. „Immer in sehr enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz“, betont Architekt Ferstl. Das klassische Dilemma erläutert er am Beispiel der schweren Dachbalken im obersten Geschoss: „Mit denen will man arbeiten. Andererseits gibt es den Brandschutz.“ Und der sieht für tragende Konstruktionen aus Holz Feuerwiderstände von 90 Minuten vor. Entmutigen lässt sich Ferstl von derlei aber nicht. Bauen mit denkmalgeschützten Gebäuden ist sein Spezialgebiet, „da fühlen wir uns zu Hause“.

Durch die „neuen“ Produktionshallen aus den 1960er-Jahren, die allesamt abgerissen werden, geht es weiter in den Westen des Geländes. Hier steht das nächste Baudenkmal, die Schlossklause mit der angebauten Klausenkapelle. Bis vor einigen Jahren war die Klause noch ein italienisches Restaurant, mittlerweile steht sie leer. In früheren Zeiten hat hier der Schlosskaplan gewohnt. Einer von ihnen hat das Innere der um 1700 an die Klause angebauten Klausenkapelle künstlerisch ausgestattet, mit Tannenzapfen, Rinde und Muscheln aus dem Mühlbach, wie Andreas Ferstl ausführt. „Ich habe schon viel gesehen, aber sowas noch nicht. Das ist ziemlich einzigartig“, betont er.

Auf dem Kupferstich von 1696, dessen Abbildung Architekt Andreas Ferstl mitgebracht hat, steht die Schlossklause bereits an einem Ende des Parks.
Auf dem Kupferstich von 1696, dessen Abbildung Architekt Andreas Ferstl mitgebracht hat, steht die Schlossklause bereits an einem Ende des Parks. (Foto: N.P.JOERGENSEN)
Direkt an die denkmalgeschützte Schlossklause angebaut ist die Klausenkapelle. Sie gehört noch den Vorbesitzern des Brauereigeländes. Die kleinen Bauten im Vordergrund werden abgerissen, die Klause wird saniert.
Direkt an die denkmalgeschützte Schlossklause angebaut ist die Klausenkapelle. Sie gehört noch den Vorbesitzern des Brauereigeländes. Die kleinen Bauten im Vordergrund werden abgerissen, die Klause wird saniert. (Foto: N.P.JOERGENSEN)

Sehen kann die Gruppe das allerdings nicht, die Kapelle hat der frühere Besitzer des Brauereigeländes behalten. Sie ist nur mit einer Tür von der Klause getrennt. Wenn diese saniert wird, werden die kleinen Gebäude an der Ostseite samt sämtlicher Garagen abgerissen. Was mit der großen Gaube auf dem Klausendach geschieht, deren Anblick jeden Denkmalschützer ins Mark treffen dürfte, weiß Sandbichler auch nicht. Hier spricht der Denkmalschutz das entscheidende Wort. Die künftige Nutzung der Klause, die seit Jahrhunderten Gastwirtschaft war, steht noch nicht fest. Nur, dass es „Gewerbe oder gemeinschaftliche Nutzung“ wird.

Von der Klause aus weist er auf die Sichtachse quer durch das Gelände zum Sudhaus und weiter bis zur Dorfstraße: „Das ist ein sehr dominanter und toller Blickbezug, den soll die Durchwegung erhalten.“ Die beiden Baudenkmäler nennt Sandbichler identitätsstiftende Momente. Sie werden in dem neuen Quartier im Vordergrund stehen, „wir versuchen, neu und alt zu verbinden“. Wie viele Wohnungen hier einmal entstehen, das kann Firmeneigner Max von Bredow noch nicht beantworten. Der nächste Schritt sei ein städtebaulicher Entwurf, der dem Gemeinderat vorgelegt werde. Stimme der zu, werde auf der Basis ein Bebauungsplan erstellt. Im besten Fall, sagt er, „packen wir 2027 an“.

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