Haimhausen:Ein lustvolles Spiel mit der Fantasie

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Mit wie viel Liebe zum Detail das Stück vorbereitet worden ist, zeigt sich nicht zuletzt in der Auswahl der Kostüme. (Foto: Toni Heigl)

Das Haimhauser Ortsjubiläum feiert die Gemeinde mit einem Blick in die Vergangenheit, mit den historischen Fakten nehmen es die Kulturschaffenden dabei nicht ganz so genau. Gerade die ironische Verfremdung macht das Musiktheaterstück "Haimhauser Geheimnis" aber so sehenswert.

Von Renate Zauscher, Haimhausen

Für gewöhnlich werden Ortsjubiläen mit möglichst genauem Blick auf die historischen Fakten gefeiert. Haimhausen hat sich für eine ganz andere Form des Erinnerns entschieden: für ein lustvolles Spiel mit der Fantasie, bei dem die eigene Geschichte ironisch verfremdet wird. Da geht es dann nicht mehr nur um die Schenkung eines gewissen Rihperht 772 von Besitzungen in "Hemminhusir" an die Domkirche zu Freising, sondern um etwas sehr viel Spannenderes: um das "Geheimnis von Haimhausen" und einen Schatz, der irgendwo im Haimhauser Schloss oder seiner Umgebung verborgen ist. Der nämlich wurde in grauer Vorzeit versteckt - und von seinem Auffinden hängen Wohl und Wehe des kleinen Orts "irgendwo im Nirgendwo" ab.

Mit der Erfindung des Plots rund um das Jubiläum wurde Carsten Golbeck beauftragt, der sich auch schon für die Texte früherer Produktionen des Haimhauser Kulturkreises verantwortlich gezeigt hat. Regie führte wie bereits beim "Ball der Vampire" 2019 Philipp Jescheck. Das Ergebnis ihrer Zusammenarbeit mit dem Kulturkreis Haimhausen wurde am Freitag im Haniel'schen Stadel präsentiert und von rund vierhundert Premierenbesuchern enthusiastisch gefeiert.

Fast zwei Jahre wurde an der Geschichte rund um das Haimhauser Geheimnis gefeilt

Fast zwei Jahre lang wurde an der Geschichte rund um das Haimhauser Geheimnis gefeilt, ehe sie sich im Lauf der Zeit zur jetzigen Fassung entwickelt hat. Autor und Regisseur kennen sich seit Langem vom Münchner Volkstheater, wo beide tätig waren - da erwies es sich als glückliche Fügung, dass dessen ehemaliger technischer Leiter Sebastian Feldhofer senior in Haimhausen zu Hause ist und entsprechende Kontakte herstellen konnte.

Die Aufgabe, Historie und Fantasie in Einklang zu bringen und ein Stück mit immerhin 13 Hauptdarstellern zu verfassen, bezeichnet Carsten Golbeck nachträglich als "große Herausforderung". Schließlich müssen die vielen Personen des Stücks im ersten Teil des Abends nach und nach, für den Zuschauer nachvollziehbar, eingeführt werden, was Golbeck mit einer Rahmenerzählung nach dem Vorbild eines "Bilds im Bilde" löst: Die Schlossbewohner bereiten sich im prächtigen, barocken - von Andreas Schiebel und Thomas Neumann gestalteten - Schlosssaal auf eine Theateraufführung mit verteilten Rollen anlässlich des 900-jährigen Gründungsjubiläums ihres Ortes vor. Schon in diesen ersten Szenen zeigt sich, wer die Stars des Abends sind: neben Sebastian Feldhofer senior, der hier einen recht weltlich agierenden Pfarrherrn darstellt, sind dies vor allem Jonny Weissmüller als "Dichter Clemens von Haimhauso", Willi Kramer als Mönch Benedikt und Gudrun Kolbe als Reichsgräfin Charlotte. Gabi Heigl gibt deren Schwester, Gabi Faber eine weitere Verwandte und Gaby Niedermaier eine Zofe. Als "Reichsgraf Rupert" ist Willi Sedlmayr mit dabei. Wunderbar als clowneske Närrin ist Angela Schickowski, und eine große Rolle hat natürlich auch Marja-Leena Varpio, ausgebildete Sängerin und Leiterin des Kulturkreises, die hier als "Walkiria" mit großer Stimme, samt Flügelhelm und Brustharnisch, bei der Suche nach dem Schatz allerhand Wagnerisches ins Spiel bringt.

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Weit über 100 Ehrenamtliche haben an der Produktion mitgewirkt

Was besonders auffällt: Neben den Darstellern und Darstellerinnen, die den Produktionen des Kulturkreises seit Jahren Glanz und Esprit verleihen, sind auch junge Talente mit dabei. Günay Brandt zum Beispiel, die als "Nonne Teresa" auftritt, Sebastian Feldhofer junior, der zunächst als Diener, dann als investigativer Journalist agiert, und auch Sabine Simionescu, die erst eine reichsgräfliche Tochter und dann eine Reporterin vom Fernsehen spielt.

Was das Publikum im Haniel'schen Stadl bei der Premiere vor allem begeistert hat, sind die vielen Tanzszenen, für die Sara Schwartz, selbst Tänzerin, die Choreografie erarbeitet hat. Da wird, gemeinsam mit dem Chor Stimmbruch, mit solcher Begeisterung gesungen und getanzt, dass die Reifenröcke der Damen in ihren prächtigen, von Elisabeth Kleber gestalteten Kostümen nur so fliegen. Für die perfekt auf das Bühnengeschehen abgestimmte Musik sorgen Dr. Will & The Wizards zusammen mit den Bläsern der Haimhauser Dorfmusik. Und für das moderne Haimhausen steht schließlich das Duo Philipp Schiebel und Matthias Feldhofer, alias Micky Rosé und Chilli Beats, die elektronische Beats mit amerikanischem Hip-Hop-Sound verbinden und eigens für das Haimhauser Jubiläum einen Song geschrieben haben.

Die Fülle der Regie- und Texteinfälle, die Leidenschaft, mit der hier auf, vor und neben der Bühne agiert wird, und schließlich die Bereitschaft von weit über hundert ehrenamtlich Mitwirkenden auf allen Ebenen des Geschehens - sie machen das Erfolgsrezept der immer wieder überzeugenden Haimhauser Bühnenproduktionen aus.

Was schließlich die Suche nach dem Haimhauser Schatz angeht und wie die Zuschauer optisch ganz unmittelbar an ihr teilhaben können - das soll hier nicht verraten werden. Nur so viel: Die Suche endet in einer fulminanten Rocknummer auf der Bühne und mit Standing Ovations des begeisterten Publikums.

Das Stück "Das Geheimnis von Haimhausen" wird insgesamt noch vier Mal aufgeführt: Am 29. und 30. Juni sowie am 1. und 2. Juli. Beginn ist jeweils um 20 Uhr. Karten zu 25 Euro gibt es unter www.theater.haimhauser-kulturkreis.de/karten .

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