Kommunalwahl in Haimhausen:Verdrängungswettbewerb

Wahlwerbung

Gedrängel an den Ständern: Die Plakate der Bürgerstimme Haimhausen haben ein größeres Format als die der politischen Mitbewerber. Die Folge: Sie werden von der lokalen Konkurrenz überklebt.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Poster im XXL-Format, überklebte Plakate, unklare Richtlinien: In Haimhausen ist ein Streit über die Werbung für die Kandidaten der Kommunalwahl entbrannt.

Von Rudi Kanamüller, Haimhausen

"Nur der frühe Vogel fängt den Wurm", lautet eine Redensart. Die haben Ergun Dost und seine Mitstreiter von der Haimhauser Bürgerstimme sehr wörtlich genommen, als sie sich am 1. Februar, sechs Wochen vor der Kommunalwahl am 15. März, kurz nach Mitternacht aufgemacht haben, um die Plakatwände im Gemeindegebiet mit dem Konterfei ihres Bürgermeisterkandidaten Detlef Wiese und einem allgemeinen Wahlplakat "Vetternwirtschaft - Nicht mit uns" zuzupflastern. Weil Wahlwerbung ja auffallen soll, hat sich die Bürgerstimme dazu entschlossen, ihren Kandidaten und ihre Wahlbotschaft auf einem nicht zu übersehenden Plakatformat zu verkünden: auf DIN A0. Das Ergebnis war zum einen nicht zu übersehen und zum anderen so raumgreifend, dass den kommunalpolitischen Mitbewerbern kaum Platz zur Selbstdarstellung blieb, wie die Wahlkämpfer von Grünen, SPD und ÜWG am frühen Morgen feststellen mussten. So kam, was kommen musste: Beim Vorsitzenden der Bürgerstimme lief das Telefon heiß, und die Empörung in der 5000 Einwohner zählenden Gemeinde und bei den politischen Mitbewerbern war enorm. Denn mit ihrem XXL-Format, so der Tenor der politischen Konkurrenz, habe die Bürgerstimme eine seit Jahren geltende stillschweigende Übereinkunft gebrochen, wonach an den Plakatwänden ausschließlich Poster im Format DIN A1 aufgehängt werden. So finden in der Breite vier und in der Höhe zwei Plakate Platz. Ergänzend gibt es Bauzäune, die breiter und höher sind als die Plakatwände, Marke Eigenbau. Hier könnten, so das Wahlamt, mindestens fünf Plakate in der Breite und mindestens zwei in der Höhe montiert werden. Dies hatte das Wahlamt der Gemeinde bereits vor dem offiziellen Plakatierungsstart den politischen Parteien und Gruppierungen am 15. Januar mitgeteilt. Verbunden mit dem Wunsch, eine "platzsparende Plakatierung" zu wählen.

Bürgerstimmenchef Ergun Dost ist sich seinerseits keinerlei Schuld bewusst. "Das ist ein Fehler der Verwaltung", sagt er. Denn ein Formatzwang existiere nicht. "Wir haben DIN A0 gedruckt, da dies explizit erlaubt ist." DIN A0 entspreche 0,99 Quadratmetern und sei somit kleiner als ein Quadratmeter. Ein anderweitiger "Formatzwang" liege der Bürgerstimme nicht vor. Im Gegenteil, so schreibt Dost in einer Antwort an das Wahlamt, "wir mussten mit Erstaunen feststellen, dass sich die anderen zur Wahl stehenden Gruppierungen und Fraktionen nicht an die vorgegebenen Richtlinien gehalten haben". Die Bürgerstimme hat die Vorgaben so verstanden, dass aufgrund der Vielzahl der Gruppierungen die Bauzäune für die nicht lokale Wahlwerbung, also für die Landratswahl, verwendet werden sollen. Nun hätten CSU und SPD ihre Plakate mit den Landratskandidaten dennoch auf die Plakatständer geklebt. Dadurch hätten Plakate mit den Bewerbern für die Gemeinderatswahl weniger Platz. "Wir finden es unangemessen, dass die ÜWG und SPD unsere Plakate überklebt haben", ärgert sich Dost. Sie hätten dies sogar so gemacht, dass die Wahlaussage der Bürgerstimme falsch verstanden werde. Statt "Vetternwirtschaft nicht mit uns" sei jetzt zu lesen "mit uns". Dost: "Wer bezahlt uns die verloren gegangenen Plakate, die von ÜWG und SPD überklebt wurden? Hierfür behalten wir uns Ersatzmaßnahmen vor!"

Dennoch wolle die Bürgerstimme "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" Entgegenkommen signalisieren: Wenn die anderen Parteien die Köpfe ihrer Landratskandidaten an den Bauzäunen anbrächten und geklärt sei, wer für überklebte Wahlplakate aufkomme, könne "man gerne das Plakat mit unserem Logo und Wahlspruch, nicht aber das des Bürgermeisterkandidaten, überkleben. Dost: "Wir würden dann im Gegenzug dieses Plakat auf Platte aufgezogen am Bauzaun befestigen." Für die Wahl in sechs Jahren schlägt die Bürgerstimme vor, im Vorfeld sehr genau zu klären, "wer wohin kommt und in welchem Format". Außerdem habe die Bürgerstimme bereits vor sechs Jahren im Format DIN A0 plakatiert - allerdings gab es damals nur einen Bewerber für das höchste Amt in der Gemeinde: Peter Felbermeier (CSU). Damals, so Dost, habe es keine Beschwerden, keinen Streit gegeben. Im Gegenteil. Alles sei "sehr fair, sehr freundschaftlich" verlaufen. Im Wahlamt erinnert man sich aber anders. Bereits seinerzeit habe es Ärger wegen des Formats DIN A0 der Bürgerstimme gegeben.

Was nun die Ausnutzung des Platzes durch die Wahlplakate der Bürgerstimme betrifft, liege hier "wohl ein Rechenfehler" vor, so räumt Dost ein, der als Diplomingenieur weitaus kompliziertere Rechenaufgaben zu lösen weiß. Was in diesem Fall bedeutet, dass die Gleichung zwei Plakate a DIN A1 übereinander und vier nebeneinander nicht aufgehen kann, wenn die Unbekannte DIN A0 ins Spiel kommt. So kam es, dass in den folgenden Plakatierungsaktionen die XXL-Plakate der Bürgerstimme teilweise von der politischen Konkurrenz überklebt wurden. Was wiederum der Bürgerstimme nicht gefiel.

Bürgermeister Peter Felbermeier will sich nicht in den "Plakatkrieg" einmischen, weil er selbst Akteur und Kandidat sei. Er verweist auf das Wahlamt. Inzwischen sind auch im E-Mail-Postfach von Ergun Dost einige Nachrichten zu dem Thema angelandet. Darunter eine deutliche Mail von Gemeindewahlleiterin Michaela Schilasky. Darin heißt es, sollten die Plakate weiter DIN A0 hoch sein, müssten sie mittels eines Plakatträgers am Bauzaun befestigt werden. Verkleinert auf DIN A1 oder 2 könnten sie, wie vorgesehen, an der Plakatwand aufgehängt werden: zwei übereinander, vier nebeneinander. Für ein "faires Miteinander" halte sie das Vorgehen der Bürgerstimme jedenfalls nicht, sagte die Gemeindewahlleiterin. Und: "Bis jetzt hat's ja immer funktioniert." Deshalb habe es in Haimhausen keine Plakatierungssatzung gegeben. Das wird sich wohl ändern. Ludwig Meier von der SPD hat bereits einen Antrag an den Gemeinderat formuliert, eine Plakatierungssatzung zu erlassen - damit die Gleichung zwei übereinander und vier nebeneinander aufgeht.

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