Haimhausen:Die Welt bewegen

BIS Haimhausen

"Wir sind die Generation, die die Welt wieder in Ordnung bringen muss", sagt Jahrgangssprecher Constantin Bauer bei der Abi-Feier der Bavarian International School in Haimhausen.

(Foto: Marko Maedge)

Die Bavarian International School in Haimhausen entlässt die Schülerinnen und Schüler des Abschlussjahrgang 2019. Die Jugendlichen träumen von einer akademischen Karriere - wollen aber auch Verantwortung für die Zukunft des Planeten übernehmen

Von Helen Krueger-Janson

Fährt man die lange Auffahrt entlang, erblickt man auf der linken Seite die grüne Koppel, auf der Pferde grasen. Nach einer leichten Kurve fällt der Blick auf ein großes, graues Tor, hinter dem es liegt: das Schloss Haimhausen aus dem Jahr 1281. Groß, weiß und herrschaftlich. Einst im Besitz der Industriellenfamilie Haniel, ist "The Schloss" nun der Hauptsitz der Bavarian International School (BIS).

1200 Kinder lernen dort auf Englisch und ohne Frontalmethode Unterrichtsfächer nach internationalem Standard - den Vorgaben der International Baccalaureate Organization (IBO) mit Sitz in der Schweiz. 84 Schüler und Schülerinnen aus 25 verschiedenen Nationen haben nun ihr Abschlusszeugnis erhalten. Jahrgangssprecher Constantin Bauer, 18, hält die Rede auf der Abschlussfeier. "Wir sind die Generation, die die Welt wieder in Ordnung bringen muss", sagt er. Dieser Gedanke verbindet Bauer zufolge die Zukunftsentwürfe der Absolventen, so unterschiedlich sie auch sein mögen. "Ich denke, dass wir jetzt anfangen, erfolgreiche Dinge zu machen und die Träume, die wir uns ausgemalt haben, beginnen jetzt, in Erfüllung zu gehen." Ganz dem Schulmotto "Believe. Inspire. Succeed" entsprechend.

Dafür sprechen jetzt schon Initiativen wie das Eco-School Project, das sich mit Nachhaltigkeit auseinandersetzt und die Antiplastikbewegung an der Schule bestärkt. Wer sich mit einer Plastikflasche blicken lasse, ernte schon einmal belehrende Kommentare in den Gängen, so Pressesprecher Marko Mädge. Er habe sich als erstes gleich mal eine Trinkflasche aus Glas zugelegt.

Ob als Wissenschaftler, Jurist oder Journalist, Constantin Bauer ist sich sicher, in jeder Karriere könne man einen Weg einschlagen, mit dem man in der Welt etwas bewegt. Bauer selbst beginnt im Herbst das Bachelorstudium für Kern-, Teilchen- und Astrophysik an der Technischen Universität München. Mit der Spezifizierung nach dem Bachelor stehe für ihn dann die Entscheidung an, in welchem Bereich er seine Fähigkeiten zukunftsfördernd einbringen wolle. Eine seiner Mitschülerinnen zieht es nach Südafrika, um Genetik und Mikrobiologie zu studieren.

Soziales Engagement, kritisches Denken, ein Bewusstsein für den ökologischen Fußabdruck, den jede Generation hinterlässt, all das sind im Grunde auch Unterrichtsziele der Schule. Auf ihrer Website heißt es deshalb: "Die BIS strebt danach, motivierte und verantwortungsbewusste Schüler zu entwickeln, die ihr ganzes Leben lang lernen und einen Unterschied in unserer Welt machen." Bewegungen wie Fridays for Future haben an der Schule jedoch keinen großen Anklang gefunden. Wie Constantin Bauer meint, dürften hauptsächlich vereinzelte Mitschüler an den Freitagsdemonstrationen mitmachen. Die Mehrheit entschied sich nach einem Besuch einer Demonstration, lieber in den Unterricht zu gehen. Sie sagten, sie würden davon mehr profitieren, erklärt Mädge.

Einen Sinn für Gemeinschaft entwickeln die Jugendlichen auch in den vielen Kursen, die nach Unterrichtsende angeboten werden: Judo, Yoga, Fußball, Chor, Musical, Malen, Irish Dance oder Ballett. Die Liste ist fast endlos. Einmal die Woche bietet Schulleiterin Chrissie Sorenson interessierten Kindern noch vor dem Unterricht einen Schwimmkurs an. Absolventin Katriina Talashati hat das Fußballangebot dankend angenommen - mittlerweile ist sie beim besten Frauenfußballklub der Welt, Olympique Lyon, unter Vertrag.

Das Schulgelände liegt so ruhig und scheinbar abgeschieden, dass einer entspannten Lernatmosphäre nichts im Weg zu stehen scheint. Vom Kindergarten bis hin zum internationalen Abitur (IB) können die Schüler dort insgesamt 15 Jahre lang verweilen. Zwischen 13 000 und 18 000 Euro je nach Alter kostet der Schulbesuch eines Kindes pro Jahr. Die Schulbildung der Kinder wird in einem guten Drittel der Fälle von den Unternehmen übernommen, bei denen ihre Eltern angestellt sind. "Die meisten sind hier nur im mittleren Management tätig", sagt Pressesprecher Marko Mädge. So sind Arbeitgeber wie Eurofighter, BMW, Allianz oder Samsung vertreten.

Mädge berichtet, dass die internationale Schule für diese Firmen oft eine Möglichkeit eröffnet, Mitarbeiter aus dem Ausland zu rekrutieren, da sich deren Kinder dank der internationalen Vorgaben nicht an ein neues Schulsystem gewöhnen müssten. Diese Kinder der sogenannten "Expats" machen circa 75 Prozent der Schülerschaft aus. Für die Kinder bedeutet das ein Leben in einer internationalen Welt. Die meisten bleiben nur drei bis vier Jahre und müssen dann weiterziehen. Oft hat der Vater eine neue Position in einem anderen Land. Und dann geht es erneut auf eine internationale Schule. Der Ort wechselt, die Sprache bleibt: Englisch. So ist denn auch neben der jeweiligen Muttersprache das Englische die Heimat der Expat-Kinder, die sich in ihrer Schulzeit als Weltbürger verstehen lernen.

Hat die Schule vor 19 Jahren mit nur sieben Schülern den ersten Jahrgang auf die Beine gestellt, haben dieses Jahr schon 84 Schüler ihren internationalen Abschluss erhalten. Die Schule wächst. Momentan sind einige Klassenräume übergangsweise in dunkelgrauen Containern eingerichtet, aber der Ausbau ist bald fertiggestellt. Auch die Turnhalle soll sich in ein neues Kreativitätszentrum verwandeln und die Aula von drei- auf fünfhundert Plätze vergrößert werden.

Unter den Schülern sind 52 Nationen vertreten, die Schule in Haimhausen ist für sie das Tor in die globalisierte Welt. Sie lernen losgelöst von der staatlichen Schulkultur, von ihren Vorzügen aber eben auch Betreuungslücken und Defiziten. Mädge erzählt begeistert von den fröhlichen Kinderstimmen, die durch die Hallen des ehemaligen Schlosses hallen. Die Kinder verstünden sich prächtig, Vorurteile, Anfeindungen unter Angehörigen verschiedener Kulturen und Nationen gibt es in dieser Schule so gut wie nicht. "Jeder hat hier gute Laune", sagt Mädge.

Zudem liegt ihm zufolge der Durchschnitt des IB-Abschlusses bei 34,6 Punkte, der weltweite Durchschnitt sei bei nur 29,7 Punkten. Gute Laune und gute Noten - besser kann es für einen Schüler nicht laufen.

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