Hackermoos:Die Netzwerkerin

Hackermoos: Grünen-Kreisrätin Marese Hoffmann stürzt sich voller Elan auf ihre neuen Aufgaben als Partnerschaftsbeauftragte des Landkreises.

Grünen-Kreisrätin Marese Hoffmann stürzt sich voller Elan auf ihre neuen Aufgaben als Partnerschaftsbeauftragte des Landkreises.

(Foto: Toni Heigl)

Kreisrätin Marese Hoffmann ist die Partnerschaftsbeauftragte für die Beziehung zwischen den Landkreisen Dachau und Oświęcim. Sie will die deutsch-polnische Aussöhnung vorantreiben und den Austausch zwischen beiden Kommunen auf vielen Gebieten verstärken

Von Renate Zauscher, Hackermoos

Dachau und Auschwitz: zwei Namen, die für die Verbrechen des NS-Regimes in Europa stehen. Zwischen Dachau und der polnischen Stadt Oświęcim gibt es seit vielen Jahren schon intensive Verbindungen. Im Januar 2015, als eine Dachauer Delegation anlässlich des 70. Jahrestags der Befreiung des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz zu Besuch war, entstand die Idee einer mittlerweile von beiden Seiten beschlossenen Partnerschaft zwischen den Landkreisen Dachau und Oświęcim. Jetzt hat der Dachauer Kreistag die Kreisrätin Marese Hoffmann (Grüne) zur Partnerschaftsbeauftragten gewählt.

Dass sich der Kreistag für Marese Hoffmann entschieden hat, kam nicht von ungefähr. Hoffmann ist dafür bekannt, dass sie neue Aufgaben mit viel Elan und großem persönlichen Einsatz übernimmt. So hat sie beispielsweise in diesem Herbst begonnen, Polnisch zu lernen - und konnte die Teilnehmer einer Delegation aus Oświęcim im Oktober bereits mit einer Rede in ihrer Sprache begrüßen. Marese Hoffmann hat viele Pläne, wie sie ihr neues Amt ausfüllen möchte. "Ich habe jede Menge von Ideen", sagt sie. Bevor sie aber auf einzelne Projekte zu sprechen kommt, erläutert sie, was ihr an der Begegnung zwischen Deutschen und Polen wichtig ist, von welchen persönlichen Überzeugungen sie dabei ausgeht.

Die "Keimzelle" der Begegnung zwischen Dachau und Oświęcim sieht Hoffmann in der Arbeit der Internationalen Jugendbegegnungsstätte Oświęcim und dem Max-Mannheimer-Haus. Beiden Einrichtungen liege das zugrunde, wovon auch sie selber überzeugt ist: "Ohne die intensive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit kann keine friedliche Zukunft gelingen", sagt Hoffmann. "Nach Abertausenden polnischen Toten, die Deutschland zu verantworten hat, können wir nicht einfach bei Null wieder anfangen." Es gehe darum, Verantwortung dafür zu übernehmen, was in deutschem Namen geschehen sei. Deutsch-polnische Zusammenarbeit müsse "immer auch deutsch-polnische Aussöhnung sein". Wichtig ist es Marese Hoffmann, darauf hinzuweisen, dass Deutsche und Polen gemeinsame Werte teilten, eine Basis, auf der es aufzubauen gelte. Zu diesen Werten gehöre an vorderster Stelle das Konzept der Freiheit, auch wenn jetzt in Polen versucht werde, Freiheitsrechte wie etwa die Pressefreiheit zu beschneiden.

Und ein Zweites ist Hoffmann wichtig: der Respekt, den man Menschen mit anderer Sichtweise und anderem historisch-kulturellem Hintergrund entgegenbringen müsse. Sich als "Lehrmeister aufzuspielen" und die eigene Sicht der Dinge als die einzig wahre zu empfinden - das, sagt Hoffmann, würde einen echten Kontakt mit der anderen Seite unmöglich machen.

Marese Hoffmann spricht hier einen Aspekt der Partnerschaft an, den man durchaus als problematisch sehen könnte: Der Landrat von Oświęcim nämlich, Zbigniew Starzec, gehört der regierenden PIS-Partei an, die einen nationalistisch-rechtskonservativen Kurs verfolgt. Starzec aber habe sie als offenen, gesprächsbereiten Mann kennengelernt, sagt Hoffmann, der ebenso wie ein Teil seiner Kollegen ein "sehr europäisches Verständnis von Kultur und Politik" vertrete. Dazu gehöre, dass Starzec das Erbe von Auschwitz nicht vergesse, sondern die besondere Geschichte des Ortes mit dem Konzentrationslager Auschwitz "lebendig in die Gegenwart hereinzuholen".

Marese Hoffmann möchte eine ganze Reihe von Projekten verstärkt angehen oder neu auf den Weg zu bringen. Dazu gehört in erster Linie der Austausch der beiden Jugendbegegnungsstätten in Oświęcim und Dachau: Die pädagogischen Mitarbeiter beider Einrichtungen sollten über mehrere Wochen im jeweils anderen Land leben und die Arbeit vor Ort kennenlernen, schlägt Hoffmann vor. Für genauso wichtig hält sie auch die Wiederbelebung des Kulturaustausches beider Landkreise durch die Begegnung von Künstlern, auch solchen aus dem Bereich der Musik. Und schließlich wünscht sich die neue Partnerschaftsbeauftragte einen "Bildungsaustausch": Sie möchte die Beziehungen zwischen den Berufsschulen beleben und denkt etwa an die polnische Teilnahme an einem Wettbewerb, den der Dachauer Mint Campus zusammen mit der TU München ausgeschrieben hat.

Nicht zuletzt möchte Hoffmann die vielen Polen, die bei uns leben, "sichtbar" machen. Es gehe darum, "Netzwerke zu schaffen", auch solche wirtschaftlicher Art mit polnischen Betrieben. Sich selbst sieht Hoffmann in der Rolle der Netzwerkerin, die positive Entwicklungen anstoßen will.

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